Leitfragen Flashcards
(93 cards)
Womit befasst sich die Differentielle und Persönlichkeitspsychologie?
Die Differentielle und Persönlichkeitspsychologie befasst sich mit der Beschreibung, Erklärung, Vorhersage und Modifikation individueller Einzigartigkeit (Persönlichkeitspsychologie im engeren Sinne) sowie interindividueller Unterschiede (Differentielle Psychologie) im menschlichen Verhalten und Erleben
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Was umfasst/bedeutet „Persönlichkeit“ (im weiteren und engeren Sinne)?
Im weiteren Sinne wird Persönlichkeit als die Gesamtheit aller Merkmale verstanden, die eine Person relativ stabil kennzeichnen und sie von anderen unterscheiden. Dazu gehören Temperament, Fähigkeiten, Körperbau, Bedürfnisse und Einstellungen.
Im engeren Sinne wird Persönlichkeit als „Temperament“ verstanden
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Wie kann Persönlichkeit definiert werden?
Stern (1923): Persönlichkeit ist eine Einheit aus verschiedenen Teilfunktionen, die eine zielstrebige Ganzheit bildet.
Allport (1959): Persönlichkeit ist die dynamische Ordnung derjenigen psychophysischen Systeme im Individuum, die sein charakteristisches Verhalten bestimmen.
Guilford (1959): Persönlichkeit ist das einzigartige Muster von Traits (Eigenschaften), das eine Person ausmacht
Erläutern Sie den idiographischen vs. nomothetischen Ansatz in der
Persönlichkeitspsychologie.
Idiographischer Ansatz: Dieser Ansatz betont die Einzigartigkeit jeder Person und betrachtet Persönlichkeit als mehr als die Summe einzelner Merkmale. Er nutzt qualitative Methoden wie Fallstudien und ist weniger darauf ausgerichtet, allgemeingültige Regeln abzuleiten. Ein Nachteil ist die geringe Übertragbarkeit auf andere Personen
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Nomothetischer Ansatz: Dieser Ansatz zielt darauf ab, allgemeingültige Regeln über Persönlichkeit zu formulieren, indem universelle Eigenschaftsdimensionen erfasst werden. Er verwendet quantitative Methoden wie Korrelationsanalysen und ermöglicht Vergleiche zwischen Individuen
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Erläutern Sie eine ausgewählte Forschungsstrategien zur Beschreibung
(inter)individueller Unterschiede nach W. Stern.
Variationsforschung: Untersucht ein Merkmal an vielen Individuen, z. B. Intelligenz oder Ängstlichkeit in einer Population
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Korrelationsforschung: Analysiert Zusammenhänge zwischen zwei oder mehr Merkmalen über viele Individuen hinweg, z. B. zwischen Intelligenz und Berufserfolg
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Psychografie: Betrachtet ein Individuum in Bezug auf mehrere Merkmale, z. B. in der Eignungsdiagnostik
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Komparationsforschung: Vergleicht zwei oder mehr Individuen hinsichtlich mehrerer Merkmale, z. B. im Bereich der Berufsberatung
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Warum ist Persönlichkeit ein Konstrukt und was bedeutet dies für deren
Erfassung?
Persönlichkeit ist ein theoretisches Konstrukt, das nicht direkt beobachtbar ist. Sie muss daher aus Verhalten erschlossen und messbar gemacht (operationalisiert) werden
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Eigenschaften werden durch Beobachtung ähnlicher Verhaltensweisen in ähnlichen Situationen abgeleitet. Beispielsweise wird eine Person, die in verschiedenen Situationen ängstlich reagiert, als „ängstlich“ eingestuft
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Da Persönlichkeit ein Konstrukt ist, gibt es unterschiedliche Methoden zu ihrer Erfassung, die stets auf Interpretationen und Modellen beruhen
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Was versteht man unter Konsistenz und Stabilität in der Diff. und
Persönlichkeitspsychologie bzw. in Bezug auf Persönlichkeitseigenschaften?
Transsituationale Konsistenz: Die Tendenz einer Person, in verschiedenen Situationen zu einem bestimmten Zeitpunkt ähnlich zu reagieren (z. B. eine Person, die samstags in der Kneipe immer aggressiv wird)
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Transtemporale Konsistenz: Die Tendenz, über verschiedene Zeitpunkte hinweg in verschiedenen Situationen ähnlich zu reagieren (z. B. eine Person, die über Jahre hinweg in verschiedenen Kontexten aggressiv ist)
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Absolute Stabilität: Ein Persönlichkeitsmerkmal bleibt über die Zeit konstant, z. B. ein IQ-Wert von 100 im Alter von 20 und 40 Jahren
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Relative Stabilität: Die Rangordnung eines Merkmals innerhalb einer Gruppe bleibt erhalten, auch wenn sich die absoluten Werte verändern
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Nennen Sie Vor- und Nachteile der Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften
durch Fragebögen.
Vorteile:
Ökonomisch und einfach durchzuführen
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Kann die einzige sinnvolle Erhebungsmethode sein, da Menschen sich selbst am besten kennen
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Nachteile:
Subjektive Verzerrungen, da Personen ihre Antworten bewusst oder unbewusst anpassen
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Soziale Erwünschtheit kann Antworten beeinflussen, daher werden oft Lügenskalen eingesetzt
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Tendenz zur Mitte oder Ja-Sage-Tendenz kann das Ergebnis verfälschen
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Zentrale Annahmen/Merkmale der psychodynamischen Persönlichkeitstheorie Freuds
Mensch als Energiesystem: Psychische Prozesse erfordern und verbrauchen Energie
Homöostase- und Hedonismusprinzip: Streben nach Gleichgewicht und Lustgewinn
Rolle des Unbewussten: Verhaltensunterschiede entstehen durch intrapsychische Prozesse, das Unbewusste beeinflusst Verhalten
Drei Modelle:
Dynamisches Modell (Trieblehre): Verhalten ist durch Triebe (Eros und Thanatos) motiviert
Topographisches Modell: Unterscheidung von Bewusstem, Vorbewusstem und Unbewusstem
Strukturmodell (Instanzenlehre): ES (Triebe), ICH (Realitätskontrolle), ÜBER-ICH (Moral) stehen in Konflikt
Unterschiede in der Persönlichkeit nach Freud
Individuelle Unterschiede entstehen durch:
Angeborene Unterschiede in der Triebstärke
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Erfahrungen während der psychosexuellen Entwicklung (Fixierungen)
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Unterschiedliche Strategien des ICHs im Umgang mit den Trieben und den moralischen Anforderungen des ÜBER-ICH
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Zwei Abwehrmechanismen nach Freud
Verdrängung:
Unerwünschte Gedanken, Wünsche oder Erlebnisse werden ins Unbewusste abgeschoben
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Beispiel: Jemand erinnert sich nicht an ein traumatisches Ereignis aus der Kindheit
Projektion:
Eigene unerwünschte Gedanken oder Emotionen werden auf andere übertragen
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Beispiel: Jemand, der untreu ist, verdächtigt ständig seinen Partner der Untreue
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Kritik an Freuds Theorien und heutige Bedeutung
Kritik:
Nicht empirisch überprüfbar, viele Annahmen sind unfalsifizierbar
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Problematische Datenquellen (Selbstinterpretation durch Freud, keine Kontrollgruppen)
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Langwierige und unökonomische Therapiemethoden
Heutige Bedeutung:
Konzepte wie das Unbewusste haben weiterhin Einfluss auf die moderne Psychologie (z.B. Priming, implizite Assoziationstests)
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Erkenntnisse zur Bedeutung frühkindlicher Erfahrungen werden heute in der Entwicklungspsychologie bestätigt
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Needs und Presses sowie deren Zusammenspiel nach Murray
Needs (Bedürfnisse):
Interne Antriebe, die das Verhalten steuern
Viszerogene Needs: angeborene Bedürfnisse (z. B. Hunger)
Psychogene Needs: soziale, gelernte Bedürfnisse (z. B. Leistungsmotiv)
Presses (Situativer Verhaltensdruck):
Externe Faktoren, die Bedürfnisbefriedigung erleichtern oder erschweren
Alpha-Press: Objektive Merkmale einer Situation
Beta-Press: Subjektive Wahrnehmung der Situation
Zusammenspiel:
Verhalten wird durch die Interaktion von Needs und Presses bestimmt
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Beispiel: Eine Person mit hohem Machtmotiv (Need) wird in einer Führungsposition (Alpha-Press) besser gedeihen
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Zwei zentrale Kriterien zur Erkennung von Bedürfnissen nach Murray
Selektive Wahrnehmung:
Bedürfnisse beeinflussen, worauf eine Person ihre Aufmerksamkeit richtet
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Beispiel: Eine hungrige Person nimmt Restaurants eher wahr
Emotionale Reaktionen:
Bedürfnisbefriedigung führt zu positiven Emotionen, Nichterfüllung zu Frustration
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Beispiel: Eine Person mit hohem Anschlussmotiv fühlt sich in Gesellschaft wohler
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Homöostase- und Heterostaseprinzip bei Maslow
Homöostaseprinzip (Mangelbedürfnisse):
Streben nach Gleichgewicht (z. B. Hunger → Essen)
Bedürfnis tritt nur bei Mangel auf und führt zur Spannungsreduktion
Heterostaseprinzip (Wachstumsbedürfnisse):
Selbstverwirklichung als dauerhafter Prozess
Keine Spannungsreduktion, sondern kontinuierliche Zielsetzung
Beispiel: Ein Musiker möchte sich stetig verbessern
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Einfluss von Konditionierung auf Persönlichkeitsunterschiede
Klassische Konditionierung (Pawlow):
Erlernte Assoziationen beeinflussen emotionale Reaktionen
Beispiel: Ein Kind entwickelt eine Angststörung, weil es als Baby oft von Hunden erschreckt wurde
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Operante Konditionierung (Skinner):
Verhalten wird durch Belohnung und Bestrafung geformt
Beispiel: Ein Kind, das für Pünktlichkeit gelobt wird, entwickelt eine gewissenhafte Persönlichkeit
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Modelllernen (Bandura):
Verhalten wird durch Beobachtung gelernt
Beispiel: Kinder ahmen aggressives Verhalten aus Medien nach (Bobo-Doll-Experiment)
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Basisannahmen der Kognitiven und Handlungstheorien der Persönlichkeit
Abkehr vom behavioristischen Menschenbild: Denkvorgänge als zentrale Aspekte des Verhaltens
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Handlungen entstehen durch vernünftige Überlegungen und Entscheidungen in spezifischen Situationen und auf Basis vorheriger Lernerfahrungen
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Menschen sind aktive Gestalter ihrer Umwelt, die:
Ziele setzen,
Mittel zur Zielerreichung beurteilen,
langfristige Handlungspläne erstellen,
Konsequenzen antizipieren
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Wichtige Vertreter: George Kelly (Persönliche Konstrukte), Julian Rotter (Generalisierte Erwartungen), Albert Bandura (Selbstwirksamkeit)
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Menschenbild und zentrale Annahmen der Persönlichkeitstheorie von George Kelly
Menschenbild: Der Mensch ist ein „Wissenschaftler“, der seine Umwelt interpretiert und eigene Hypothesen über sie bildet
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Zentrale Annahmen:
Es gibt keine objektive Realität – jede Person interpretiert ihre Umwelt individuell
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Menschen versuchen, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen
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Persönliche Konstrukte sind individuelle Begriffe, die Menschen zur Beschreibung ihrer Realität verwenden
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Persönlichkeit ist die Summe der individuellen Konstrukte und ihrer Organisation
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Generalisierte Erwartungen nach Rotter & Beispiel (Locus of Control)
Menschen entwickeln auf Basis ihrer Erfahrungen generalisierte Erwartungen, um zukünftige Situationen schnell bewerten zu können
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Drei zentrale generalisierte Erwartungen nach Rotter:
Problemlöseerwartungen
Erwartungen hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit anderer (Interpersonal Trust)
Kontrollüberzeugung (Locus of Control)
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Locus of Control:
Internale Kontrollüberzeugung: Verstärker (z. B. Erfolg, Gesundheit) hängen von eigenem Verhalten ab
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Externale Kontrollüberzeugung: Verstärker sind durch Glück, Schicksal oder andere Menschen bestimmt
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Selbstwirksamkeit und Ergebniserwartung nach Bandura
Selbstwirksamkeit: Die Erwartung einer Person, eine Handlung erfolgreich ausführen zu können
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Ergebniserwartung: Die Erwartung, dass eine Handlung zu einem bestimmten Ergebnis führt
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Zusammenspiel:
Hohe Selbstwirksamkeit + hohe Ergebniserwartung → hohe Motivation
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Hohe Selbstwirksamkeit + niedrige Ergebniserwartung → geringe Motivation (z. B. Person kann sich gut auf Prüfungen vorbereiten, glaubt aber, dass der Prüfer unfair benotet)
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Grundzüge, Ziele und methodisches Vorgehen der Trait-Theorien
Grundzüge:
Traits sind stabile, überdauernde Persönlichkeitsmerkmale
Traits erklären und sagen Verhalten vorher
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Ziele:
Struktur der Persönlichkeit identifizieren
Messinstrumente zur Erfassung von Traits entwickeln
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Methodisches Vorgehen:
Traits werden durch Verhaltensbeobachtung erschlossen
Hierarchische Modellierung von Traits
Verwendung der Faktorenanalyse, um zentrale Persönlichkeitseigenschaften zu bestimmen
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Lexikalischer Ansatz von Gordon Allport
Grundannahme: Alle wichtigen Persönlichkeitsmerkmale sind in der Sprache repräsentiert
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Vorgehen:
Analyse des Webster’s Dictionary → Identifikation von 17.953 beschreibenden Begriffen
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Kategorisierung in stabile Traits (ca. 4.500 Begriffe), Zustände, soziale Bewertungen und Rollen
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Diese Liste diente später als Basis für die Eigenschaftsforschung von Cattell
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Cattells 16-Faktoren-Modell & seine inhaltliche Unterteilung von Persönlichkeit
Inhaltliche Unterteilung:
Fähigkeiten: Wie gut kann eine Person etwas tun? (z. B. Intelligenz)
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Dynamische Eigenschaften: Warum tut eine Person etwas? (z. B. Bedürfnisse, Motive)
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Temperamentseigenschaften: Wie tut eine Person etwas? (z. B. Impulsivität, Emotionalität)
16-Faktoren-Modell:
Basierend auf dem lexikalischen Ansatz
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4500 Traits → Reduktion auf 16 Faktoren mithilfe der Faktorenanalyse
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Diese 16 Faktoren bilden die Grundlage des 16PF-Persönlichkeitstests
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Cattells Datenquellen (L, Q, T) zur Beschreibung der Persönlichkeit
L-Daten (Life-Data):
Lebensläufe, biografische Informationen, Fremdratings
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Q-Daten (Questionnaire-Data):
Selbstbericht-Fragebögen
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T-Daten (Test-Data):
Standardisierte Tests zur objektiven Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen
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Cattell kombinierte alle drei Datenquellen, um eine umfassende Persönlichkeitsbeschreibung zu gewährleisten
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