Lektion 6 Flashcards
(37 cards)
Psychologische Schulen
Frage: Was versteht man unter „Schulen“ in der Psychologie, und welche Bedeutung haben sie?
Antwort:
• Definition: Schulen in der Psychologie sind Kollektive von Psychologen mit gemeinsamer Lehrmeinung und wissenschaftlicher Tradition.
• Bedeutung: Schulen haben in der Psychologie größere Relevanz als in anderen Wissenschaften, da sie oft durch zentrale Figuren (Great Men) geprägt sind.
• Vorteile: Gemeinsame Ideen werden erprobt, entwickelt und ggf. institutionalisiert.
• Zeitraum: Die Gründung großer Schulen fand zwischen 1880 und 1950 statt.
Die „Leipziger Schule“ (Strukturalismus)
Frage: Welche Grundannahmen und Methoden kennzeichnen die „Leipziger Schule“ (Strukturalismus)?
Antwort:
• Gründer: Wilhelm Wundt (1879).
• Grundannahmen:
• Subjektivismus: Alle Erfahrungen sind subjektiv.
• Elementarismus: Psyche und Wahrnehmung sind in Einzelteile zerlegbar.
• Sensualismus: Ursprung von Denken und Handeln ist die Reizempfindung.
• Mechanismus: Elemente verbinden sich durch mechanische Prozesse.
• Dualismus: Trennung von Leib und Seele.
• Methoden:
• Introspektion, Reaktionsmethode, Reproduktionsmethode, Experimente.
• Beitrag: Einführung der Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität.
Die funktionalistische Schule (Funktionalismus)
Frage: Welche Merkmale zeichnen den Funktionalismus aus?
Antwort:
• Gründer: William James, später John Dewey.
• Zentrale Ideen:
• Fokus auf Bewusstseinsprozesse und Lernmechanismen.
• Ziel: Verständnis der Funktion oder des Zwecks von Verhalten.
• Bewusstsein ist ein fortwährender Strom und steht in Wechselwirkung mit der Umwelt.
• Erlernte Gewohnheiten dienen der Anpassung an die Umwelt.
• Methoden: Introspektion und experimentelle Beobachtungen.
• Einflüsse: Evolutionstheorie von Darwin.
Thorndike und das „Gesetz des Effektes“
Frage: Was ist das „Gesetz des Effektes“ und wie wurde es von Thorndike entwickelt?
Antwort:
• Thorndike: Einer der ersten experimentellen Psychologen, inspiriert durch Darwin.
• Experiment:
• Hungrige Katzen wurden in Käfigen eingesperrt; ein Futternapf stand außerhalb.
• Durch planloses Handeln öffneten die Katzen die Käfigtür und lernten, gezielt den Hebel zu betätigen.
• Gesetz des Effektes (Law of Effect):
• Verhalten, das zu positiven Konsequenzen führt, wird verstärkt und häufiger wiederholt.
• Negative Konsequenzen schwächen das Verhalten.
Die Wiener Schule (Psychoanalyse)
Frage: Was sind die Grundannahmen der Psychoanalyse und wer ist ihr Begründer?
Antwort:
• Begründer: Sigmund Freud.
• Grundannahmen:
• Basierend auf der strukturellen Theorie der Persönlichkeit.
• Instanzenlehre: Persönlichkeit besteht aus „Ich“, „Es“ und „Über-Ich“.
• Zentrales Konzept: Das Unbewusste als Einflussfaktor auf Denken, Fühlen und Verhalten.
• Weiterentwicklungen:
• Aus der Tiefenpsychologie (Mutter der Psychoanalyse) entstanden:
• Individualpsychologie (Alfred Adler).
• Analytische Psychologie (C. G. Jung).
• Neoanalyse (Erich Fromm).
• Existenzanalyse (Victor Frankl).
• Gemeinsamkeit: Alle Ansätze akzeptieren das Konzept des Unbewussten.
Freud’sche Instanzenlehre
Frage: Was sind die drei Instanzen in Freuds Theorie der Persönlichkeit und ihre Merkmale?
Antwort:
1. Über-Ich (Norminstanz)
• Wert- und Normvorstellungen.
• Gebote und Verbote.
• Moralische Instanz, die die sozialen und kulturellen Normen im Individuum verankert.
2. Ich (Kontroll-/Koordinationsinstanz)
• Realitätsprinzip.
• Kritischer Verstand.
• Triebverzicht und Belohnungsaufschub.
• Bewusstes Empfinden.
• Vermittelt zwischen den Anforderungen des Über-Ichs, des Es und der Realität.
3. Es (Instanz der Triebe)
• Lustprinzip.
• Teilweise unbewusst.
• Verzicht auf Moral, Werte, Gut und Böse.
• Instanz der Triebe, Wünsche und Bedürfnisse.
• Unreflektierte, impulsive Bedürfnisse.
Was versteht Freud unter dem Unbewussten und wie beeinflusst es die Persönlichkeit?
Antwort:
• Das Unbewusste umfasst psychische Prozesse, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind.
• Es ist angeboren und bestimmt den Kern der Persönlichkeit.
• Der Mensch ist ein funktionales System mit drei Instanzen (Es, Ich, Über-Ich), die im Idealfall im Gleichgewicht stehen.
• Bei einem Ungleichgewicht entstehen innere Konflikte, die durch Therapie bearbeitet werden müssen.
Welche Rolle spielt das „Es“, „Ich“ und „Über-Ich“ in Freuds Instanzenlehre?
Antwort:
• Es: Instanz der angeborenen Triebe und Wünsche, agiert auf der Ebene von Lust und Unlust.
• Über-Ich: Instanz der gesellschaftlichen und pädagogischen Moralvorstellungen.
• Ich: Vermittelt zwischen Moral (Über-Ich) und Lust (Es), versucht, beide in Einklang zu bringen.
Mit welchen Methoden arbeitet die Tiefenpsychologie und wie werden unbewusste Erlebnisse behandelt?
Antwort:
• Hypnose, freie Assoziation, Traumdeutung.
• Kathartische Methode: Bewusstmachung unbewusster Erlebnisse zur emotionalen Verarbeitung.
Welche Kritik wird an Freuds Theorien in der Wissenschaft geübt?
Antwort:
• Freuds Konzepte sind schwer überprüfbar und belegbar, weshalb sie oft als pseudowissenschaftlich betrachtet werden.
Wie unterscheiden sich die Schwerpunkte der Psychoanalyse, Individualpsychologie und Existenzanalyse?
Antwort:
• Psychoanalyse: Fokus auf den Willen zur Lust.
• Individualpsychologie: Fokus auf den Willen zur Macht (nach Alfred Adler).
• Existenzanalyse: Fokus auf den Willen zum Sinn (nach Viktor Frankl).
Behavioristische Schule (Behaviorismus)
Frage: Was sind die Grundprinzipien des Behaviorismus?
Antwort:
• Der Behaviorismus lehnt Introspektion und nicht beobachtbare Prozesse ab.
• Er konzentriert sich auf das beobachtbare Verhalten und verwendet naturwissenschaftliche Methoden.
• Klassische und operante Konditionierung sind zentrale Ergebnisse des Behaviorismus.
Wie lautet das psychologische Grundmodell des Behaviorismus?
Antwort:
• Reize/Stimuli treffen auf den Organismus.
• Innerhalb des Organismus findet eine Verarbeitung statt (Black Box), die nicht direkt zugänglich ist.
• Beobachtbar ist die Reaktion des Organismus, die als Verhalten auf den Reiz erfolgt.
• Die Beziehung zwischen Reiz und Reaktion bildet die Grundlage der psychologischen Theorie.
Wer gilt als Begründer der behavioristischen Schule und was war seine zentrale Idee?
Antwort:
• John B. Watson gilt als Begründer des Behaviorismus.
• Er betonte, dass die Psychologie objektiv sein sollte und sich auf das beobachtbare Verhalten beschränken muss.
Was war das Ziel des „Little-Albert-Experiments“ von Watson?
Antwort:
• Hypothese: Können Angstreaktionen durch klassische Konditionierung erlernt und generalisiert werden?
• Ergebnis: Albert entwickelte eine Angstreaktion gegenüber der weißen Ratte und auch gegenüber rattenähnlichen Stimuli.
• Schlussfolgerung: Angstreaktionen können erlernt und auf ähnliche Reize generalisiert werden.
Was ist die Bedeutung der Black Box im Behaviorismus?
Antwort:
• Die Black Box bezeichnet den inneren psychischen Prozess, der zwischen Reiz und Reaktion stattfindet.
• Dieser Prozess ist nicht beobachtbar und bleibt daher im behavioristischen Modell unberücksichtigt
Was führte zur Entwicklung des Neobehaviorismus?
Antwort:
• Der ursprüngliche Behaviorismus wurde in den 1920er Jahren als zu einfach kritisiert.
• Diese Kritik führte zur Entwicklung des Neobehaviorismus, insbesondere durch Clark Hull.
• Hull integrierte auch nicht beobachtbare Konstrukte wie den menschlichen Trieb und entwickelte eine systemische Verhaltenstheorie.
Welche Hauptvertreter gehören zur behavioristischen Schule?
Antwort:
• John B. Watson
• Burrhus F. Skinner
• C. L. Hull
• E. C. Tolman
Die Berliner Schule (Gestaltpsychologie)
Frage: Was ist das zentrale Konzept der Gestaltpsychologie?
Antwort:
• Die Gestaltpsychologie besagt, dass der Mensch nicht nur in der Lage ist, einzelne Informationen zu verarbeiten, sondern diese zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen.
• Max Wertheimer, Kurt Koffka, und Wolfgang Köhler gründeten die Berliner Schule, die diese Theorie entwickelte.
Wie lautet der bekannte Merksatz der Gestaltpsychologie?
Antwort:
• „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ (Köhler 2015).
• Dieser Satz fasst die zentrale Idee der Gestaltpsychologie zusammen: Wahrnehmung und kognitive Prozesse sind nicht nur die Summe einzelner Elemente, sondern sie entstehen durch das Zusammenspiel dieser Elemente.
Welche Methode verwenden Gestaltpsychologen in ihrer Forschung?
Antwort:
• Die Phänomenologie: Gestaltpsychologen verwenden subjektive Wahrnehmungen und Urteile als Forschungsdaten.
• Diese Methodik ist qualitativ, da sie auf den persönlichen Erlebnissen der Versuchspersonen basiert.
Was unterscheidet eine optische Täuschung von den Prinzipien der Gestaltwahrnehmung?
Antwort:
• Optische Täuschungen sind Fehlinterpretationen der visuellen Wahrnehmung und entstehen durch Lücken im visuellen Grenzbereich. Sie sind evolutionsbiologisch sinnvoll.
• Gestaltgesetze hingegen sind stabile Prinzipien der Wahrnehmung, die durch Aufklärung verstärkt werden können
Was sind die Gestaltgesetze und nenne einige Beispiele?
Antwort:
• Die Gestaltgesetze beschreiben, wie wir visuelle Reize in ein sinnvolles Ganzes organisieren.
• Beispiele:
• Gesetz der Nähe: Elemente, die nahe beieinander liegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen.
• Gesetz der Prägnanz: Wir nehmen die einfachste und stabilste Form wahr.
• Gesetz der Ähnlichkeit: Ähnliche Elemente werden als zusammengehörig wahrgenommen.
• Gesetz der Symmetrie: Symmetrische Objekte werden als zusammengehörig wahrgenommen.
Wie lässt sich das Gesetz der Figur-Grund-Trennung erklären?
Antwort:
• Das Gesetz der Figur-Grund-Trennung besagt, dass wir visuelle Reize in eine Figur und einen Hintergrund unterteilen.
• Die Figur wird als das Objekt der Wahrnehmung betrachtet, der Hintergrund wird sekundär.