2.2 Entwicklung der Psychosexualität Flashcards

(21 cards)

1
Q

Welche Stufen psychosexueller Entwicklung gibt es?

A

Orale Phase (1. LJ)

Anale Phase (2-3. LJ)

Phallische Phase (3-5. LJ)

Latenz (5. bis 11./12. LJ)

Genitalprimat & Adoleszenz

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2
Q

Was passiert in der Oralen Phase?

A

1.
~ Saugen & Stillen im Zentrum des Lustempfindens & der “Begegnung” von Mutter und Kind
~ Beziehungsmodus der Einverleibung (Introjetion/Identifikation)
~ “kannibalistische Phase”
~ Konflikt zwischen Einverleibungswünschen und Destruktionsängsten
~ Oralität Ausdruck von vitaler Funktion der Bemächtigung (Exploration & Neugierde)

2,
~ Primärer Narzissmus (vs. sekundärer Narzissmus, narzisstische Persönlichkeitsstörung)
~ Zusammenhang zwischen oralem Autoerotismus und beginnender Autonomieentwicklung (“halluzinatorische Wunscherfüllung”)

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3
Q

Was passiert in der Analen Phase?

A

~ Pflege- & Reinigungshandlungen: viel Zeit & Raum in Eltern-Kind-Beziehung

~ erste Erfahrung und Einübung von Kontrolle (Differenz Aktivität & Passivität)

~ Sauberkeitserziehung (Forderungen VS Selbstbestimmung)

~ Macht des Nein bzw. eigenen Willens (Trotzphase)

~ Fäzes als erster Besitz (Zusammenhang zwischen Kot & Geld -> Zwangsstörung)

~ Analsadismus (Fäkalsprache, Fluchen mit Analbezug)

~ ambivalente Gefühle -> psychische Konflikte -> große Herausforderung für infantiles Ich

~ Zusammenhang Scham, Angst & Analität

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4
Q

Was passiert in der Phallischen/Infantil-genitalen Phase?

A

infantile Theorien zum anatomischen Geschlechtsunterschied:
Kinder würden zunächst nur ein Genital (männlich) kennen und das weibliche folglich als kastriertes/beschädigtes interpretieren (KRITIK defizitorientierte Definition des weiblichen!)
Intensivierung des “Penisneid” beim Mädchen & der Kastrationsangst beim Jungen (“Die Geschichte vom Daumenlutscher”)

Ödipuskomplex, als zentraler Aspekt der phallischen Phase und als Organisator der weiteren Entwicklung

~ erstmals Wahl eines Liebesobjekts
~ Abhängigkeit & Exklusivitätswünsche
~ Rivalität zum gleichgeschlechtlichen Elternteil
~ Ohnmacht, Konflikt & Ambivalenz
~ idealtypischer "Untergang" des Ödipus
~ Bildung des Über-Ichs/Gewissens
~ Geschlechtsidentität & Ödipus
~ Ödipus in der "vaterlosen" Gesellschaft (Der "Nicht-Nicht-Mann" & die "doppelte Verneinung")
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5
Q

In welche 2 Formen kann der Ödipuskomplex unterschieden werden?

A

positiver Ödipuskomplex
= libidinöse Wünsche -> gegengeschlechtlichen Elternteil

negativer Ödipuskomplex
= libidinöse Wünsche -> gleichgeschlechtlichen Elternteil

-> Begriffe sind nicht wertend zu verstehen!

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6
Q

Was passiert in der Latenz Phase?

A

~ nach außen hin relativ beruhigte Phase

~ Sexualtrieb weitgehend verdrängt bzw. Sublimierung für geistige/kreative Beschäftigungen (Schule)

~ Ausbau sozialer Bezüge (gleichgeschlechtliche Altersgenossen)

~ kulturelle Werte -> Über-Ich-Stabilisierung (in der Latenz sehr streng und rigide)

~ hinter ruhiger Fassade oft massive (phobische) Ängste (Kontrollverlust bzw Triebdurchbruch)

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7
Q

Wie kann Jugend, Pubertät und Adoleszenz unterschieden werden?

A

Jugend = soziologischer Begriff für Lebensphase zwischen Kindheit & Beginn des Erwachsenenlebens

Pubertät = “Werk der Natur”: biologische Ebene der hormonellen & körperlichen Veränderungen

VS

Adoleszenz = “Werk des Menschen”: psycho-soziale Integration der biologischen Veränderungsprozesse

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8
Q

Erkläre die Präadoleszenz

A

ca 10./11. LJ

~ Beginn hormoneller & körperlicher Veränderungen -> Triebdruck & beginnende Destabilisierung der Abwehr
~ Zunahme Triebregungen (noch nicht genital) & Aggressionen
~ signifikante Unterschiede zwischen Mädchen & Jungen hinsichtlich Versuche sich an die Veränderungen anzupassen

Zentrale Entwicklungsaufgabe = Verarbeitung der tiefgreifenden körperlichen Wandlungsprozesse (intensivierte sexuelle Empfindungsfähigkeit & veränderndes Körperbild)
-> Neuauflage der ödipalen Problematik & Wiederbelebung der ödipalen Wünsche (bedrohlich, weil physisch realisierbar) -> unbewusste Angst -> phasentypische Abwehr (Regression)

Unterschiede zwischen Jungen & Mädchen im Bezug auf Abwehr bzw Regression:
~ Jungen: relativ breite Regression auf prägenitales Niveau (“kindisches” Gehabe); vom anderen Geschlecht abwenden (Verleugnung/Vermeidung)
~ Mädchen: Intensivierung der Beziehung zur präödipalen Mutter; Heterosexualität demonstrativ forcieren bzw betonen -> ältere Burschen => Bestreben der Regression zur präödipalen Mutter entgegen wirken

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9
Q

Erkläre die Frühadoleszenz

A

Beginnt bei Mädchen mit Menarche, beim Jungen mit erster Ejakulation
=> sexuell funktionsfähiger Körper muss ins Selbstbild integriert werden
intensivierte Triebwünsche drängen nach Formen der Befriedigung (Masturbation, erste sexuelle Erfahrungen)

~ beginnende Ablösung von elterlichen Objekten (Entidealisierung)
~ Abnahme der Kontrollfunktion des Über-Ich
~ Ich ringt um neue Balance zwischen Triebbedürfnissen & Anforderungen der Außenwelt

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10
Q

Erkläre die mittlere Adoleszenz

A

Entwicklungsaufgabe = Akzeptanz des sexuell reifen Körpers

~ äußere & innere Abhängigkeitsbindungen (inkl. Werte, Normen,…) werden brüchig & verinnerlichte Objektrepräsentanzen müssen entidealisiert werden

~ Fähigkeit zur Intimität kommt meist noch deutlich narzisstischer Charakter zu (Suche nach Idealselbst im Anderen, Peter Blos’ “homosexuelles Durchgangsstadium)

~beginnende Differenzierung & Verfestigung des Identitätsgefühls (“Wie bin ich geworden? Wer bin ich? Wer kann/möchte ich sein?”)
Peergroup -> besondere Bedeutung als Experimentier- & Rückkoppelungsfeld

~ Stimmungsschwankungen als Ausdruck von Unabgeschlossenheit dieses Prozesses

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11
Q

Erkläre die Spätadoleszenz

A

~ Phase der Konsolidierung & Integration

~ Umgestaltung des Über-Ichs & Ich-Ideals auf dem Weg der Entidealisierung & Reexternalisierung

~ Erreichen der endgültigen sexuellen Organisation (Primat der Genitalität & nicht inzestuöse heterosexuelle Objektwahr; KRITIK: pathogenetisches Erklärungsmodell der HS)

~ Verfestigung der Ich-Identität

~ Einschmelzen spezifischer Abwehrkonfiguration in die Charakterbildung

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12
Q

Wie sieht Freuds zentraler Fokus auf die Adoleszenz aus?

Welche Kritikpunkte gibt es?

A

~ Fixierungen & Regression können Entwicklung gefährden
~ Neuauflage der ödipalen Problematik bietet Möglichkeit der Durcharbeitung der nicht oder nur ungenügend gelösten ödipalen Konflikte
~ Konzept der “Zweiseitigkeit” von Entwicklung
~ Adoleszenz stellt unter diesem Gesichtspunkt eine “zweite Chance” dar

KRITIK

  • Phasenkonzept zu starr
  • Phallozentrismus & defizitorientierte Konzeption des Weiblichen
  • deckt nicht die gesamte Lebensspanne ab
  • blendet sozio-kulturelle Dimensionen von Entwicklung weitgehend aus (erstreckt sich heute oft ins vierte Lebensjahrzehnt, Generation “Praktikum”)
  • mögliche pathogenetische Verzerrungen
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13
Q

Welche Besonderheiten gibt es in der weiblichen Adoleszenz? (geschichtlich/politisch)

A

“Entwicklungsspielraum”
- in westl. Gesellschaften eine historisch späte Errungenschaft

  • musste gegen viele Widerstände erkämpft werden (Mädchenbildung, Frauen an Universitäten)
  • heute noch “labil” bzw nicht vorbehaltslos gesichert
  • > kulturell ungelöste Integration von Mutterschaft & Berufstätigkeit; Überforderung oder Antizipation des notwendigen Verzichts; Konflikt zwischen Individuierung & Bezogenheit

=> psycho-soziale bzw. psycho-kulturelle Dimension adoleszenter Entwicklung

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14
Q

Was ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe der weiblichen Adoleszenz?

A

= Aneignung des “genitalen Innenraums”

  • spätestens mit Menarche - körperliche Angleichung an Körper der Mutter
  • Spannungsfeld zwischen Identifizierung, rivalisierender Abgrenzung & Individuierung

“genitaler Innenraum” figuriert in doppelter Weise:

  • > Kern des narzisstischen Selbst (das intimste Eigene)
  • > genuinen Entwurf von Objektbezogenheit (Mutter, Begegnung Mann-Frau, eigene Generativität)

Selbst-Objekt-Beziehungen prägen unmittelbar das Verhältnis zum eigenen Geschlecht & Körper

Folgen traumatisierender Objektrepräsentanzen für eigene Geschlechtsidentität
-> Weiblicher Körper als “Austragungsort” psychischer Spannungen/ungelöster Konflikte (Essstörungen, Autoaggression)

=> Notwendigkeit von uneingeschränkten Moratorien zur

  • experimentell, spielerischen Differenzierung von “innen” & “außen”
  • Aneignung, Integration & narzisstischen Besetzung des “genitalen Innenraums”

=> Identifikation mit eigener “generativen Potenz” setzt auch deren gesellschaftliche Aufwertung & Akzeptanz voraus

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15
Q

Was für Auswirkungen bringt die These der “Unbewusst radierte eingeschränkte, entwertende Weiblichkeitsdefinitionen” mit sich?

A

Einfluss auf weibliche Adoleszenz: prägen vor allem das Körpererleben junger Mädchen & Frauen

=> kulturelle Bewertung der Menstruation & damit verbundene latente Botschaften über Lust am eigenen Körper:
~ Bewertung der Menarche als “Hygieneproblem”

~ Verunmöglichung des Stolzes auf eigenen Körper (als etwas schmutziges das versteckt werden muss)

~ latente Entwertung der Lust am eigenen Körper

~ Familiendynamik & weibliche Geschlechtsreife: Enttäuschung über nüchtern-versachlichte Reaktion der Mutter & Distanzierung des Vaters

~ Distanzierung bzw. Entsexualisierung als familiäre Abwehr inzestuöser bzw. homoerotischer Phantasien?

~ kulturelle Weiblichkeitsdefinitionen -> Patriarchalische Gesellschaften & Unbehagen im weiblichen Körper

~ Verstärkung durch problematische - kulturell mitbedingte - familiale Abwehrprozesse in der Reaktion auf adoleszente Veränderungen des weiblichen Körpers

~ Verleiblichung von (männlicher) Herrschaft?

~ Ethnopsychoanalytische Perspektiven: Bettelheims “Symbolische Wunden”

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16
Q

Welche Besonderheiten gibt es in der männlichen Adoleszenz?

A

~ begleitet von Verlusterfahrungen
~ Suche nach neuen Übereinstimmungen & Bindungen
~ Adoleszenz als Versuch der Wiederherstellung von Einheit auf neuer Ebe

~ adoleszente “Schafkrise” & narzisstische Abwehr

geschlechtsspezifische Tendenzen in narzisstischer Stabilisierung:

  • aggrandisiertes Selbst: Entwertung von äußeren Objekten -> eher männlich
  • dissoziiertes Selbst: unliebsame Selbstanteile vergrößert wahrgenommen; Versuche sich dem Idealselbst über Phantasien anzunähern -> eher weiblich

Männliche Jugendliche entwickeln tendenziell eher “hyperphallisches” handlungsorientiertes, wenig selbstreflexives Selbstkonzept
(Mutproben, Phallisches Agieren, Grenzerfahrungen)

Dynamisierung durch und von problematischen Geschlechtsstereotypien:

  • vermeintlich weiblich = Innenschau & Selbstkritik
  • vermeintlich männlich = selbstbewusstes (phallisches) Agieren

-> Konformierungsdruck: Suche nach Vollkommenheit/Wiederherstellung von Einheit -> hohe Bedeutung der Peergroup

17
Q

Was sind entwicklungsförderliche VS entwicklungsgefährdende Funktionen der Peergroup?

A

= weitgehend anti-hierarchisches Experimentierfeld, das zur aktiven Stellungnahme & Positionierung auffordert & beiträgt
Gruppe im Dienst der aktiven Individuierung -> Förderung & Voraussetzung der adoleszenten Entwicklungsaufgabe

Hooligan-/Drogen-/Skinheadszene, Jugendsekten, etc:
bieten Einheit/Zugehörigkeit,, narzisstische Stabilisierung über Außenentwertung oder Rauschzustände, fördern zugleich passiv-apathische bzw. regressive Einstellungen
Gruppe im Dienst der Uniformierung -> Verhinderung/Hemmung der adoleszenten Entwicklungsaufgabe

18
Q

Was wird unter “symbolischen Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit” verstanden?

A

häufiges Fehlen des Männlichen in der Erziehung -> Jungen erlangen männliche Geschlechtsrollenidentität nur durch “doppelte Negation”:
fragile männliche Identität als “Nicht-Nicht-Mann” (nicht so sein wie weibliche Vorbilder)

=> Entwertung des Weiblichen als Kern der Sicherung männlicher Identität
(-> Homophobie, Misogynie)

19
Q

Welche möglichen Folgen für die (männliche) adoleszente Identitätsfindung resultieren aus den Unterschieden? (6)

A

~ Verunmöglichung von Ablösung & Trauer -> Suche nach Idealisierung des vermeintlich Männlichen

~ “irrationale” Proteste gegen Repräsentanten des Männlichen (Lehrer, Chef, Polizei, Staat,…)

~ beeinträchtigte Konfliktfähigkeit aufgrund fehlender rivalisierender Erfahrungen

~ Ängste vor regressiven Wünschen bzw. “omnipotenter/verschlingender” Mutterrepräsentanz (Negation passiver Beziehungswünsche, sexistisch-machoeskes Abgrenzungsverhalten)

~ manische Abwehr und Kompensation (phallische Omnipotenzphantasien zB Unverwundbarkeit im Straßenverkehr), Suchtverhalten

~ Männerbild im Umbruch &/ in der Krise: Vom traditionellen zum “neuen Mann”?

20
Q

Wie sehen pädagogisch notwendige Bilder von Vätern/Männern aus?

A
  • den Zuwendungs-/Bindungs- & Idealisierungswünsche von Jungen zur Verfügung stellen
  • das “ödipale Nein” repräsentieren
  • männliche Identifikationen anbieten, ohne “das Weibliche” zu entwerten
  • sich den adoleszenten Ablösungsbestrebungen als Konfliktpartner zur Verfügung zu stellen
21
Q

Wie sieht Adoleszenz unter Migrationsbedingungen aus?

A

“verdoppelte Transformationsanforderung”:
Themen von Trennung & Umgestaltung -> sowohl mit Adoleszenz, als auch mit Migration verbunden

Grad der sozialen Ungleichheit bestimmt den Möglichkeitsraum, der zur Lösung dieser doppelten Transformationsleistung zur Verfügung steht (Bildungszugang & Möglichkeitsraum)

Elterngeneration: Missachtungs- & Ausgrenzungserfahrungen, große Opfer
=> häufig expliziter oder impliziter “Auftrag”:
- Leid & Mühen durch besonderen Erfolg kompensieren
- & familiäres “Migrationsprojekt” verifizieren
-> spielerisches Ausloten eigener Potentiale & Wünsche behindert durch großen Druck & Übernahme des “Auftrags (falsches Selbst) ODER Bildungsverweigerung

Individuation & Loslösung beeinträchtigt von Beziehungsdynamiken

  • Neid “Ich musste alles für die Zukunft meiner Kinder aufgeben”
  • Schuld “Ich darf mich nicht von meinen Eltern abgrenzen, weil sie so viel für mich geopfert haben”
  • Angst vor Rivalität “ Ich darf nicht “bildungserfolgreich” sein, um meine Eltern nicht zu beschämen & deren Zuneigung zu verlieren”

“Aufträge” beinhalten oft Widersprüchlichkeiten & Ambivalenzen
(“Bewahre & achte unsere Tradition!” “Bewähre dich in einer Gesellschaft, die von Umbruch und Fortschrittsdenken bestimmt ist!”)

Loyalitätskonflikte -> fragmentierte Identität oder Isolation/Reproduktion

Entmutigende Ausgrenzungserfahrung als Einschränkung des Möglichkeitsraumes