Arbeitspflicht Flashcards
(14 cards)
Begriff Arbeitspflicht
• aus Sicht des Arbeitnehmers: eine Schuld
• aus Sicht der Arbeitgeberin: eine Forderung
• vermögensrechtliche Natur
• Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers
• Austauschverhältnis zur Lohnzahlungspflicht (= Hauptleistungspflicht der Arbeitgeberin)
Arbeitspflicht in persönlicher Hinsicht
• Grundsatz: persönliche Leistungspflicht des Arbeitnehmers (Art. 321 OR; vgl. auch Art. 68 OR)
• Ausnahmen
anderslautende Vereinbarung
Umstände
• Grundsatz: Pflicht zur Leistung an die Arbeitgeberin
• Ausnahmen (Leistung an Dritte)
z.B. Personalverleih
grundsätzlich unzulässig: via Weisung oder Abtretung (vgl. Art. 333 Abs. 4 OR)
Arbeitspflicht in zeitlicher Hinsicht
• Begriff (vgl. auch Art. 13 ArGV 1)
Festlegung:
• durch Einzel-, Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag
• durch betriebliche Übung
Grenzen:
Vorgaben des Arbeitsgesetzes (ArG), insbesondere bzgl. (Art. 9 ff. ArG)
• wöchentlicher Höchstarbeitszeit
• Tages-, Abend- und Nachtarbeit
• Sonntagsarbeit
• Ruhezeiten und Pausen
Gestaltungsmöglichkeit Arbeitspflicht zeitlicher Hinsicht
• z.B. Teilzeitarbeit
• z.B. Job Sharing
• z.B. Jahres- oder Lebensarbeitszeit
• z.B. gleitende Arbeitszeit
• z.B. Vertrauensarbeitszeit (vgl. aber: Pflicht zur
Arbeitszeitaufzeichnung, Art. 73 ff. ArGV 1)
• z.B. Arbeit auf Abruf
• z.B. ständige Erreichbarkeit
• z.B. Pikettdienst
Überstundenarbeit
321c OR
• Begriff: Arbeitsstunden, welche die vertragliche bzw. Normalarbeitszeit überschreiten
• Pflicht zur Leistung von Überstunden (Art. 321c Abs. 1 OR):
Notwendigkeit
Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers
Zumutbarkeit
• Nur innerhalb der Grenzen des Arbeitsgesetzes: z.B. Höchstarbeitszeit, freie Tage und Pausen, Nacht- und
Sonntagsarbei
Abgeltung von Überstunden
321c Abs. 2 und 3 OR
Vorfragen:
• Anspruch unabhängig von Notwendigkeit, sofern von Arbeitgeberin angeordnet bzw. geduldet
• Anspruch auch ohne Anordnung, sofern nach Treu und Glauben notwendig
• Anspruch leitender Angestellter?
• andersgeartete Tätigkeit
Abgeltungsform:
• Lohn zuzüglich Zuschlag von mindestens 25 %
• im Einverständnis: Zeitausgleich durch Freizeit (ohne Zuschlag)
• dispositives Recht: durch schriftliche Abrede, Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag können andere, für den Arbeitnehmer auch ungünstigere Regelungen getroffen werden, bis hin zum Ausschluss jeder Vergütung bzw. Zeitkompensation)
Abgrenzungen Überstunden
Abgrenzungen:
• nicht bezogene Ferien-, Feier- und Freitage
• Gleitzeitüberhang
• Mehrarbeit im Rahmen eines eingeräumten Spielraums (z.B. Jahresarbeitszeit)
• Vereinbarte Erweiterungen oder Verlagerungen der Arbeitszeit (z.B. Vorholzeit mit Blick auf eine Festtagsbrücke)
Abrenzungen Überzeit
Überzeit:
• Begriff: Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit
• 45 oder 50 Stunden pro Woche (Art. 9 ArG)
• Ausnahmekonstellationen, die zu Überzeitarbeit berechtigen: Art. 12 ArG
• Entschädigung (Art. 13 ArG):
• Lohn zuzüglich Zuschlag von mindestens 25 %
• im Einverständnis: Zeitausgleich durch Freizeit (ohne Zuschlag)
• zwingendes Recht (Ausnahme in Art. 13 Abs. 1 ArG für die ersten 60 Überzeitstunden im Kalenderjahr für bestimmte Arbeitnehmerkategorien)
Arbeitspflicht in örtlicher Hinsicht
• Gegenstand vertraglicher Vereinbarung, ansonsten am Betriebsort
• Arbeitsort als räumlicher Mittelpunkt, was Arbeitsleistungen an nderen Orten nach den Umständen nicht ausschliesst (z.B. Dienstreisen)
• Neufestlegung
durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung
via Weisungsrecht nur in besonderen Fällen und im Rahmen des Zumutbaren
• Unterscheidung vom Arbeitsplatz
Arbeitspflicht in gegenständlicher Hinsicht
• Schlüsselfrage: Welche Arbeit hat der Arbeitnehmer zu verrichten?
• primärer Anknüpfungspunkt: Arbeitsvertrag bzw. auszuübende Funktion/Stelle (= sog. Hauptarbeit)
• im so abgesteckten Rahmen: Konkretisierung durch das Weisungsrecht der Arbeitgeberin (vgl. Art. 321d OR); Grenze: Treu und Glauben bzw. Zumutbarkeit
besondere Fragestellungen:
• Hilfsarbeit
• Sonderarbeit
• blosse Arbeitsbereitschaft
• mittelbare Streikarbeit
Arbeitspflicht in qualitativer Hinsicht
• Pflicht zur sorgfältigen Ausführung der übertragenen Arbeit (Art. 321a Abs. 1 OR)
• Sorgfalt als Haftungsmassstab (vgl. Art. 321e OR)
• Sonderregelung für Maschinen, Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen und Anlagen sowie Material (Art. 321a Abs. 2 OR)
Entfallen der Arbeitspflicht
• Annahmeverzug der Arbeitgeberin (Art. 324 OR)
• unverschuldete Arbeitsverhinderung des Arbeitnehmers (Art. 324a OR)
• Gewährung von Freizeit und Ferien (Art. 329 ff. OR)
• Urlaub (Art. 329e ff. OR)
• für ausserschulische Jugendarbeit (Art. 329e OR)
• Mutterschaftsurlaub (Art. 329f)
• Urlaub des andern Elternteils (Art. 329g und 329gbis OR)
• Urlaub für die Betreuung von Angehörigen oder eines wegen Krankheit oder Unfall schwer beeinträchtigten Kindes (Art. 329h und 329i OR)
• Adoptionsurlaub (Art. 329j OR)
• vereinbarter, meist unbezahlter Urlaub
• Teilnahme an einem rechtmässigen Streik
• das Entfallen der Arbeitspflicht ist strikt von der Frage zu unterscheiden, ob und in welchem Umfang während dieser Zeit ein Anspruch auf Lohnzahlung besteht
• beispielhaft: Absenzen im Zusammenhang mit COVID-19 (Auswahl):
• COVID-19-bedingte Erkrankung bzw. Arbeitsverhinderung
• COVID-19-bedingte Isolation bei positivem Testresultat (auch
ohne Symptome bzw. Verringerung der Arbeitskraft)
• Quarantäne
• Betreuung erkrankter bzw. positiver Kinder/Angehöriger
• Behördlich Betriebsschliessung (vgl. BGE 150 III 22)
• verspätete Ferienrückkehr (vgl. Regionalgericht Bern-
Mittelland, CIV 21 2317 FAU vom 17.2.2022)
Erfüllungszwang: grundsätzlich gegeben, aber praktisch bedeutungslos
Verweigerung der Lohnzahlung: bei Nichterfüllung: +; bei Schlechterfüllung: -
Schadenersatz (Haftung): nach Art. 321e OR
Konventional- oder Ordnungsstrafen: Bestimmtheit (Höhe und Tatbestände), Verhältnismässigkeit, Disziplinar-, nicht Ersatzcharakter
ordentliche Kündigung: Grundsatz der Kündigungsfreiheit
ausserordentliche Kündigung: in schweren Fällen oder nach Verwarnung
SE des Arbeitnehmers 321e OR
Voraussetzungen:
• Schaden
• Vertragsverletzung
• Kausalität
• Verschulden (Beweislast?)
Schadenersatzbemessung:
• Berufsrisiko
• Bildungsgrad/Fachkenntnisse
• Fähigkeiten/Eigenschaften
• selbstverschulden AG
• leichtes Verschulden
• geringer Lohn