Vorlesung 7 - Konflikt Flashcards
(11 cards)
Was ist ein Konflikt?
Konflikt:
das Zusammentreffen gegensätzlicher Positionen, der Widerstreit von Motiven, Wünschen
äußere Konflikte sind i.d.R. bewusst und einer Verarbeitung und Lösung zugänglich
“normaler und antinomischer Konflikt”:
- Zusammentreffen unterschiedlicher bewusster Wünsche, Vorstellungen und Werte innerhalb einer Person
- z.B. Wunsch, gut zu essen, versus schlank bleiben
psychodynamischer Konflikt entscheidend für psychodynamisches Verständnis
Welche Konflikte sind in der OPD charakterisiert?
Abhängigkeit vs. Individuation
Unterwerfung vs. Kontrolle
Versorgung vs. Autarkie
Selbstwertkonflikt
Schuldkonflikt
ödipaler Konflikt
Identitätskonflikt
Was sind die zentralen Charakteristika der Konfliktthemen?
Repetitiv-(dys-)funktionale motivationale Muster:
- Kern des Motivsystems (was bewegt diesen Menschen im Inneren?)
- Skizzierung der prototypischen (aktiven und passiven) Bewältigungsmodi
Kern- und Leitaffekte:
1. Kernaffekte
- abgewehrte Affektzustände, sind meist unbewusst und früh entstanden
- Bewältigungsmodi dienen dazu, Kernaffekte vom Erleben fernzuhalten
2. Leitaffekte
- typische bzw. häufig anzutreffende bewusst erlebte Gefühle
- meist das Ergebnis von Abwehrprozessen, indem sie u.U. dazu beitragen, Kernaffekte in Schach zu halten
Auslösende Situation:
- in einer Versuchung-/Versagenssituation wird Konfliktthema aktualisiert und/oder verstärkt
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
- Konflikte und dazugehörige motivatonalen Bündel und ihre Affekte verdeutlichen sich in dem Untersuchungssituation in Übertragung und Gegenübertragung
Was ist der Konflikt “Abhängigkeit vs. Individuation”?
zentrale Motive:
- Streben nach Affiliation (interpersoneller Annäherung)
- emotionale Sicherheit und Halt gebende Beziehung (Bindung)
- verbunden mit Wunsch sich auch ohne diese als eigenständige und sichere Person zu erleben (Individuation und Verselbstständigung)
gelungene/misslungene Entwicklung:
- sich binden können und alleine sein können
- Ängste vor Trennung oder Ängste vor zu großer Nähe/Verschmelzung
Bewältigungsmodus:
1. aktiver Modus
- forcierte emotionale Distanzierung, Pseudounabhängigkeit als Schutz vor befürchteter “Verschmelzung”
- Kampf um Eigenständigkeit und Unabhängigkeit (allein sein müssen)
2. passiver Modus
- forciertes Anklammern, herstellen enger und Sicherheit gewährender Beziehungen um fast jeden Preis
- Selbstwahrnehmung von Unsicherheit und Bedrohung (zusammen sein müssen)
Kern- und Leitaffekte:
- Kernaffekt: existenzielle, subjektiv nicht erträgliche Angst vor Trennung bzw. Verschmelzung
- Leitaffekt: starke Angst (passiver Modus), starke Aversion (aktiver Modus)
Auslösesituation:
- aktiver Modus: ungewollte emotionale Nähe
- passiver Modus: realer oder befürchteter Verlust des Partners
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
1. aktiver Modus
- Übertragung: Tendenz, sich nicht auf Behandlung einzulassen, keine Gefühle erleben, nicht präsent sein
- Gegenübertragung: kaum Verantwortungsgefühl, wenig Bedürfnis der Fürsorge und des Schutzes
Was ist der Konflikt “Unterwerfung vs. Kontrolle”?
zentrales Motiv:
- Mindestmaß an Kontrolle und Sicherheit über sich selbst und wichtigste Belange der Umwelt
gelungene/misslungene Entwicklung:
- sicher verankertes Selbstwirksamkeitserleben, Kontrolle ausüben und abgeben können, ohne dies als Unterwerfung zu erleben
- defizitäre Selbstwirksamkeitserfahrungen, Hilflosigkeit in Beziehungen, kreise um Dynamik, wer Kontrolle hat bzw. wie Hilflosigkeit vermieden werden kann
Bewältigungsmodus:
1. aktiver Modus
- aggressives Dominanzstreben, Versuch keine Kontrolle abzugeben
- Macht- und Dominanzstreben dient der Abwehr der Angst, bestimmt zu werden
- Kritik, abweichende Vorschläge oder Eigenständigkeit anderer als Bedrohung
- es kommt schnell zu “Machtkämpfen”
2. passiver Modus
- passiv-aggressive Unterwerfung
- Selbstwahrnehmung von Einflusslosigkeit, “Bestimmtwerden” muss ertragen werden
- Hilflosigkeit und Ohnmacht wird mit passiv-aggressivem Verhalten oder Pochen auf unumstößliche Regeln begegnet
- Verharren in untergeordneter Position als Schutz gegen Durchbrechen angestauter Aggressionen
Kern- und Leitaffekte:
- Kernaffekt: subjektiv nicht erträgliche Hilflosigkeit
- Leitaffekt: Ärger, Trotz und Angst vor Unterwerfung bzw. Hingabe, Machtlust (aktiver Modus), Unterwerfungslust (passiver Modus)
Auslösesituation:
- fantasierte oder erlebte Erfahrungen von Hilflosigkeit durch einen mächtigen anderen rufen aktiven Impuls hervor, eigene Selbstwirksamkeit “mit allen Mitteln” zu verteidigen
- aktiver Modus: Angst vor Unterordnung bis zur Versklavung
- passiver Modus: wenn sich andere nicht an hochbesetzte Regeln halten oder wenn sie selbst in mächtige Position geraten
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
- Tendenz in Gegenübertragung, Regelungen des Therapiesettings bestimmen zu wollen oder Affekte nur kontrolliert in Therapie einbringen können
- wird dahinterliegende Übertragung nicht verstanden: sekundärer Ärger und Ablehnung
Unterwürfiges Übertragungsangebot:
- überangepasstes Verhalten, keine wirklich entspannte Beziehung, weil Pat. wartet, zu beweisen, dass er Recht hat oder versucht die Rollen umzukehren
- passive, zu fügsame Beziehungsgestaltung von Pat. kann therapeutische Arbeit zum Erliegen bringen
Was ist der Konflikt “Versorgung vs. Autarkie”?
zentrales Motiv:
- Bedürfnis nach emotionaler Versorgung und Geborgenheit
gelungene/misslungene Entwicklung:
- Geben und Nehmen haben innere Selbstverständlichkeit und Ausgewogenheit, ohne Befürchtung zu wenig zu bekommen oder zu viel zu verlangen/nicht genug zu geben, kann von anderen versorgt werden und andere versorgen
- unausgewogenes-drängendes Bedürfnis nach Versorgung und emotionaler Geborgenheit in Verbindung mit Mangelerleben, schier unstillbare Bedürftigkeit oder übermäßiges Geben, Aufopferung bis hin zur Selbstausbeutung ohne Rücksicht auf andere Bedürfnisse
Bewältigungsmodus:
1. aktiver Modus
- Versuch, inneres Mangelerleben durch “Pseudoautarkie” zu kompensieren/abzuwehren
- imponiert als übermäßige Bescheidenheit, Anspruchslosigkeit, “ich brauche nichts für mich”
- selbstgenügsame Fürsorge um andere erlaubt Erfüllung der eigenen Bedürftigkeit (altruistische Abtretung)
2. passiver Modus
- Versuch, inneres Mangelerleben durch übermäßig enge Bindung an versorgende und emotionale Geborgenheit gebende Person zu kompensieren/abzuwehren
- Menschen erscheinen abhängig, anklammern oder fordernd
Kern- und Leitsaffekte:
- Kernaffekt: subjektiv nicht erträgliches Mangelgefühl, Angst, nicht genug Versorgung und Geborgenheit zu bekommen
- Leitaffekt: Enttäuschung, Trauer oder Depression
- passiver Modus: Schuldgefühle wegen eigener Bedürftigkeit
- aktiver Modus: vordergründiger Stolz auf Belastbarkeit, aufopfernde Sorge, Nichtangewiesenheit, hintergründige Enttäuschung und Neid, Gekränktheit, andere werden als undankbar erlebt
Auslösesituation:
1. aktiver Modus
- wenn forcierte pseudoautarke Strategien zusammenbrechen und abgewehrte emotionale Versorgungswünsche durchbrechen
- Selbstüberforderung oder Krankheit
- wenn keine Objekte mehr versorgt werden können
2. passiver Modus
- wenn Strategien zur Sicherung der Versorgung scheitern und keine Aussicht auf zeitnahe Befriedigung der Bedürftigkeit erkennbar ist
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
1. aktiver Modus
- werden in GÜ als leistungsstark, aufopfernd, belastbar erlebt, kaum oder keine Hilfsimpulse
- gleichzeitig untergründige Sehnsucht nach Versorgung und Enttäuschung über mangelnde Unterstützung spürbar
- Gegenüber reagiert undankbar-verärgert (genervt sein) auf aufgedrängte Überversorgung –> Rückzugstendenzen
Was ist der “Selbstwertkonflikt”?
zentrales Motiv:
- Wunsch nach Anerkennung und Wertschätzung
- erlebter Selbstwert spiegelt Distanz zwischen eigenem Ideal und Istzustand des Selbst wider
Bewältigungsmodus:
- Beziehungen werden dysfunktional zur Regulierung der Selbstwertfrage gestaltet
- aktiver Modus: andere werden entwertet und man selbst überhöht, Suche nach Menschen, die einen bewundern
- passiver Modus: andere werden überhöht und selbst abgewertet
Kern- und Leitaffekte:
- Kernaffekt: subjektiv nicht erträgliche Minderwertigkeit, intensive Scham/Beschämung
- Leitaffekt: Angst vor Beschämung, Grandiosität und narzisstische Wut, wenn Selbstwert infrage gestellt wird oder Minderwertigkeitsgefühle/Scham beim Vergleich mit anderen
Auslösesituation:
- fantasierte oder erlebte Situationen des Scheiterns oder Versagens mit Kränkung der Selbstwertes
- Versuchungssituationen, in denen fantasierte Erfolg und Scheitern nah beieinanderleigen
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
1. passiver Modus
- idealisierte Bewunderung (Übertragung), spürbare Peinlichkeit (Fremdscham), Gefühle der Unterstützen-wollens oder des herabsetzens (GÜ)
2. aktiver Modus:
- Untersucher wird in Kompetenz infrage gestellt bis zu offener Abwertung (Übertragung), Kränkungsgefühle, Scham und Rechtfertigungsimpulse aufgrund der Abwertung, gefolgt von Ärger bis zur Entwertung des Gegenübers (GÜ)
Was ist der Schuldkonflikt?
prosoziales Gewissen vs. selbstbezogene Motive:
- soziale Kooperation und soziale Verantwortlichkeit vs. selbstbezogenes Eigeninteresse bis zu extremen Egoismus
- Schuldgefühle und moralistische Aggression in der sozialen Kultur, wenn soziale Regeln nicht eingehalten werden
- selbstbezogene Handlungsweisen, die uneingeschränkt eigenem Vorteil dienen, i.d.R. mit Schuldgefühlen verbunden
gelungene/misslungene Entwicklung:
- prosoziale und egoistische Motive in Gleichgewicht mit internalisierten Werten und Vorstellungen (Über-Ich)
- auf einer Seite übermäßig prosoziales Gewissen und Tendenzen mit Schuldgefühlen oder übermäßiges Eigeninteresse und aggressiver Egoismus ohne Schuldgefühle
Bewältigungsmodus:
1. aktiver Modus
- Schuldgefühle werden abgewehrt, also verleugnet oder projiziert auf andere
2. passiver Modus
- Schuld durch selbsterzeugende oder oft angenommen Strafe und Schuld ausgeglichen
- Mensch neigt zu Selbstvorwürfen
- untergründig spürbare egoistische Tendenzen werden abgewehrt, Reaktionsbildung zu Hypersozialität
- moralistische Aggression dem Erleben zugänglich, ggü. Menschen, die nicht gleiche Gesetze und Regeln teilen, Ausleben löst aber Schuldgefühle aus
Kern- und Leitaffekte:
- Kernaffekt: subjektiv nicht zu ertragende und abgewehrte Schuld (aktiver Modus), egoistische Aggression oder aggressive Anklage (passiver Modus)
- Leitaffekt
passiver Modus: (Selbst-)Beschuldigung, Strafängste, Traurigkeit, Bestrafungsangst wird unbewusst durch nicht erlaubte egoistische Impulse genährt
aktiver Modus: Schuldprojektion, Ärger (bei Beschuldigung) und egoistische Gier
Auslösesituation:
Situationen, in denen jeweils abgewehrte Seite ins Erleben drängt und bisherige Abwehr scheitert
- passiver Modus: wenn aggressiv-egoistische Tendenzen nicht mehr unterdrückt werden können und in Folge die eigene vermeintliche Schuld stark ansteigt
- aktiver Modus: wenn egoistische Tendenzen scheitern, sodass ausbeuterisches Verhalten verstärkt wird oder wenn es zum “Durchsickern” der bisher abgewehrten Schuld kommt
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
1. aktiver Modus:
- Verantwortung (Schuld) wird schnell auf die anderen übertragen, aggressiv-zynische Abwehr und Rechtfertigung überwiegen
- in GÜ Impuls, solche Menschen schnell zu verurteilen und zu konfrontieren, Böses zu wünschen (Strafe)
2. passiver Modus:
- in Übertragung wird prosoziale, selbstbeschuldigende Beziehung deutlich, wobei untergründig egoistisch Schuldabwehrendes vorhanden sein kann
- in GÜ Mitleid, Übervorsicht und Bemühen, um Selbstbeschuldigung entgegenzuarbeiten, teilweise vermischt mit aggressiven Impulsen
Wie charakterisiert Freud den Ödipuskonflikt?
zentrale Motive:
- Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung als Mann oder Frau
- Erleben von körperlich-sinnlichem Genuss und sexueller Lust
- Wunsch als erotisch attraktiv erlebt zu werden, Kontakt zu anderen erotisch-zärtlich gestalten wollen
ödipale Positionen:
- Mädchen: positiver Ödipus - Begehren des Vaters, negativer Ödipus - Begehren der Mutter
- Junge positiver Ödipus - Begehren der Mutter, negativer Ödipus - Begehren des Vaters
Lösung des Ödipuskomplexes besteht im Verzicht auf Begehren der Elternperson, Verlagerung des Begehrens auf außerfamiliäre Welt
Was ist der Ödipuskomplex?
gelungene Entwicklung:
- Fähigkeit zur Triangulierend, Klarheit über Generationsgrenzen, Sicherheit bzgl. des Mann- oder Frauseins und dazugehöriger sexueller Attraktivität
- ungezwungener, genussvoller Umgang mit Erotik und Sexualität
- Aufmerksamkeit wird weder gesucht noch vermieden
misslungene Entwicklung:
- fundamentale Verunsicherung in Bezug auf eigene Attraktivität, als “vollwertige(r)” Frau/Mann, ebenso in Bezug auf Kompetenzen
- triangulläre Beziehungen sind konflikthaft: gleichwertige Beziehung zu 2 Objekten mit Akzeptanz und Anerkennung der Beziehung der anderen untereinander ist nicht möglich
- Reaktivierung der kindlichen Unreife-, Ausgeschlossenseins- und Inkompetenzerfahrungen
- wird als massive Konkurrenzsituation erlebt
Bewältigungsmodus:
1. aktiver Modus:
- ständiges Bemühen um Aufmerksamkeit, dramatisch-theatralische Emotionalität, forcierte Erotisierung und Rivalität
- dienen Kompensation der inneren Zweifel und mit ungelöster ödipaler Konstellation verknüpfte Affekte (Ausgeschlossensein, Scham)
- Versuch durch körperliche Erscheinung und unangemessenes erotisierendes/provokatives Verhalten im Mittelpunkt zu stehen
- Partnerwahl meist an Primärobjekten orientiert, Partner oft als unzulänglich erlebt
2. passiver Modus
- weitgehende bis völlige Abwehr der gesamten Motivthematik
- dominante Züge von Harmlosigkeit, Kindlichkeit, Naivität
- Selbsterleben geprägt durch Resignation oder Nichtwissen um rivalisierend-anerkennende und sexuelle Thematik
- emotionale dominiert Schüchternheit, (Scham-)Angst bis zu “Kastrationsangst”
- Interesse an Sexualität äußert sich höchstens untergründig in Fehlhandlungen oder GÜ
- Partnerwahl oft orientiert an primärer Bezugsperson, ältere Partner
Kern- und Leitaffekte:
- Kernaffekt: zentriert um subjektiv nicht erträgliche Gefühle des Ausgeschlossenen, der beschämenden Unreife
- ausgeprägter Leitaffekt im eigentliche Sinne fehlt bei beiden Modi
Auslösende Situationen:
1. aktiver Modus:
- fantasierte oder erlebte Situationen der Zurückweisung oder des Ausgeschlossenwerdens
- Verlust der körperlichen Attraktivität
2. passiver Modus:
- Versuchungssituationen durch sexuelles Interesse potenzieller Partner
- Notwendigkeit der Rivalisieren/Werbung bei eigenem Beziehungswunsch und dessen Scheitern
Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik:
1. aktiver Modus
- verführerisches Sich-in-Szene-Setzen, was beim Gegenüber oft Faszination und (erotische) Anziehung erzeugt, oft gepaart mit Irritation oder Genervheit
2. passiver Modus:
- meist auch in klinischer Situation eine Unbedarftheit bezüglich sexueller Thematiken, erotisierte Übertragung wird abgewehrt
- beim Gegenüber kann das Langeweile und Desinteresse auslösen, Fantasien zur “Befreiung aus dem Dornröschenschlaf”