VL4 Kognitive und Handlungstheorien der Persönlichkeit; Eigenschaftstheorien Flashcards
(53 cards)
Was sind die zentralen Annahmen der kognitiven Wende in der Persönlichkeitspsychologie?
Abkehr vom behavioristischen Menschenbild.
Denkvorgänge sind zentral für das menschliche Verhalten.
Verhalten basiert auf vernünftigen Überlegungen, Entscheidungen und vorherigen Erfahrungen.
Der Mensch kann:
Ziele setzen und Wege zur Zielerreichung bewerten.
Handlungspläne erstellen und mögliche Konsequenzen antizipieren.
Erfahrungen nutzen, um zukünftige Entscheidungen zu optimieren.
Was ist das zentrale Menschenbild von Kellys Theorie?
Der Mensch ist ein „Wissenschaftler“, der Hypothesen über die Welt aufstellt und überprüft.
Es gibt keine objektive Realität, sondern viele alternative Interpretationen.
Individuen entwickeln persönliche Konstrukte, um Ereignisse vorherzusagen.
Konstrukte sind individuell, basieren auf persönlichen Erfahrungen und steuern das Verhalten.
Welche Prinzipien beschreiben die Bildung persönlicher Konstrukte?
Konstruktionskorollarium → Menschen antizipieren Ereignisse basierend auf vergangenen Erfahrungen.
Individualitätskorollarium → Jeder interpretiert die Welt auf einzigartige Weise.
Organisationskorollarium → Konstrukte sind hierarchisch organisiert, manche sind wichtiger als andere.
Dichotomiekorollarium → Konstrukte sind meist binär (z. B. gut – schlecht).
Erfahrungskorollarium → Konstrukte können durch neue Erfahrungen verändert werden.
Modulationskorollarium → Konstrukte sind unterschiedlich flexibel und veränderbar.
Was besagt die Verhaltensgleichung von Rotter?
Verhalten wird vorhergesagt durch die Formel:
VP(X,S,V) = f(EX,S,V & VWV,S)
VP = Verhaltenspotential (Wahrscheinlichkeit, dass Verhalten X in Situation S auftritt).
E(X,S,V) = Erwartung, dass das Verhalten zu einem bestimmten Verstärker führt.
VW(V,S) = Verstärkerwert, also subjektive Attraktivität des Verstärkers.
Beispiel:
Ein Schüler überlegt, ob er lernt.
Hohe Erwartung, dass Lernen zur guten Note führt → höhere Wahrscheinlichkeit zu lernen.
Hoher Verstärkerwert (z. B. Belohnung durch Eltern) → ebenfalls höhere Wahrscheinlichkeit.
Welche drei generalisierten Erwartungen gibt es?
Problemlöseerwartung → Fähigkeit, Probleme erfolgreich zu bewältigen.
Interpersonal Trust → Vertrauen in die Ehrlichkeit anderer.
Locus of Control → Glaube daran, ob Ereignisse intern (eigene Kontrolle) oder extern (Zufall, Schicksal) bestimmt werden.
Welche Faktoren beeinflussen laut Bandura die Selbstregulation?
Selbstverstärkung (z. B. Selbstlob, Selbstkritik).
Selbstwirksamkeitserwartung (Glaube an eigene Fähigkeiten).
Ergebniserwartung (Glaube, dass das Verhalten zum gewünschten Erfolg führt).
Beispiel:
Hohe Selbstwirksamkeit + hohe Erfolgserwartung → hohe Motivation.
Hohe Selbstwirksamkeit + niedrige Erfolgserwartung → evtl. kein Verhalten (z. B. Glaube an Betrug im System).
Was sind zentrale Prinzipien der Eigenschaftstheorien?
Persönlichkeit wird durch Traits beschrieben, die stabil sind.
Traits erklären transsituationale Konsistenz (gleiches Verhalten in ähnlichen Situationen).
Traits haben eine hierarchische Struktur.
Ziel: Verhalten vorhersagen, erklären und messen.
Was besagt der lexikalische Ansatz?
Relevante Persönlichkeitseigenschaften sind in der Sprache repräsentiert.
Je wichtiger ein Trait, desto mehr Synonyme existieren.
Allport & Odbert (1936) identifizierten 17.953 Begriffe für Persönlichkeitseigenschaften.
Wie entwickelte Cattell sein 16-Faktoren-Modell?
Reduktion von 4.500 Traits aus Allports Liste auf 171 relevante Eigenschaften.
Faktorenanalyse → 35 Traits → weiter reduziert auf 16 Primärfaktoren.
Datenquellen für Persönlichkeitsmessung:
L-Daten (Lebensdaten, z. B. Schulnoten).
Q-Daten (Fragebögen, Selbsteinschätzungen).
T-Daten (Objektive Tests).
Entwicklung des 16-PF-Persönlichkeitstests.
Was sind die fünf Hauptdimensionen des Big Five Modells?
Neurotizismus → Emotionale Stabilität vs. Labilität.
Extraversion → Geselligkeit, Aktivität, Durchsetzungsfähigkeit.
Offenheit für Erfahrungen → Kreativität, Neugier, Unkonventionalität.
Verträglichkeit → Altruismus, Empathie, Kooperationsbereitschaft.
Gewissenhaftigkeit → Selbstdisziplin, Organisation, Zielstrebigkeit.
Welche Methoden gibt es zur Erfassung der Big Five?
NEO-PI-R (Costa & McCrae, 1992) → 240 Items mit 30 Facetten.
NEO-FFI (Costa & McCrae, 1985) → 60 Items, misst nur 5 Hauptfaktoren.
BFI-10 (Rammstedt, 2007) → 10 Items, ökonomische Kurzversion.
Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den Big Five und realen Lebensbereichen?
Studienerfolg → Hohe Gewissenhaftigkeit korreliert mit besseren Noten.
Partnerschaftszufriedenheit → Hohe Extraversion, Verträglichkeit & Gewissenhaftigkeit verbessern Beziehungen.
Berufserfolg → Gewissenhaftigkeit ist der beste Prädiktor.
Depression → Hoher Neurotizismus als Risikofaktor.
Welche Weiterentwicklungen der kognitiven Persönlichkeitstheorien gibt es?
Walter Mischel: Kognitive Affektive Persönlichkeitstheorie (CAPS)
Verhalten ist situationsabhängig und nicht nur durch Traits bestimmt.
Individuelle „Wenn-Dann“-Reaktionsmuster: Wenn Situation X, dann Verhalten Y.
Personality Signatures → Konsistenz in charakteristischen Reaktionsmustern, nicht in generellen Traits.
Mark Snyder: Selbstüberwachung (Self-Monitoring)
Menschen unterscheiden sich in ihrer Flexibilität der Selbstdarstellung.
Hohe Selbstüberwacher: Verhalten ist stark an soziale Situationen angepasst.
Niedrige Selbstüberwacher: Verhalten ist konsistenter, weniger abhängig von der Umgebung.
Was besagt Walter Mischels Kritik an der Konsistenz von Persönlichkeitseigenschaften?
Mischel (1968) stellte fest, dass Persönlichkeitstests Verhalten nur begrenzt vorhersagen.
Korrelation zwischen Traits und Verhalten liegt oft nur bei r = 0.30.
Verhalten ist situationsabhängig → Es gibt keine generelle Persönlichkeitskonstanz, sondern situationsspezifische Konsistenz („Wenn-Dann“-Muster).
Welche drei Datenquellen nutzt Cattell zur Persönlichkeitsmessung?
L-Daten (Life Data) → Beobachtbare Lebensereignisse (z. B. Schulnoten, Führungspositionen).
Q-Daten (Questionnaire Data) → Selbsteinschätzungen über Persönlichkeitsmerkmale.
T-Daten (Test Data) → Objektive Tests, die Verhalten unter standardisierten Bedingungen erfassen.
Was sind persönliche Konstrukte nach Kelly?
Mentale Schablonen, mit denen Menschen ihre Umwelt interpretieren.
Werden aus Erfahrungen gebildet und helfen, Ereignisse vorherzusagen.
Sind individuell verschieden und bestimmen, wie Personen die Welt wahrnehmen.
Beispiel: Eine Person kann „freundlich – unfreundlich“ als zentrales Konstrukt nutzen, während eine andere „intelligent – dumm“ bevorzugt.
Was besagt das Fundamentalpostulat nach Kelly?
Menschen verhalten sich auf Basis ihrer Erwartungen über zukünftige Ereignisse.
Die Erwartungen entstehen durch vorherige Erfahrungen und Konstrukte.
Persönlichkeit = Muster von Konstrukten, die das Verhalten steuern.
Welche zwei Hauptfaktoren bestimmen nach Rotter das Verhalten?
Erwartung (E): Wahrscheinlichkeit, dass ein Verhalten zu einem bestimmten Ergebnis führt.
Verstärkungswert (VW): Subjektive Bewertung des Ergebnisses.
Beispiel: Ein Schüler lernt für eine Prüfung:
Hohe Erwartung („Lernen führt zu einer guten Note“) → Wahrscheinlichkeit des Lernverhaltens steigt.
Hoher Verstärkungswert („Gute Noten sind mir wichtig“) → Noch größere Motivation zu lernen.
Was ist der Unterschied zwischen internem und externem Locus of Control?
Interner Locus of Control: Person glaubt, dass sie ihr Schicksal selbst steuert (z. B. „Ich kann Erfolg haben, wenn ich hart arbeite“).
Externer Locus of Control: Person glaubt, dass äußere Faktoren ihr Leben bestimmen (z. B. „Erfolg ist reine Glückssache“).
Was ist Selbstwirksamkeit nach Bandura?
Glaube an die eigene Fähigkeit, ein bestimmtes Verhalten erfolgreich auszuführen.
Hohe Selbstwirksamkeit führt zu:
Höherer Motivation.
Besserer Leistung.
Höherer Stressresistenz.
Vier Quellen der Selbstwirksamkeit:
Eigene Erfahrungen: Erfolgs-/Misserfolgserfahrungen modulieren die Selbstwirksamkeit, falls diese
Erfahrungen intern auf eigene Fähigkeiten attribuiert werden
Stellvertretende Erfahrungen: Erfolge/Misserfolge eines Modells stärken/schwächen die
Selbstwirksamkeitserwartung des Beobachters
Fremd- und Selbstbewertung: pos./neg. Feedback steigert/senkt SWE; ähnliche Effekte:
Selbstbestätigung/Eigenlob vs. Selbstzweifel/Selbstkritik
Emotionale Zustände: z.B. hohe Anspannung/Erregung während der Bewältigung eines Problems
Was sind zentrale Prinzipien von Eigenschaftstheorien?
Persönlichkeit besteht aus stabilen Traits, die das Verhalten beeinflussen.
Traits sind zeitlich und situativ relativ konsistent.
Eigenschaften sind dimensional (nicht entweder-oder, sondern auf einer Skala).
Ziel ist die messbare Beschreibung von Persönlichkeitsunterschieden.
Wie entwickelte Cattell sein Persönlichkeitsmodell?
Faktorenanalyse von tausenden Wörtern → Identifikation von 16 Primärfaktoren.
Entwickelte den 16 PF-Persönlichkeitstest zur Messung dieser Traits.
Kategorien umfassen z. B.:
Wärme
Dominanz
Emotionale Stabilität
Offenheit für Veränderungen
Was sind die drei Hauptdimensionen von Eysencks PEN-Modell?
Psychotizismus (P): Impulsivität, geringe Empathie, Kreativität.
Extraversion (E): Geselligkeit, Aktivität, Suche nach Stimulation.
Neurotizismus (N): Emotionale Labilität, Stressanfälligkeit.
Worin unterscheidet sich das PEN-Modell von den Big Five?
Beide Modelle haben Extraversion und Neurotizismus gemeinsam.
Eysenck verwendet Psychotizismus, die Big Five hingegen Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit.
Big Five sind differenzierter und haben mehr Anwendungsbereiche.