Entwicklungstheorien und postkoloniale Perspektiven Flashcards

1
Q

welche beiden Entwicklungstheorien stehen sich gegenüber?

A

Modernisierungstheorie
Dependenztheorie

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2
Q

Erkläre Modernisierungstheorie

A

-1960er/70er
-Realisierung “moderner” Lebensverhältnisse, in Regionen, wo diese noch nicht bestehen
-Walt Rostow (1960) -> Stadien ökonomischen Wachstums

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3
Q

Erkläre Stadien ökonomischen Wachstums nach Rostow

A

Stufe 1: Traditionelle Gesellschaft: Subsistenz (Fischerei, Landwirtschaft)

Stufe 2: Anlaufperiode: Spezialisierung, Bergbau, Überschüsse, Infrastruktur

Stufe 3: Take Off: Industrialisierung, hohe Investitionen, regionale Entwicklung, politischer Wandel (GB 1783, FRA/USA 1840, DEU 1875)

Stufe 4: Streben nach Reife: Diversifizierung, Innovation, sinkende Importe, Investitionen

Stufe 5: Massenkonsum: Konsumorientierung, Dienstleistungssektor dominiert

besonders wichtig zwischen Stufe 2 und 3 richtigen Entscheidungen/Investitionen zu treffen -> hier mit Entwicklungshilfe ansetzen
Entwicklungshilfe = Investitionen können beim Take Off helfen -> schnelles Wirtschaftswachstum

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4
Q

Kritik an Modernisierungstheorie

A

-Stillschweigende Vorannahmen: Kolonialismus ausgeblendet (terra nullis; Ausrottung/ Marginalisierung der Ursprungsbevölkerung)

-Unrealistische Annahmen: effektiver Staatsapparat (Entwicklungshilfe kommt nicht immer da an, wo sie hinsoll) schnellere Entwicklung durch Lernen von anderen Ländern

-Methodologischer Nationalismus (sieht auf einzelne Nationalstaaten, ohne Kontext)

-teleologische Vorstellung (Entwicklung hin zu einem Ziel = Stufe 5) simple Vorstellung von Tradition und Moderne

-Mitunter Rechtfertigung autoritärer und diktatorischer Regime

-Entstehung im Kontext des Kalten kriegs -> Entwicklungshilfe oft, um zu verhindern, dass Länder Teil des kommunistischen Blocks werden; gleichzeitig erinnert aber Stufenmodell an Marx´sche (genauer Stalinistischen) Vorstellung von Entwicklungsstadien

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5
Q

marxistische Entwicklungstheorie

A

-Einzelelemente (der randständigen) Marx’schen Entwicklungstheorie treten
bei Modernisierungstheorie, Dependenzansätzen, Weltsystemtheorie und
Postkolonialen Ansätzen auf
- Stufenschema (Sklavenhaltergesellschaft, Feudalismus, Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus)
- (sog.) ursprüngliche Akkumulation als Abgrenzung von Smiths Konzept der Akkumulation: Trennung der Bauernschaft von
Landrechten/ doppelt freie Lohnarbeiter / Kolonialsystem (Frühgeschichte
des Kapitalismus)
-Kontroversen um Rolle von Kolonialismus, Kastensystem, westlichem Fortschrittsdenken im Marxismus („asiatische Produktionsweise“)
-Rosa Luxemburg: fortgesetzte ursprüngliche Akkumulation, Kapitalismus braucht Nicht-kapitalistisches Außen -> Akkumulation durch Enteignung, findet nicht nur im beginnenden Kapitalismus statt, sondern braucht immer ein Außen

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6
Q

Dependenztheorie + Entwicklung der Unterentwicklung

A

-1970er/80er
-Weltsystemtheorie hat sich aus Dependenztheorie heraus entwickelt

zentrale Annahme: Entwicklung der Unterentwicklung
-Unterentwicklung ist nicht gleich Nicht-Entwicklung/Traditionalität -> Unterentwicklung ist ein Phänomen des 20. Jhd
-Dependenztheorie will verstehen, warum Entwicklung in Entwicklungsländern nicht funktioniert
-in dem Maß, indem sich europ. Länder entwickeln, in dem Maß unterentwickeln sich andere Länder

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7
Q

strukturelle Abhängigkeit in der Dependenztheorie

A

-strukturell ungleiche Beziehung zwischen Satellit/Peripherie und Metropole -> wird immer weiter zementiert
-wirtschaftliche und politische Abhängigkeit der einheimischen herrschenden Klassen von denen der Metropolen
-kein Eigeninteresse an Industrialisierung, sondern am Import von Luxuskonsum-gütern und am Status quo,
-ggf. auch gewaltsam verteidigen

→ Abhängiger Kapitalismus, Verschlechterung der terms of trade, ungleicher Tausch, Vertiefung der Abhängigkeit (Technologie, Devisen…)

-abhängigkeit aber auch kulturell: Vorstellung, dass im Westen das Richtige/Gute ist -> Eliten orientieren sich daran

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8
Q

sozialstrukturelle Heterogenität in der Dependeztheorie

A

-Gleichzeitigkeit von Subsistenz/
arbeitsintensiven, nicht mechanisierten Sektoren und Industrieproduktion
sowie außenorientierten Enklaven
-> Unterschied zu Modernisierungstheorie (hier traditionelle Elemente als Übergangsphämonen, sobald take off alles modern)
in der Dependenzth.: gleichzeitig modern und nicht-mechanisiert

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9
Q

Strömungen der Dependenztheorie

A

-Gemeinsamkeit: Verwerfen des modernisierungstheoretischen Stufenschemas, linearer und teleologischer Vorstellung von Entwicklung; Eigenständige Wirtschaftsstrategien statt externe Entwicklungs”hilfe” und Einmischung

2 Strömungen:
“bürgerliche”:
-importsubsituierende Industrialisierung -partielle Abkoppelung vom Weltmarkt -> sukzessives Aussetzen der Importe
-jetzige Importe selbst herstellen
-Klassenbündnis -> Zusammenarbeit der Klassen notwendig

marxistische:
-Abkoppeln vom Weltmarkt
-eigenständige Entwicklung nur durch sozialistische Revolution möglich

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10
Q

Kritik an Dependenztheorie

A

-Überbetonung exogener Faktoren, Unterbetonung endogener Faktoren
-Zu strukturalistisch und simpel?
-Übersehen ökologischer Probleme
-Abkoppelung vom Weltmarkt unrealistisch und ungenau (Weg zum Sozialismus unbestimmt)
-Vorstellung von fallenden terms of trade falsch ? -> Vorstellung von sich gesetzlich verschlechternden terms of trade - empirisch nicht immer richtig
-Simplizistische (vereinfachte) Vorstellung von
Brückenköpfen/ Satelliten

-> Theorie heute nicht mehr besonders relevant, aber waren die ersten, die Entwicklugnsvorstellungen kritisch hinterfragten

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11
Q

was bleibt von der Dependenztheorie?

A

-Originärer wissenschaftlicher Beitrag aus Lateinamerika
-Infragestellung simpler Entwicklungsvorstellungen
-Empirische Betrachtung von Entwicklungspfaden und Problemen (Abschnitt vom Holzschnitt)
-Impulse für Weltsystemtheorie
-Impulse für die aktuelle Extraktivismusdebatte
-Steinbruch interessanter Konzepte z.B. Sozialstrukturelle Heterogenität, abhängiger Kapitalismus, Marginalität/ Informalität

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12
Q

Postkoloniale Perspektiven

A

-geht um zeit nach formalen Kolonialismus, aber Überzeugung das dieser noch stark nachwirkt
-Kritik am Eurozentrismus, Dezentrieren -> aufhören europa als mittelpunkt und maßstab der welt zu betrachten
-Zurückweisung westlicher Vorstellungen von Entwicklung und Moderne; Verweis auf Verwobenheit mit Kolonialität (inkl. Rassismus,
Gewalt, Genozid)
-„Alternativen zur Entwicklung“ (Arturo Escobar) statt alternative Entwicklung; Kritik am Entwicklungsapparat, seiner westlichen
Prägung, seiner Ausrichtung auf Wirtschaftswachstum, seinen
ökologischen Folgen, seinem male bias, seinen Diskursen
-Orientierung an sozialen Bewegungen, buen vivir, Lokalen…

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13
Q

Postkoloniale Perspektive von Edward Said

A

1978: Orientalismus
- „Orient“ als europäische Erfindung; Märchenland voller exotischer
Wesen, betörender Erinnerungen und Landschaften
-Was wir über orient wissen, sagt viel mehr darüber aus, was wir projeziieren etc -> gegenbild/erfahrung zu europa -> orientalistik lebt von diesen imaginierten bildern
-Als Gegenbild, Gegenpersönlichkeit, Gegenerfahrung zu Europa
-Diskurs der Beherrschung; in Literatur und Wissenschaft (Orientalistik)

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14
Q

Postkoloniale Perspektive nach Stuart Hall

A

1994: „Der Westen und der Rest“
-Vorstellung von Entwicklung, Urbanität, Industrialisierung, Säkularisierung = konstruiert und falsch (Beispiel Faschismus) ebenso wie „Rest“ als unterentwickelt, ländlich, traditionell
-> gibt auch im Westen traditionalle Gesellschaften etc
-Institutionalisierte vorurteile -> zweiteilung der welt muss aufgebrochen werden

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15
Q

Postkoloniale Perspektive nach Shalini Randeria/Sebastian Conrad

A

2002:
-shared and divided histories
-> geteilte Geschichten im doppelten Sinn: verwobene Geschichte
-Shared: brasilien und argentienien haben beide kolonialismus miterlebt; divided: differenz, weil die einen von spaniern, die anderen von portugiesen kolonialisiert wurden, vielleicht unterschiede dabei -> verwobene geschichte

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16
Q

Postkoloniale Perspektiven nach Walter Mignolo / Anibal Quijano

A

2000: Moderne / Kolonialität
-Kolonialität als fortdauerndes Machtverhältnis: prägt Entwicklungsvorstellungen, Bildungssystem, Sozialstrukturen
- Zentralität von Sklavenhandel, Rassismus und Ausbeutung für Entwicklung „moderner“ europäischer Gesellschaften; konstitutive
Bedeutung der Hierarchisierung von Ethnien und vermeintl. Rassen
- (Kolonisierung der) Amerikas als Ursprung des
modernen/kolonialen Weltsystems „Laboratorien der Moderne“: zb in plantagenökonomie wurde erstmals arbeitsdiszipilin etc eingeführt -> dort entstehung der moderne

-2 Perspektiven was daraus folgt

Provinzialisierung Europas: Dipesh Chakrabarty:
-Bedeutung Europas soll reduziert werden

Globalisierung der Peripherie: Fernando Coronil

17
Q

Kritik an Postkolonialismus & Postdevelopment

A

-(viele) Vertreter:innen sprechen im Namen der Mehrheit der Menschen im Globalen Süden/ ihrer „Herkunftsländer“ – und haben
Professuren an US-Universitäten (Mehrheit sähe das anders)
- (z.T.) abgehoben, diskursfixiert, (nur) ideologiekritisch; (zu) starke Fixierung auf britischen bzw. iberischen Kolonialismus
-Zurückweisung westlicher Normen und europäischer Errungenschaften = Zurückweisung von Moderne und universeller
Werte, wie z.B. Menschenrechte?
-Romantisierung sozialer Bewegungen und lokaler Verhältnisse (inkl. Hierarchien und Elend)

18
Q

aktuelle Entwicklungsdiskurse

A

-1980er: Verlorene Dekade
-1980er: armut, ungleichheit sind gestiegen -> weder modernisierungs noch dependenztheorien können erklären was falsch läuft, länder sind so unterschiedlich -> rede von 3. Welt mach keinen sinn -> theorien mittlerer reichweite-> erklärung einzelphänomene
-„Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie“ (Ulrich Menzel, 1991) → Theorien mittlerer Reichweite
-Um 2000: Menschliche Entwicklung – Armutsbekämpfung – MDGs –
Nachhaltige Entwicklung – SDGs
-> heute deutlich “kleinteiligere” Ziele
-Entwicklung bezieht sich nicht mehr auf Entwicklungsländer, sondern nachhaltige Entwicklung für alle Länder notwendig

19
Q

Übersicht Unterschiede der Theorien

A

auf Folie von 11.5. Folie 19