VL13 Molekulare Genetik und Epigenetik interindividueller Unterschiede Flashcards
(40 cards)
Was untersucht die molekulare Verhaltensgenetik?
Identifiziert genetische Variationen, die interindividuelle Unterschiede in Persönlichkeit, Intelligenz & Psychopathologie beeinflussen. Fokussiert auf spezifische Genorte & deren biologische Funktionen.
(Quelle: VL-Folien, S. 6-7)
Wie unterscheiden sich Menschen genetisch?
Menschen sind zu 99,9% genetisch identisch. Die 0,1% Variation betrifft ca. 3 Millionen Basenpaare. Diese Unterschiede (Polymorphismen) können Verhalten beeinflussen.
(Quelle: VL-Folien, S. 8-10)
Gibt es einzelne Gene, die Persönlichkeit oder Intelligenz steuern?
Nein! Komplexe Merkmale werden von vielen Genen beeinflusst (möglicherweise tausende). Einzelne Genvariationen erklären nur einen sehr kleinen Teil der Varianz (z. B. 0,05%).
(Quelle: VL-Folien, S. 15)
Welche Strategien gibt es zur Identifikation merkmalsrelevanter Polymorphismen?
Kandidatengenstudien → Theoriegeleitete Untersuchung spezifischer Gene. Genomweite Assoziationsstudien (GWAS) → Hypothesenfreie Analyse von Millionen SNPs.
(Quelle: VL-Folien, S. 16, 27)
Welche Persönlichkeitseigenschaft ist mit dem 5-HTTLPR-Polymorphismus assoziiert?
S-Allel → Reduzierte Expression des Serotonin-Transporter-Gens. → Erhöhte Neurotizismus-Werte. Effekt ist sehr klein & nicht durchgängig replizierbar.
(Quelle: VL-Folien, S. 17-19)
Was bedeutet Gen-Umwelt-Interaktion?
Gene beeinflussen, wie stark eine Umwelt wirkt. Beispiel: Jungen mit einer bestimmten MAOA-Genexpression zeigen nur dann antisoziales Verhalten, wenn sie misshandelt wurden (Caspi et al., 2002).
(Quelle: VL-Folien, S. 23-24)
Was zeigte die Dunedin-Studie zur Depression?
S-Allel-Träger des 5-HTTLPR-Gens hatten nur dann ein erhöhtes Depressionsrisiko, wenn sie kritische Lebensereignisse erlebten. Ohne Stress zeigte sich kein Effekt.
(Quelle: VL-Folien, S. 25)
Was ist Epigenetik?
Funktionale Modifikation der DNA ohne Veränderung der DNA-Sequenz. Umweltfaktoren beeinflussen Genaktivität durch: DNA-Methylierung (führt meist zur Stilllegung von Genen). Histonmodifikationen (steuern, wie eng DNA verpackt ist). Epigenetisches Gedächtnis → Effekte bleiben über Jahre bestehen.
(Quelle: VL-Folien, S. 39-41)
Was zeigte die Studie von Meaney & Kollegen mit Ratten?
Ratten mit wenig mütterlicher Fürsorge zeigten erhöhte Ängstlichkeit & Stressreaktionen. Ursache: Erhöhte Methylierung des Glukokortikoid-Rezeptor-Gens im Hippocampus. Effekt konnte durch pharmakologische Interventionen rückgängig gemacht werden.
(Quelle: VL-Folien, S. 43-45)
Welche epigenetischen Veränderungen zeigen sich bei Menschen mit Kindheitstraumata?
Suizidopfer mit früher Traumatisierung haben eine erhöhte Methylierung des GR-Gens. Erhöhte Stresssensitivität durch epigenetische Prägung. Nachgewiesen in Post-Mortem-Studien.
(Quelle: VL-Folien, S. 45-46)
Welche epigenetischen Veränderungen zeigen sich nach pränatalem Stress?
Kinder von stark gestressten Müttern in der Schwangerschaft zeigen erhöhte Methylierung des Glukokortikoid-Rezeptor-Gens. Zusammenhang mit erhöhtem Risiko für psychische Störungen.
(Quelle: VL-Folien, S. 47)
Können epigenetische Veränderungen vererbt werden?
Studien an Mäusen: Mäuse, die gelernt hatten, einen bestimmten Geruch zu fürchten, gaben diese Angst an ihre Nachkommen weiter. Mechanismus: Spezifische Demethylierung in der Keimbahn. Hinweise auf epigenetische Vererbung auch beim Menschen (Studien an Spermien).
(Quelle: VL-Folien, S. 49-51)
Welche Rolle spielt Epigenetik in der Psychotherapie?
Epigenetische Marker könnten Therapieerfolg anzeigen. Erste Studien zeigen: CBT verändert Methylierungsmuster im Serotonin-Transporter-Gen. Personen, die auf Therapie ansprechen, haben andere epigenetische Veränderungen als Non-Responder.
(Quelle: VL-Folien, S. 56-57)
Was bedeutet „Missing Heritability“?
Die bisher gefundenen genetischen Varianten erklären nur einen Bruchteil der geschätzten Erblichkeit für Persönlichkeitsmerkmale & Intelligenz. Gründe: Viele kleine Effekte: Einzelne SNPs haben minimale Auswirkungen. Epigenetische Mechanismen: Umwelteinflüsse steuern die Genexpression mit. Komplexe Interaktionen: Gen-Gen- und Gen-Umwelt-Interaktionen sind schwer messbar.
(Quelle: VL-Folien, S. 19, 37)
Was versteht man unter dem Endophänotypen-Ansatz?
Endophänotypen sind intermediäre Prozesse zwischen Genotyp & Verhalten. Ziel: Besseres Verständnis genetischer Effekte auf Persönlichkeit & Psychopathologie.
(Quelle: VL-Folien, S. 21-22)
Was ist Imaging Genetics?
Kombination von Genetik & Neurobildgebung zur Untersuchung von Gen-Effekten auf das Gehirn.
Beispiel: 5-HTTLPR S-Allel-Träger zeigen verstärkte Amygdala-Aktivität bei Bedrohungsreizen. Zusammenhang mit erhöhter Ängstlichkeit (Hariri et al., 2002). (Quelle: VL-Folien, S. 22)
Was sind GWAS & wofür werden sie genutzt?
Untersuchen Millionen genetischer Varianten (SNPs) ohne Vorannahmen. Identifizieren genetische Faktoren für komplexe Merkmale wie Neurotizismus & kognitive Fähigkeiten.
Beispiel: GWAS zu Neurotizismus (329.000 Personen) fand 116 signifikante SNPs. (Quelle: VL-Folien, S. 27-29)
Wie beeinflusst DNA-Methylierung die Genexpression?
Methylgruppen binden an Cytosin (CpG-Dinukleotide). Führt meist zur Stilllegung eines Gens. Methylierung kann durch Umweltfaktoren beeinflusst werden: Stress, Ernährung, Toxine → Erhöhte oder reduzierte Methylierung.
(Quelle: VL-Folien, S. 41)
Wie können frühe Erfahrungen epigenetisch wirken?
Tierstudien (Meaney & Kollegen): Wenig mütterliche Fürsorge → Erhöhte Methylierung des Glukokortikoid-Rezeptors → Stärkere Stressreaktionen. Humanstudien: Trauma in der Kindheit → Erhöhte Methylierung des GR-Gens → Erhöhte Stressanfälligkeit im Erwachsenenalter.
(Quelle: VL-Folien, S. 43-45)
Was zeigen epigenetische Studien zu Suizidopfern?
Menschen mit Kindheitstraumata haben veränderte Methylierungsmuster im Hippocampus. GR-Gen stärker methyliert → Geringere Stressregulation → Höheres Suizidrisiko.
Befunde aus Post-Mortem-Studien (Labonte et al., 2013). (Quelle: VL-Folien, S. 45-46)
Gibt es Hinweise auf epigenetische Vererbung?
Studie an Mäusen (Dias & Ressler, 2014): Mäuse wurden darauf konditioniert, Angst vor einem bestimmten Geruch zu haben. Nachkommen zeigten ebenfalls Angst vor dem Geruch – ohne direkte Erfahrung.
Mechanismus: Demethylierung des olfaktorischen Rezeptor-Gens. Hinweise auf transgenerationale Effekte beim Menschen (Roberts et al., 2018). (Quelle: VL-Folien, S. 49-51)
Welche therapeutischen Ansätze ergeben sich aus der Epigenetik?
Epigenetische Marker könnten zur Diagnostik & Therapieüberwachung genutzt werden. Erste Studien: Methylierungsmuster im Serotonin-Transporter-Gen ändern sich nach erfolgreicher kognitiver Verhaltenstherapie (CBT).
Potenzial für epigenetische Medikamente, aber ethische Fragen & Risiken. (Quelle: VL-Folien, S. 56-57)
Welche ethischen Fragen wirft die Epigenetik auf?
Lebensstil & Umwelt können langfristige epigenetische Veränderungen hervorrufen. Fragen: Wie viel Verantwortung tragen Eltern für die epigenetische „Gesundheit“ ihrer Kinder? Sollten epigenetische Marker für Versicherungen oder prädiktive Diagnosen genutzt werden?
Gefahr des Missbrauchs von CRISPR/Cas für genetische Manipulation. (Quelle: VL-Folien, S. 52)
Was versteht man unter dem Phänomen der „Missing Heritability“?
Das Problem, dass die geschätzte Erblichkeit eines Merkmals (z. B. Intelligenz, Persönlichkeit) nicht durch bekannte genetische Varianten erklärt werden kann. Bisher identifizierte SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms) erklären nur einen kleinen Bruchteil der genetischen Varianz. Ursachen: Viele kleine Effekte, Epigenetische Mechanismen, Nicht-kodierende DNA, Gen-Gen-Interaktionen, Gen-Umwelt-Interaktionen.
(Quelle: VL-Folien, S. 19, 37)