LV2 Flashcards
(14 cards)
Erziehungsbegriff
Brezinka 1990
- soziale Handlungen
- psychische Dispositionen verbessern/ erhalten/ verhüten
-> Als Erziehung werden Handlungen bezeichnet, durch die Menschen versuchen, die
Persönlichkeit anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht zu fördern
Gudjons 2003
-Erziehung ist intentional, sie sucht Ziele, Normen und Werte zu verwirklichen
Intentionale Erziehung
Absichtsvolle pädagogische Maßnahme; Ziele, Erziehungsmittel, Methoden und ähnliches sind vorhanden
Funktionale Erziehung
gesellschaftliche Faktoren die “unabsichtlich“ Einfluss auf Erziehung nehmen
-> Begriff der funktionalen Erziehung als zu weitläufig und allgemein; für ein
professionelles Verständnis kaum geeignet; besser wäre z.B. „Sozialisation“
Erziehung als Hilfe
■ Ausgangspunkt bei der „Individuallage“ (Pestalozzi) des Menschen
=> Hilflosigkeit, Bedürftigkeit, Krise des Kindes:
→ Hinhören auf die Probleme der Kinder
→ Genaues Beobachten
→ Negativsituation als Ausgangspunkt für ihre Überwindung (positive Anthropologie)
Erziehung als Anpassung
■ Anpassung an als gegebene betrachtete, von der Erziehung nicht zu hinterfragende Werte und Normen
■ Anpassung durch Lernen
■ Anpassung als Erwerb von gesellschaftlichen Rollen und Einlösen von Erwartungen
■ Menschenbild: Mensch „funktioniert“ aufgrund äußerer Reize, sein Verhalten ist modellierbar durch geeignete Verstärker
■ Mensch ist Rad im gesellschaftlichen Getriebe
Erziehung als „tabula rasa“
■ Der Mensch als „tabula rasa“
■ bei Geburt wie ein leeres Blatt → wird durch Erziehung „beschrieben“
■ Allmacht von Erziehung sowohl zum Bösen als zum Guten
■ Der zu Erziehende selbst ist ein ‚Nichts‘
Pädagogischer Pessimismus
■ Der Mensch ist durch Erziehung nur begrenzt zu beeinflussen
■ Wenn es tatsächlich zur Verhaltensänderung kommt, ist unklar, ob diese auf die Erziehung zurückzuführen ist, oder:
→ ob ein anderer (Gott) durch den Erzieher wirkt
→ trotz der Erziehung das eigentliche Wesen des Menschen zum Durchbruch kam
■ Erziehung als „das Schlimmste zu verhindern“
Anthropologie
gut
-> Erziehung kann ihn leicht verderben; raus aus der verderbten Gesellschaft; wachsen lassen
-> wenn das ‚Produkt‘ misslingt, dann ist Erzieher:in bzw. Gesellschaft ‚schuld‘
böse
-> Erziehung ist notwendig zur Zivilisierung → notfalls auch gegen Widerstand und mit Gewalt
-> wenn das ‚Produkt‘ misslingt, dann ist das Kind ‚ungeeignet‘
tabula rasa
-> Erziehung kann ihn gut/schlecht machen; Kind ist egal
-> wenn das ‚Produkt‘ misslingt, dann hat Erzieher:In ‚versagt‘
Bilder von Erziehung: Bilder/Metaphern zur Beschreibung
■ Anhand von Bildern/Metaphern wird versucht Erziehung zu beschreiben
■ Diese Bildern…
– …werden von den Erwachsenen formuliert
– …sind Versuche das Alltagsphänomen Erziehung zu fassen und sprachlich zu fassen
– …beschreiben des Verhältnis von älterer und jüngerer Generation (Eltern-Kinder, Lehrer-Schüler)
– …geben Aufschluss über Kriterien, Zielvorstellungen, Werte und Begründungen von Erziehung
– Unterliegen historischen und gesellschaftlichen Wandel
Bild 1: Erziehen als Ziehen
■ Erzieherin als: Gärtnerin
■ Insbesondere 19. Jahrhundert
■ Kind als: „Pflanze“ oder „Bäumchen“
■ Pflanze muss „gestutzt“, „gegossen“, „beschnitten“, „gepfropft“ werden um zu wachsen
■ Alltagsweltlich tief verankertes Bild; Heutiger Sprachgebrauch: z.B. „großziehen“, „aufziehen“
■ Historische Wurzeln von Platon bis Kant
■ Befreiung von Zwängen und Eingebunden-seins, von „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Kant)
■ „Befreiung“ für Erkenntnis und Wahrheit
■ Jeder Mensch kann (mit Unterstützung) zu Mündigkeit und Wissen kommen
■ Bei Platon wertrationale Orientierung; in der pädagogischen Alltagsumsetzung häufig zweckrationale Orientierung
Bild 2: Erziehen als Führen
■ Unterstellt soziale Beziehung von mind. zwei Menschen
■ Basiert auf gesellschaftlich formulierter Legitimation
■ Führungsperson handelt einem Auftrag entsprechend
■ Zu Erziehende werden auf eine real gestufte und arbeitsteilige Gesellschaft vorbereitet (Treppe)
Bild 3: Erziehen als Zucht
■ Wurzel im 17./18. Jahrhundert
■ Zucht als „eigentliche“ Erziehung, wirkt auf den sittlichen Kern des Subjektes zurück
■ „Zucht“ und „Regierung“ (Vorstufe der „Zucht“) als Grundlage für „Unterricht“ (Herbart)
■ Erzieher als Diener Gottes und des Staates
■ Negative Anthropologie – pessimistisches Menschenbild
■ Darstellungen z.B. von und über Jugend als negativ und defizitär
■ „[…] wenn der Knabe ins Jünglingsalter tritt, so hat er auch dann, weil sich dieses Alter ebenso leicht dem Bösen zuneigt, den Zügel der Zucht nötig“ (Vincent von Beauvais, 1250)
■ „Die Jugend ist verdorben und will man ihnen jede Frechheit erlauben, so beißen sie und bäumen sich auf wie wilde Rosse. Es geht darum, sie kurz zu halten und ihre Narrheiten zurückzudrängen.“ (Calvin)
■ Gesellschaftliche Verankerung
■ Zucht und (später auch) Ordnung prägten lange Gesellschaft- und Gesetzgebung:
– Ca. Ende 19.Jh.-1924: „Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt“ als restriktiv und eingriffsorientiert
– Gleichschaltung und Kontrolle über die Lebensphase „Kindheit“ und “Jugend“ im Nationalsozialismus
– Gesellschaftlicher Wandel mündet (erst) 1990 im Kinder- und Jugendhilfegesetz
Bild 4: Erziehen als „Wachsen lassen“
■ Grundgedanke in/durch Reformpädagogik
■ Kritik an gängigen Erziehungsbildern
■ Jean- Jaques Rousseau: „Èmilie oder über die Erziehung“ (1762)
■ Positives Menschenbild:
– Mensch ist von Geburt an gut,
– wird aber durch gesellschaftliche Verhältnisse zum „schlechten“ erzogen
■ Gegenpositionen zum Bild des „Wachsen lassen“:
– Mensch von „Natur“ aus Träge, unwissend, gierig, gewaltsam (Pestalozzi, Lienhard, Getrud)
– „Dort wo man einfach wachsen lässt, gedeiht in der Regel nur Unkraut“ (Anton Semjonowitsch Makarenko)
Bilder von Erziehung: Zusammenfassung
■ Alle Bilder lassen sich in zwei Grundverständnisse zusammenfassen:
– „Bildhauer/Handwerker“ (Erziehung als herstellendes Handeln.
Erzieherin agiert mit Zweck/Ziel und gezielten Methoden:
Technizismus)
– „Gärtner/Bauer“ (gießen und wachsen lassen; Erzieherin unterstützt
den natürlichen Prozess: Naturalismus)
■ Beide Bilder als Paradigmen der Erziehungswissenschaft