Treuepflicht Flashcards
(12 cards)
Begriff
• allgemeine Treuepflicht und gesetzlich normierte Konkretisierungen
• Bündel von Nebenpflichten
• Ergänzung zur Arbeitspflicht (Hauptpflicht) und Gegenstück zur Fürsorgepflicht (Nebenpflicht der Arbeitgeberin)
• überwiegend Unterlassungspflicht, punktuell aber auch Handlungspflicht (z.B. Mitteilungs- und Herausgabepflicht)
• grundsätzlich beschränkt auf (mit Ausnahmen)
• dienstliches Verhalten
• Dauer des Arbeitsverhältnisses
• geprägt durch Umstände des Einzelfalls (z.B. erhöhte Pflichten für leitende Angestellte oder Tendenzträger)
• begrenzt durch überwiegende Interessen des ArbeitnehmersSe
Allgemeine Treuepflicht
• Art. 321a Abs. 1 OR: «Der Arbeitnehmer hat (…) die
berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu
wahren.»
• Unmöglichkeit einer erschöpfenden Aufzählung
• Fehlen scharfer Kriterien
• Bildung von Fallgruppen
• grosse Bedeutung von Lehre und Rechtsprechung
• dispositiver Charakter von Art. 321a OR: vertragliche Einschränkungen, Erweiterungen und Konkretisierungen sind grundsätzlich zulässig
Pflicht zur sorgfältigen Behandlung der Produktionsmittel
• Art. 321a Abs. 2 OR: «Er hat Maschinen, Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen und Anlagen sowie Fahrzeuge des Arbeitgebers fachgerecht zu bedienen und diese sowie Material, die ihm zur Ausführung der Arbeit zur Verfügung gestellt werden, sorgfältig zu behandeln.
Pflicht zur Unterlassung von Schwarzarbeit
• Art. 321a Abs. 3 OR: «Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert.»
• mehrdeutiger Begriff der Schwarzarbeit
• Verhältnis von Art. 321a Abs. 1 und Abs. 3 OR
• Nebentätigkeit ist grundsätzlich zulässig, soweit sie nicht mit Art. 321a OR kollidiert
• typische, mit Art. 321a OR unvereinbare und damit unzulässigeTätigkeiten (ob entgeltlich oder unentgeltlich, ob für sich selbst oder Dritte)
• Konkurrenzierung der Arbeitgeberin
• Beeinträchtigung des Ansehens der Arbeitgeberin
• Nebentätigkeit beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und damit die ordentliche Erfüllung der Arbeitspflicht
• grundsätzlich zulässig: blosse Vorbereitung einer konkurrenzierenden Tätigkeit (BGE 138 III 67)
• dispositive Bestimmung: vertragliche Erweiterungen sind in den Grenzen von Art. 27 ZGB zulässig (z.B. Verbot von Nebentätigkeiten oder Melde- oder Bewilligungspflichten)
Geheimhaltungspflicht im Allgemeinen
• Art. 321a Abs. 4 OR: «Der Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäfts geheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen; auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.
• Geheimhaltungsbegriff (vgl. auch BGE 138 III 67)
• Tatsache ist nicht offenkundig
• Tatsache ist nicht allgemein zugänglich
• berechtigtes Geheimhaltungsinteresse
• erkennbarer Geheimhaltungswille
• Arten von Geheimnissen
• Fabrikationsgeheimnisse
• Geschäftsgeheimnisse
• Berufsgeheimnisse
• sonstige Geheimnisse
• Art. 321a Abs. 4 OR «(…) im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt
Geheimhaltungspflicht während des Arbeitsverhältnisses
• Art. 321a Abs. 4 Halbsatz 1 OR
• Verwertungs- und Mitteilungsverbot
Geheimhaltungspflicht nach dem Arbeitsverhältnis
• Art. 321a Abs. 4 Halbsatz 2 OR: «(…) auch nach dessen Beendigung, (…) soweit zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich»
• Fallbeispiel einer das Vertragsverhältnis überdauernden Pflicht
• trotz widersprüchlichem Gesetzeswortlaut nicht nur Mitteilungs-, sondern auch Verwertungsverbot
• Einzelfallabwägung zwischen Geheimhaltungsinteresse der Arbeitgeberin und dem Interesse des Arbeitnehmers an wirtschaftlicher Entfaltung und beruflichem Fortkommen
• dispositives Recht: vertragliche Erweiterungen oder Einschränkungen sind zulässig
• weitere gesetzliche Geheimhaltungspflichten, die nachwirken können (Auswahl)
• Art. 162 StGB (Verletzung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses)
• Art. 321 StGB (Berufsgeheimnis von Anwälten und Ärzten)
• Art. 47 BankG (Bankkundengeheimnis)
Geheimhaltungspflicht: whistleblowing
• Fehlen einer gesetzlichen Regelung (2020 gescheitertes Gesetzgebungsprojekt); Rechtsfortbildung durch Richterrecht in dessen Zentrum eine dreistufigemMeldekaskade steht
• 1. unternehmensinterne Meldung
• 2. Meldung an die zuständige Behörde
• 3. Gang an die Öffentlichkeit (ultima ratio, Interessenabwägung
notwendig)
• Ausnahmen z.B. bei Untätigkeit, Gefahr in Verzug oder Vereitelungsgefahr
• wird die Meldekaskade eingehalten: keine Verletzung der Geheimhaltungs- bzw. Treuepflicht; Kündigungsschutz (Art. 336 OR)
Rechenschafts- und Herausgabepflicht
• Art. 321b OR
• Rechenschaftspflicht (Abs. 1)
• Herausgabepflicht
• von Dritten erhalten (Abs. 1)
• selber hervorgebracht (Abs. 2)
• Vorbehalt: Verrechnungs- und Retentionsrecht des Arbeitnehmers (Art. 120 ff. OR und Art. 895 ff. ZGB
Verletzung der Treuepflicht
Erfüllungszwang: z.B. Herausgabe Geheimnisschutz
Verweigerung oder Herabsetzung der Lohnzahlung: -
Konventional- oder Ordnungsstrafen: Bestimmtheit (Höhe und Tatbestände), Verhältnismässigkeit Disziplinar-, nicht Ersatzcharakter
ordentliche Kündigung: +
ausserordentliche Kündigung: in schweren Fällen oder nach Verwarnung
Schadenersatz: nach Art. 321e OR