4. Einheit Flashcards
(22 cards)
Welche Verfahren sind im Außerstreitverfahren von Amts wegen einzuleiten und welche auf Antrag der Partei?
Von Amts wegen einzuleitende Verfahren:
- Verlassenschaftsverfahren (§ 143 Abs 1 AußStrG)
- Verfahren zur Entziehung der Obsorge (§ 181 ABGB)
- Verfahren über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters (§ 117 AußStrG),
aber auch auf Antrag des Betroffenen
- Unterbringungsverfahren für psychisch Kranke (§ 1 UbG)
Auf Antrag einzuleitende Verfahren
- Unterhaltsverfahren
- Scheidungsverfahren (einvernehmliche Scheidung)
- Kontaktrechtsverfahren
- Wohnrechtliche Verfahren
Wann liegt Gerichtsanhängigkeit vor?
Mit Einbringung der Klage bei Gericht.
Der Zeitpunkt der Gerichtsanhängigkeit ist für den Grundsatz der perpetuatio fori maßgeblich.
Wann liegt Streitanhängigkeit vor?
Mit Zustellung der Klage an den Beklagten
Wann liegt Streiteinlassung vor?
Grundsätzlich haben sich Kläger und Beklagter schriftlich UND mündlich vollständig auf den Streit einzulassen.
im GH-Verfahren:
Mahnverfahren:
Kläger: Antrag und vb TS
Beklagter: Einspruch
ordentliches Verfahren:
Kläger: Klage und vb TS
Beklagter: Klagebeantwortung
im BG-Verfahren:
Mahnverfahren:
Kläger: Antrag und vb TS
Beklagter: vb TS (nur mündlich)
ordentliches Verfahren:
Kläger: Klage und vb TS
Beklagter: vb TS (nur mündlich)
Der Zeitpunkt ist wichtig, da man bis zur vollständigen Streiteinlassung ein Versäumungsurteil erlassen kann.
Wie hat eine Klage auszusehen?
Voraussetzungen sind in §75 ZPO geregelt.
Wie ist der Streitwert zu berechnen?
Bei der Angabe des Streitwerts sieht die JN in manchen Fällen eine Formel vor.
Wichtigste Formel für Unterhalt: Streitwert ist immer die dreifache Jahresleistung.
Wenn die JN keine Formeln vorsieht (ist in den meisten Fällen so), dann sind Sie als Klägerin oder Kläger frei den Streitwert anzugeben. Wenn Sie das nicht tun, dann gilt ein Zweifelsstreitwert von 5.000€.
Sowohl Gericht als auch die beklagte Partei ist an die Angabe des Streitwerts durch den Kläger gebunden.
Ausnahme Gericht: wenn bei richtiger Streitwertberechnung nicht der Gerichtshof sondern das Bezirksgericht zuständig wäre und wenn sich die Gerichtsbesetzung beim Gerichtshof ändern würde (anstelle des Senats entscheidet ein Einzelrichter).
Ausnahme Beklagter: kann den Streitwert gemäß §7 RATG bemängeln, weil es eine Auswirkung auf die Entlohnung des Rechtsanwaltes hat.
Was ist die Klagserzählung?
In der Klagserzählung gibt der Kläger alle Tatsachen an aus der er das Klagebegehren ableitet (Tatsachenbehauptung).
Gemäß §226 (1) ZPO soll das kurz aber vollständig sein.
Wichtig ist dass die Klage schlüssig ist. Das heißt aus der Klagserzählung muss sich das Klagebegehren ableiten lassen.
Was ist das Klagebegehren?
Das Klagebegehren beschreibt was der Kläger will. Sprich welches Urteil das Gericht erlassen soll.
Dieses Klagebegehren muss immer so bestimmt sein, dass jeder Dritte weiß was der Kläger vom Gericht haben möchte.
Ausnahme: Feststellen der Pensionsversicherungszeiten nach ASGG und Stufenklage nach Art 42 EGZPO.
Im Außerstreitverfahren genügt ein unbestimmtes Begehren (§9 AußStrG). Einzige Voraussetzung: Das Gericht muss erkennen, was der Antragsteller will.
Ausnahme: Beim Begehren einer Geldleistung, kann ein unbestimmtes Begehren eingebracht werden, aber sobald es möglich ist, muss der Antrag bestimmt gestellt werden.
Wann ist eine Klage schlüssig?
Eine Klage ist schlüssig, wenn sich aus der Klagserzählung das Klagebegehren ableiten lässt.
Wie hat ein Richter mit einer unschlüssigen Klage umzugehen?
Der Richter hat der klagenden Partei einen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Der Kläger hat also die Aufgabe die Klage zu verbessern oder zu ändern und die Klage schlüssig zu stellen.
Wenn er den Verbesserungsauftrag befolgt. Ist alles ok und Sie machen im Verfahren weiter.
Wenn er den Auftrag nicht befolgt, wird die Klage mit einem Unschlüssigkeitsurteil ABGEWIESEN. Unschlüssigkeitsurteil heißt nicht, dass das Urteil unschlüssig ist, sondern ein Urteil aufgrund einer unschlüssigen Klage.
Wie kann die Unschlüssigkeit einer Klage vom Kläger beseitigt werden?
Die Unschlüssigkeit einer Klage kann mit einer Klagsverbesserung gemäß §235 (4) ZPO, oder einer Klagsänderung gemäß §235 (1) ZPO, beseitigt werden.
Wie hat der Richter mit einem unbestimmten Klagebegehren umzugehen?
Ist das Klagebegehren unbestimmt, so wird dem Kläger ein Verbesserungsauftrag erteilt.
Wenn er es verbessert, ist alles ok und Sie fahren im Verfahren fort.
Wenn nicht verbessert wird, dann wird die Klage mit Beschluss ZURÜCKGEWIESEN.
Was ist eine Stufenklage? Wann ist sie anzuwenden?
Die Stufenklage heißt Stufenklage weil sie aus 2 Stufen besteht.
Die Stufenklage wird angewandt, wenn man das Klagebegehren einer Klage nicht bestimmen kann, weil alle Angaben die erforderlich dafür sind, auf Seiten des Beklagten sind.
- Klage auf Rechnungslegung oder auf eidliche Angabe des Vermögens. (Man kann sich jedoch nicht aussuchen worauf man klagt. Erst wenn kein zivilrechtliche Anspruch auf Rechnungslegung vorliegt, kann man sich auf die eidliche Angabe des Vermögens stützen)
- das noch unbestimmte Begehren auf Herausgabe des Vermögens oder Zahlung der Schulden/Unterhalt
Nach Einbringung der Klage gibt der Richter dem Beklagten den Auftrag Rechnung zu legen oder das Vermögen eidlich anzugeben. Dem muss der Beklagte nachkommen. Anschließend muss der Kläger das unbestimmte Klagebegehren bestimmt stellen.
Muss bei einer Klage ein Rechtsgrund angeführt werden?
Nein, es gilt der Grundsatz “Jura Novit Curia” (= das Gericht kennt sein Recht). Demnach ist kein Rechtsgrund anzugeben.
Wird jedoch ein Rechtsgrund angegeben, so ist der Richter an diesen gebunden und darf nur diesen Rechtsgrund prüfen.
Trifft der angegebene Rechtsgrund nicht zu so wird die Klage ABGEWIESEN.
Damit das nicht passiert, ist es wichtig, dass man den Satz “darüber hinaus stütze ich mein Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund” ergänzt.
Was besagt der Grundsatz der Beweisverbindung?
Die Angabe von Beweisen ist nicht zwingend in der Klage, jedoch zu empfehlen. Wenn Beweismittel angegeben werden, gilt der Grundsatz der Beweisverbindung, das heißt zu jeder Tatsachenbehauptung die sie aufstellen, geben Sie die Beweise an.
Wann kann ein Versäumungsurteil erlassen werden?
Ein Versäumungsurteil kann nur bis zur vollständigen Streiteinlassung erlassen werden.
Versäumungsurteile sind sehr begehrt, weil das Vorbringen der erschienenen Partei für wahr zu halten ist. Der Richter spart sich dadurch die Beweisaufnahme.
Ausnahme: die Unwahrheit ist offenkundig oder dem Gericht bekannt oder es gibt Beweise, dass der Sachverhalt anders ist.
Vorab ist zu prüfen ob die Klage/Ladung rechtzeitig zugestellt wurde und ob alle Prozessvoraussetzungen vorliegen. Außerdem ob sonst keine Nichtigkeitsgründe vorliegen.
Beim Erlassen eines Versäumnisurteils ist auch zu prüfen ob die Klage schlüssig ist. Ist die Klage unschlüssig, kann kein Versäumungsurteil erlassen werden, sondern muss die Klage zuerst mittels Klagsverbesserung gemäß §235 (4) ZPO, oder Klagsänderung gemäß §235 (1) ZPO schlüssig gestellt werden.
Ausnahme: im Rechtsmittelverfahren kann aufgrund der Bedeutung des Rechtsmittels kein Versäumungsurteil ergehen.
Ist gerichtsbekannt, dass die nicht erschienene Partei durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle am Erscheinen gehindert ist, so darf kein VU erlassen werden.
Welche Arten von Versäumnisurteilen gibt es?
Es gibt 3 Arten von Versäumungsurteilen:
1. Versäumungsurteil nach §396 (1) ZPO (GH-Verfahren)
2. Versäumungsurteil nach §396 (2) ZPO (GH-Verfahren)
3. Versäumungsurteil nach §442 ZPO (BG-Verfahren)
Es ist wichtig diese zu unterscheiden, weil sie unterschiedlich bekämpft werden.
Versäumungsurteil nach §396 (1) ZPO (GH-Verfahren):
Beklagter erstattet keine oder nicht rechtzeitig Klagebeantwortung.
Versäumungsurteil nach §396 (2) ZPO (GH-Verfahren):
Kläger oder Beklagter kommen nicht zur vb TS .
Versäumungsurteil nach §442 ZPO (BG-Verfahren):
Kläger oder Beklagter kommen nicht zur vb TS .
Wie kann ein Versäumungsurteil beseitigt werden?
Es stehen 3 Rechtsbehelfe zur Verfügung:
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
- Widerspruch gemäß §397a ZPO/§442a ZPO
- Berufung
Erkläre die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, wenn Säumnis vorliegt, weil ein Unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorliegt.
Den Wiedereinsetzungswerber darf kein Verschulden treffen. Einzige Ausnahme: ein minderer Grad des Versehens (= leichte Fahrlässigkeit).
Nach Wegfall des Hindernisses müssen sie die Wiedereinsetzung binnen 14 Tagen bei Gericht einbringen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass man die versäumte Prozesshandlung nicht nachholen kann.
Der Wiedereinsetzungsantrag hat einen Wiedereinsetzungsgrund zu enthalten und es gilt ausnahmsweise die Eventualmaxime. Eventualmaxime heißt, es müssen alle Gründe sofort benannt werden, ein späteres Nachschießen von Gründen ist unzulässig.
Der Antrag muss weiters ein Mittel zur Glaubhaftmachung enthalten. Damit eine Tatsache bewiesen ist, muss der Richter von der hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen. Bei der Glaubhaftmachung ist das Regel Beweismaß abgestuft.
Mit dem Antrag muss zugleich die Versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden.
Erkläre den Widerspruch
Der Widerspruch ist nur bei einem Versäumungsurteil nach §396 (1) ZPO und bei einem Versäumungsurteil nach §442 ZPO zulässig.
Immer wenn sich beide Parteien schon gerührt haben (also Verteidigungsbereischaft gezeigt haben), später aber nicht mehr kommen, dann gibt es keinen Widerspruch mehr.
Die Verteidigungsbereitschaft ist nicht zu verwechseln mit der vollständigen Streiteinlassung! Im BG-Verfahren stellt der Einspruch keine Streiteinlassung dar, jedoch aber eine Verteidigungsbereitschaft, weshalb kein Widerspruch mehr möglich ist!
Widerspruchslegitimiert ist nur der Beklagte.
Frist: 14 Tage ab Zustellung des Versäumungsurteils.
Der Widerspruch hat immer, und zwar auch im BG-Verfahren den Inhalt einer Klagebeantwortung zu enthalten, also ein schriftliches Vorbringen.
Ein Grund für die Säumnis braucht nicht angegeben werden
Erkläre die Berufung
Immer zulässig, wenn ein Berufungsgrund vorliegt.
Details folgen…
Wie unterscheidet sich eine Klagsverbesserung von einer Klagsänderung? Wann ist welche vorzunehmen?
Die Abgrenzung ist geregelt in §235 ZPO.
Klagsverbesserung gemäß §235 (4) ZPO: leichte Änderungen die noch keine neue Klage bewirken. Es darf sich nichts am Klagebegehren oder am Klagegrund ändern. Nach einer erfolgten Klagsverbesserung kann sofort ein Versäumungsurteil erlassen werden.
Klagsänderung gemäß §235 (1) ZPO: es müssen massive Änderungen vorgenommen werden, welche die Klage ändern. Wird der Streitgegenstand (Klagebegehren + Klagegrund) geändert, so liegt eine Klagsänderung vor.
Ausnahme: Eine Einschränkung des Klagebegehrens stellt eine Klagsverbesserung gemäß §235 (4) ZPO dar und eine Erweiterung oder Änderung des Klagebegehrens stellt eine Klagsänderung gemäß §235 (1) ZPO dar.
Bei einer Klagsänderung kann nicht sofort ein Versäumungsurteil erlassen werden, weil die Klage zu einer neuen Klage geändert werden muss, die neue Klage dem Beklagten zugestellt werden muss und erst wenn der Beklagte dann säumig ist, kann ein VU erlassen werden.