4.3 Mentalisierungsfähigkeit + 4.4 Bedeutung des Vaters Flashcards
(11 cards)
Was ist die “Mentalisierungsfähigkeit”?
= Fähigkeit, das eigene Verhalten oder Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren
-> sich selbst von außen & andere von innen zu sehen
- dient Orientierung im Rahmen von Kommunikation & Beziehung
- enger Zusammenhang mit Affekt- & Selbstwertregulation
- zentrale Voraussetzung für “emotional & soziale Kompetenz/Intelligenz”
setzt voraus, dass
… Realität subjektiv ist & mental repräsentiert, also lediglich “abgebildet” wird
… unsere Gedanken & Interpretation “der inneren Welt” nahe kommen können, dieser aber nicht entsprechen
=> hoch komplexe Fähigkeit, die in einem differenzierten & störanfälligen Entwicklungsprozess ausgebildet wird
Auf welchen Konzepten baut die Mentalisierungsforschung auf und unter welchen Voraussetzungen entwickelt sie sich? Wahrnehmungsmodi
Theory of Mind-Forschung
+ psychoanalytische Entwicklungs-/Objektbeziehungstheorie
+ Bindungstheorie
+ jüngere Säuglings- & Kleinkindforschung (Stern)
+ Hirnforschung
=> dialektisches Modell der Entwicklung des Selbst Erfahrung von ... -> Urheberschaft in in Bindungsbeziehung -> markierte Affektspiegelung -> gemeinsames Spielens mit Realität
3 Wahrnehmungsmodi der Realität
1. bis 4. LJ
Äquivalenzmodus (innen = außen)
Als-ob-Modus (innen & außen entkoppelt)
ab 5. LJ Reflektierender Modus (Mentalisierung, "Spielen mit der Realität")
=> persistieren lebenslang! abhängig von Bindungssicherheit, Affektabstimmung, Mentalisierungsfähigkeit der primären BP
Was sind mögliche Problembereiche & pathogene Folgen bei der Entwicklung der Mentalisierungsfähigkeit? (4)
Abwehrprozesse, eigene Traumata bzw Vernachlässigungserfahrungen -> Affektspiegelung im Kontext der Bindungsbeziehung NICHT oder unzureichend gelingt
fehlende Spiegelung (zu wenig Kontingenz) -> Besetzungsabzug, depressiver Rückzug, mangelnde Differenzierung des Selbst
fehlende Markierung
-> eigene Anteile werden als bedrohliche, invasive fremde wahrgenommen (Mini-Traumatisierungen führen zu diffusen paranoiden Ängsten)
Verzerrte Spiegelung (fehlende Kongruenz) -> Projektionen der Bezugspersonen & verzerrte Zuschreibungen führen zu "falschem Selbst" & fraglicher, zersplitterter Identität
=> Kind, das nicht in der Lage ist, sich als intentionales Wesen zu finden, internalisiert eine Repräsentation des Anderen in sein Selbst, das unintegriert (zersplittert) bleibt.
Was sind Mentalisierungsförderliche Aspekte in der therapeutischen Beziehung?
- Aktive Haltung desr Therapeutin
- Regulierung des emotionalen Arousals (Stress & MF)
- Affekt-Fokussierung
- Anregung zur Exploration & wohlwollender Neugier gepaart mit der Haltung des Nicht-Wissens
- Verknüpfung von Affekt & interpersonalen Ereignissen
- Stimulierung des Mentalisierens im Prozess & Anregung zur Perspektivenübernahme
- Konkrete Interventionen (“stop & rewind”)
- Bestätigung emotionaler Reaktionen & gelungener Mentalisierungsprozesse
- Teilhaben lassen an eigenen Prozessen, indem man sich selbst als mentales Wesen erlebbar werden lässt (Selbstwirksamkeit)
Wie sehen die 3 Phasen zur Bedeutung der Vater-/Männerforschung aus?
verhältnismäßig junges Forschungsgebiet -> lange Zeit vorwiegend pathologischer Einfluss fokussiert (Alkoholismus, Gewalt, Vernachlässigung)
Phase 1 - periphere Status des Vaters
als blasse Figur, (eifersüchtiger) Störer der Mutter-Kind-Idylle oder randständiger Dritter, der die finanzielle Basis der Familie sichert (Ausnahme bei Freud)
Phase 2 - Vater im Vergleich zur Mutter
als “Mutterersatz” in Notsituationen bzw. “sekundäre Bindungsfigur”
Phase 3
Distinktive Charakteristika des Vaters & die Bedeutung des Männlichen in Erziehung & Entwicklung
Aus welchen Gründen könnte es ein “Männerdefizit” in der Arbeit mit Kindern geben? (6)
- geringer sozialer Status & Bezahlung
- pädagogische Berufe gelten als unmännlich
- Pädophilie-Generalverdacht
(Restriktionen bei Körperkontakt, Pflegehandlungen, potentielle Gefahr) - Männer als Störer der “weiblichen Ordnung”
- männliche Angst vor Nähe in innerfamilialer Dynamik
homosexuelle & inzestbezogene Ängste, transgenerationale Stabilität von Männerbildern - “die vaterlose Gesellschaft” als historisches Erbe & die “vergessene pädagogische Verantwortung”
Vätergeneration zwischen Traumatisierung & entzauberter, enttäuschender Idealisierung, Revolte gegen das “väterliche Prinzip, Verunsicherung pädagogischer Autorität & Verantwortung
Wie sieht die pränatale Bedeutung des Vaters aus?
=> “psychische Geburt der Eltern”
- wurde lange Zeit negiert
- Schwangerschaft als Umgestaltungsprozess & “normative Krise” -> sowohl Mutter als auch Vater
- Aktualisierung eigener Repräsentanzen als Chance, aber auch Risiko
- Veränderungsprozesse -> in neue “Eltern-Identität” integrieren -> gemeinsame aktive Auseinandersetzung = wichtiger Prädiktor für gelingende Bewältigung künftiger Aufgaben & Bindung
- beunruhigende Gefühle der Angst & Unsicherheit
Welche 3 Stadien beschreiben typische Ängste & Phantasien während der Schwangerschaft?
Stadium 1: Fötale Entwicklungsphase
Kind ist noch nicht spürbar, ambivalente Phantasien
-> Akzeptanz neuer Lebenssituation
Stadium 2: Kind im Ultraschall sichtbar, Bewegungen werden wahrgenommen
eigenständiges, von der Mutter getrenntes Wesen, “Alien- bzw. Parasitenphantasien”
-> Bewältigung & positive Besetzung des “Zauberlehrlingproblems
Stadium 3: Hin zum Geburtstermin
individuelle Persönlichkeit des Kindes
-> Ausgleich von Ängsten, Auseinandersetzung mit baldiger Elternschaft
=> gemeinsames Arbeiten am “imaginären Kind” als wichtiger protektiver Faktor für Entwicklung des “realen Kindes”
Welche 4 großen Themen bzw Ängste gelten als “Elternschaftkonstellation”?
Leben & Wachstum: “Bin ich in der Lage, mein Kind leben & wachsen zu lassen?
Primäre Bezogenheit: “Kann ich eine gute Beziehung zum Kind aufbauen, seine Bedürfnisse adäquat erkennen & mit ihm kommunizieren?
Unterstützende Matrix: “Kann ich mir die nötige Hilfe holen & diese zulassen? Bin ich in einen guten familiären/freundschaftlichen Kontext eingebunden?”
Reorganisation der eigenen Identität: “ Wie bewältige ich den fundamentalen Wandel vom Tochter- zum Mutter-Sein, vom Sohn- zum Vater sein, die Veränderung der Zweierbeziehung und meiner beruflichen Situation?
=> eigene Elternrolle: modellhafte Übernahmen VS Deidentifikation mit Antimodellen
Inwiefern gehen Väter qualitativ tendenziell anders mit ihren Kindern um als Mütter? (5)
+ Spielaktivität mit starkem Fokus auf Körper & Motorik
+ Förderung Selbständigkeit & Individuation (fordernder & direktiver)
+ Akzentuierung des Geschlechts
+ Stimulierung & affektives Arousal (Pflege- & Fütterungshandlungen “aufregend” gestaltet)
+ “face to face” (expressive Sozialisation) VS “side by side” (instrumentelle Sozialisation) (korrespondiert mit geschlechtsspezifischen Präferenzen)
In welchen Aspekten leisten Väter durch ihre Andersartigkeit wichtige Beiträge zu zentralen Entwicklungsbereichen? (7)
- Bindungsentwicklung (Spielfeinfühligkeit)
- Affektregulation (affektives Arousal)
- Trangulierungsentwicklung (Integrationsprozess der triadischen Beziehung)
- Mentalisierungsentwicklung
- Motorische & kognitive Entwicklung
- Autonomieförderung & Anreger der Ablösung
- Geschlechtsrollenidentität (fehlende/entwertete Männer -> Risikofaktor)