Modul 3 - gesellschaftliche Dimensionen und soziale Verantwortung Flashcards

(16 cards)

1
Q

Welche Formen von Gesellschaft und Erkenntnis gibt es?

A

gesellschaftliche Voraussetzungen formieren Wissen: spiegeln sich in historischen Epochen wider
* archaische Gesellschaft: Mythos
* Agrargesellschaft: Religion/Theologie
* bürgerliche Gesellschaft - Antike: Philosophie
* mittelalterliche Feudalgesellschaft: scholastische Philosophie
* bürgerliche Gesellschaft - Neuzeit: klassische Erkenntnisphilosophie
* frühe Moderne: Positivismus, Hermeneutik
* Hochmoderne: analytische Philosophie, kritischer Rationalismus, kritische Theorie
* Postmoderne: Kritik des kritischen Rationalismus, Neo-Konstruktivismus, Wissenschaftsforschung

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2
Q

In welchem Sinne ist die Erkenntnislogik nur ein Teil von Wissenschaftstheorie?

A

Wissenschaftstheorie: Beschäftigung mit gesamtem Kontext von Erkenntnisgewinnung
* Rahmenbedingungen
* Verteilung von (Forschungs-)Ressourcen
* Normen
* Denkweisen
* Wirkung von (neuem) Wissen auf die (soziale) Welt
* Selektion und Konstitution von Forschungsthemen
* gesellschaftliche/politische/ökonomische Verhältnisse, die Themen und Paradigmen fördern/hemmen
* betriebliche Forschung, die Ergebnisse privatisiert

Wissenschaftsforschung: Beschäftigung mit sozialen Prozessen
* Kommunikations- und Kooperationsverhältnisse
* soziale Mechanismen im wissenschaftlichen Kontext
* …

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3
Q

Was sind stereotypische Bilder der Tätigkeit von Wissenschaftlern?

A

Zauberer
* hat durch wissenschaftliche Rationalität Macht über die Natur
* Zufall und Glück als Widerspruch spielen eine Rolle bei Entdeckungen

Experte
* hat Know-How
* rationaler und effizienter Analytiker
* besitzt adäquate Problemlösungskompetenz

Schöpfer/Zerstörer
* repräsentiert Ambiguität gegenüber der Wissenschaft: nicht nur positive, sondern auch negative Erfahrungen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen

Held
* intelligent und kreativ
* liegt im amerikanischen Trend der ständigen Suche nach neuem Land
* optimistischer Glaube an verbesserte Zukunft durch Wissenschaft

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4
Q

In welchem Sinne ist Forschung sozial organisiert?

A
  • Wissenschaft = soziale Aktivität innerhalb institutioneller Strukturen
  • wissenschaftliche Erkenntnisse erlangen durch Bestätigung der “scientific community” an Bedeutung
  • wissenschaftliches Arbeiten passiert innerhalb von sozialen Hierarchien (Kenntnis, welche Zeitschriften führend sind, wer Prestige hat, …)
    —> wirkt auf Systemebene weiter und führt zu Selektionen im Hinblick auf das Forschungsthema
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5
Q

Welche Strukturen bestehen innerhalb wissenschaftlicher Institutionen?

A
  • Wissenschaft = Feld mit einem Kampf um Macht und Anerkennung

Bourdieu:

zwei gegensätzliche Hierarchisierungsprinzipien im universitären Feld:
* kulturelles Kapital (Maßgabe: wissenschaftliches Autorität)
* ökonomisches/politisches Kapital

zwei sich gegenüberstehende Machtarten im universitären Feld:
* wissenschaftliche Macht (über scientific community und Publikationen)
* Macht der Wissenschaftsverwalter (an Positionen gebunden)

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6
Q

Was kennzeichnet die kritische Theorie?

A

Merkmale
* Wissenschaft hat doppelten Bezug auf Gesellschaft: gesellschaftsbestimmende Produktivkraft + durch Gesellschaft bedingten Strukturzusammenhang
* Intention: Materialismus von Marx historisch und analytisch neu interpretieren
* bedeutende Punkte: dialektische Einheit von Theorie und Praxis (Totalität von Gesellschaft)
* Reflexion des eigentlichen wissenschafltichen Tuns (Analyse als Teil der Gesellschaft)

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7
Q

Was war der Positivismusstreit?

A

kritischer Rationalismus vs. kritische Theorie
Poppers Hauptthesen
* Einheit von Natur- und Sozialwissenschaften
* Problemlösung von Einzelaspekten

Frankfurter Schule
* Positivismus: wohnt verschleiertes normatives Interesse inne
* Sinnesverständnis als konstitutiv
* nicht alle gesellschaftlichen Theoreme lassen sich in die formale Sprache eines hypothetisch-deduktiven Zusammenhangs bringen
* man kann nicht zB historisches Material gleich wie naturwissenschaftliche Ereignisse behandeln
* Gedanke muss auch ohne strenge wissenschaftliche Falsifikation Legitimation behalten

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8
Q

Was waren die Laborstudien in Bezug auf die Fabrikation der Erkenntnis?

A
  • Studien in großem Forschungszentrum der USA
  • mit ethnographischen Methoden wurden die wissenschaftlichen Aktivitäten von Oktober 1976 - Oktober 1977 in einem Labor untersucht
  • Fokus: Arbeit des Wissenschaftlers, Produktion von Texten, Form der Kreativität und Herstellung von Erkenntnissen
  • Ergebnis: Erkenntnisse entstehen nicht nur/nicht primär durch das Testen und wissenschaftliche Hypothesen, sondern sind an lokalen und sozialen Gelegenheiten orientiert
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9
Q

Wie hängen Wissenschaft, Staat und Wirtschaft zusammen?

A
  • Wissenschaft: primär Erkenntnisgewinn
  • Wirtschaft/Wissenschaft/Politik: Systeme mit eigenen Handlungslogiken und Codes
  • Wirtschaft und Staat haben Interesse an Forschung, aber Staat ist weniger bereitwillig zur Finanzierung und Wirtschaft ist stärker an Anwendungsbezogenheit der Forschung orientiert
  • Wissenschaft versucht sich gegen Eingriffe von Staat und Wirtschaft abzugrenzen: durch Steuerungs- und Kontrollmechanismen können Eigenschaften des Systems verloren gehen
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10
Q

Was besagt die Frage der Verantwortung für die Folgen neuer Erkenntnisse und was sind Beispiele dafür?

A

= ethische Fragen und Verantwortung für die Folgen von wissenschaftlichen Entwicklungen

Beispiele
* Entwicklung zur Kernspaltung (für Waffen genutzt - Wertehaltung von Oppenheimer?)
* Genforschung
* Pränataldiagnostik/reproduktives und therapeutisches Klonen
* Nachhaltige Entwicklung/Ökologie

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11
Q

Was sagt die Wissenschaftsethik über soziale Verantwortung?

A

Verantwortung für Auswahl des Themas und der Durchführung einer Studie
* Anspruch und wissenschaftstheoretische Ausrichtung
* Berücksichtigung von Qualitätskriterien
* nicht Wirtschaft/Politik untergeordnet, Folgen zu verantworten

Verantwortung für Anwendung und Verwertung von Erkenntnissen einer Studie
* nicht ausschließlich Wissenschaftler
* Frage, inwieweit Erkenntnis von Politik/im Alltag wahrgenommen wird
* Erkenntnisse benötigen Bedürfnisse der Menschen, die als Öffentlichkeit Koproduzenten der Verbreitung des Wissens sind

Verantwortung bei der Durchführung der Forschung
* Verweis auf Gütekriterien empirischer Sozialforschung

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12
Q

Welche Gütekriterien empirischer Sozial- und Wirtschaftsforschung gibt es?

A

herkömmliche Gütekriterien aus dem Bereich der Logik der Rechtfertigung:
* begriffliche Exaktheit
* reliable Messung
* empirische Überprüfbarkeit
* Anwendung statistischer Verfahren

Güte als Ergebnis externer Forschungsevaluation:
* Differenzierung durch Indikatoren (zB Menge an Publikationen/Zitationen/…)

Güte aufgrund der Logik der Entdeckung
* Kreativität
* Innovation
* Anregungsgehalt

Güte als Gegenstandsangemessenheit:
* adäquate Passung von Gegenstandsstruktur und Forschungsmethodik

Güte als Ergebnis einer humanen Ethik im Forschungsprozess:
* Nicht-Schädigung von Untersuchungssubjekten

Güte als Technologiefähigkeit von Forschung:
* praktische Anwendbarkeit
* Nützlichkeit
* Verwertbarkeit
* praktische Relevanz
* emanzipatorische Relevanz (dienen Forschungsergebnisse der Selbstrelexion und Ausweitung von Handlungsmöglichkeiten?)

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13
Q

Was sind mögliche Fragen der Ethikkommissionen bei Kontrolle der Forschungsstandards?

A

Beispiel: psychologische Forschung
* Schützt und sichert die Studie Würde, Wohlergehen, Sicherheit und Gesundheit der Teilnehmer?
* Haben die Teilnehmer die nötige Information erhalten?
* Sind die Teilnehmer über mögliche Risiken aufgeklärt?
* Geschieht die Teilnahme freiwillig?
* Übersteigt der Nutzen die Risiken in ethischer Hinsicht?
* Werden die Daten anonymisiert erfasst?
* …

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14
Q

Was war das Projekt Camelot?

A
  • 1964 vom amerikanischen Verteidigungsministerium angeboten (4 Jahre, 6 Mio USD)
  • Ziel: Systemmodell zur Vorhersage und Beeinflussung gesellschaftlicher Entwicklungen und insbesondere Konflikten entwickeln (v.a. in Lateinamerika)
  • vorzeitige öffentliche Diskussion des Projekts: Konflikt zwischen zivilen und militärischen Institution in Amerika, der 1965 mit einer Absage endete
  • Wissenschaftler gaben schon Zusage aufgrund der Ressourcen für ein größeres Forschungsprojekt
  • Kritik: (imperialistische) Ziele, Konzeption durch amerikanisches Militär, untergeordente Rolle der Wissenschaft
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15
Q

Wie können Erkenntnisse vermittelt werden?

A

Expansion des Outputs an Wissen
* Forschung berücksichtigt bei Darstellung von Erkenntnissen, dass sie an andere Systeme anschlussfähig sein sollte (öffentliche Diskussionen, Institutionen)

neue Schnittstellen der Vermittlung wurden entwickelt
* Grund: Kluft Alltagswissen - spezialisierte Erkenntnisse der extrem ausdifferenzierten Forschungsbereiche
* zB Museen, Ausstellungen, Wissenschftsladen, populärwissenschaftliche Literatur

Einstufung von Erkenntnissen
bedeutsam:
* inwieweit knüpft Forschung an Konjunkturen wissenschaftlicher Theorien/prestigeträchtige Verfahren an
* soziale Verankerung in wissenschaftliche Netzwerke
* Kooperationen mit privaten/kommerziellen Instanzen
* Umgang mit Wissenschafts-Bürokratien

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16
Q

Wie kann mit Erkenntnissen umgegangen werden?

A

vier Mechanismen des Umgangs mit Erkenntnissen
Inkohärenz
* Schulwissen, medienvermitteltes Wissen und Erfahrungswissen instabil
* Wissen wird jeweils neu konstruiert

Inadäquanz
* Einstufung und Gebrauch wissenschaftlichen Wissens variiert nach Bedürfnislage

Unglaubwürdigkeit
* Modell der Aufklärung durch Wissenschaft weithin nicht automatisch gültig

Inkonsistenz
* öffentliche Diskurse untergraben zwar privilegierte Position des WIssenschaftlers, aber schaffen auch Option, um an Positionen anzuschließen