Modul 1 - einführende Reflexion Flashcards
(14 cards)
Was ist Wissenschaft?
prozessuale Komponente des systematischen Erkenntnisgewinns
* prognostische, normative oder empirische Arbeit
* Arbeitsprozess entlang einer benennbaren Methodik
institutionelle Komponente - Wissenschaft als Handlungssystem
* Denken innerhalb eines institutionalisierten Rahmens (“Spielregeln” des Wissenschaftsbetriebs)
* zB Hochschulen, Forschungsinstitute
Ergebniskomponente - Erkenntnisse als systematisch geordnetes Gefüge von Sätzen und Begründungen
* Belegbarkeit, Überprüfbarkeit, Reproduzierbarkeit
* Generierung neuen Wissens und detailgenauer Beschreibungen, Erklärungen und Interpretationen
* Qualität durch Anerkennung der “scientific community” auf der Grundlage von Qualitätskriterien (Intersubjektivität, Nachvollziehbarkeit, …)
Was ist Alltagswissen?
- subjektives, unsystematisches, routiniertes Wissen
- unzweifelhafte Realität
- Alternativen/Handlungsoptionen pragmatisch motiviert
- entsteht durch Erlebnisse/Erfahrungen
- Alltagssprache
Was ist wissenschaftliches Wissen?
- geordnetes, systematisiertes Wissen
- reflexives, belegbares und begründetes Wissen
- Theorien, Paradigmen und Methoden
- Fachsprache mit Begriffsdefinitionen
- Verbesserung der Wissensbestände (weil: immer nur vorläufiges Wissen)
Was sind weitere Wissensformen?
-
Mythos
= Erzählungen, die gesellschaftliche Themen mit (symbolischen) Bedeutungen versehen, ohne sich notwendigerweise auf reale oder logisch-kohärente Begründungen zu beziehen -
Glaube
= Erklärungsweise wird im Unterschied zum Mythos systematisch begründet, wenngleich die Letzterklärung nur im Göttlichen zu sehen ist
Differenz - modernes und traditionales Verständnis:
mit erkenntnistheoretischen Überlegungen zu logos und Vernunft werden religiöse und mythologische Erklärungen ersetzt und systematische Erfahrungen mit einem Gegenstand zur Grundlage gemacht
Wodurch begann die Wissenschaft an Bedeutung zu gewinnen?
kopernikanische Wende und Aufklärung
= Wende zum heliozentrischen Weltbild
* Vernunft: oberste Maxime, um humanistische Ziele zu erreichen
* menschliche Anliegen sollen nicht von religiösen Werten, Aberglauben oder Offenbarungen geleitet werden
* nicht mehr die Gegenstände dieser Welt, sondern der Verstand ist Prüfstein aller Dinge
Rationalismus
* beginnend mit Descartes
* erster Grundsatz/archimedischer Punkt der Erkenntnis: “Cogito ergo sum” (“Ich denke, also bin ich”)
Prinzip der funktionalen Differenzierung
= gesellschaftliche Teilbereiche spezialisieren sich und entwickeln eine Eigenlogik
* 19tes Jahrhundert
* Wissensproduktion und -verwaltung bilden ein eigenes System aus
Was sind Wissensgesellschaften?
Wissen = wichtigster Produktionsfaktor
* eigenständige Produktivkraft
* immer größere wirtschaftliche Rolle
* verantwortliche für positive & negative gesellschaftliche Entwicklungen
* ungleich verteilt (mit Wissen wächst zugleich Nichtwissen)
wissenschaftliches Wissen = Quelle für Innovationen, Grundlage für politische Entscheidungen
Indikatoren:
* engere Verknüpfung: Wissenschaft - Theorie —> Strukturwandel: Zunahme wissensgestützter Dienstleistungen
* wachsende Sektoren der Informationsverarbeitung
* Phänomen der “Wissensarbeiter”
* Bedeutung immateriellen Kapitals
Wie und wann haben sich Institutionen der Wissenschaft entwickelt?
Universität
* mit eigener Organisationsstruktur
* Produkt des (christlich geprägten) Mittelalters
Universitätsgründungen:
* 12tes Jhd: Bologna
* 13tes Jhd: Oxford, Cambridge, Paris
* bis 15tes Jhd: ca. 80 weitere
* Österreich: Wien 1365, Graz 1585, Linz 1674
Was ist wissenschaftliche Tätigkeit im Entdeckungszusammenhang?
nicht wertneutral
* Anlass der Studie: zB politisch bedeutendes Thema, persönliche Erfahrungen
* Einschränkung der Fragestellung
* Auswahl von sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Theorien und Reichweite der Untersuchung
Was ist wissenschaftliche Tätigkeit im Begründungszusammenhang?
soll allgemeinen Gültigkeitskriterien folgen
* intersubjektive Überprüfbarkeit
* methodische Nachvollziehbarkeit
* Argumentationslinien
* Beweis- und Begründungspflicht
* Theorieentwicklung und (allenfalls) -prüfung
Was ist wissenschaftliche Tätigkeit im Verwertungszusammenhang?
Verwendbarkeit
* Publikation von Daten, Belegen und Argumentationen
* “Öffnen” für Prüfung
* Diskurs, um die Erkenntnisse zur Diskussion und Kritik zu stellen
* kann auch bedeuten, in politischem Diskurs verwendet zu werden
Was sind nach Max Weber die wichtigsten Leitlinien für die Haltung eines Wissenschaftlers?
- von der und für die Wissenschaft leben
- Wissenschaft kann mögliche Stellungnahmen zu einem Problem und entstehende Folgen erläutern
- strenge Spezialisierung kann Gefühl erzeugen, etwas dauerhaftes geleistet zu haben
- Ideal völliger Neutralität der Forschung (autonom, rein, voraussetzungs- und wertefrei)
- Aussagen sollen frei von normativem Gehalt sein (empirische Tatsachen nicht mit wertenden Stellungsnahmen vermischen)
Was sind die Formen wissenschaftlichen Arbeitens?
ohne unmittelbar praktisches Ziel in der Verwendung: Grundlagenforschung
* (Teil-)Bereich universitärer Forschung
* Zentrum: Erkenntnisgewinn, ohne den Nutzen für konkrete Entwicklungen einzubeziehen
* primäres Qualitätskriterum: Wahrheit, Erkenntnisfortschritt
* durch institutionelle Logiken der Wissenschaft bewertet
mit direkter Nützlichkeit
* zB in politischen/betrieblichen Kontexten
* außeruniversitäre Forschungsinstitute (zB Erarbeitung sozialpolitischer Maßnahmen)
* industrielle Forschung (zB Arbeit an spezifischer Problemlösung für Produktion)
* Qualitätskriterien einer “Entwicklung” variieren (zB Kosteneffektivität vs. Nachhaltigkeit)
* Erkenntnisse stehen in unmittelbarem Anwendungszusammenhang
Was charakterisiert die Sprache in der Wissenschaft?
- Fachvokabular mit hoher Funktionalität - rasche und präzise Verständigung
- Diskurse, um differenziert argumentieren zu können - logischer und rationaler Aufbau
- übersichtliche und konsistente Struktur von Texten
- Verständlichkeit von wissenschaftlichen Arbeiten
- nicht nur rhetorische “Ich-Form”-Vermeidung, sondern eigene Position im Lichte der Literatur herausarbeiten (Unterschied: Eigen- und Fremdperspektive)
- umsichtiger Umgang und Differenzierung: Vermutungen - belegbaren Fakten (Belegzwang)
Wie kann das Höhlengleichnis von Platon gedeutet werden?
Deutung durch Sokrates
* philosophische Bildung soll ermöglichen, “die Idee (des Guten)” zu sehen
* Aufstieg ans Tageslicht = Aufstieg der Seele von der Welt der vergänglichen Sinnesobjekte
* Philosoph ist verpflichtet, in die Höhle zurückzukehren, denn er trägt Verantwortung für seine Mitbürger
weitere Schlussfolgerungen
* Sinne zeigen nicht das Eigentliche
* Weg zur Erkenntnis ist beschwerlich
* Einsamkeit des Erkennenden
* Schwierigkeit der Vermittlung von Erkenntnissen