Schmerzpsychotherapie I (25.05.25) Flashcards

(83 cards)

1
Q

Wie definiert sich Schmerz laut Internation Assosiation for the Study of Pain?

A

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

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Q
A
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Q

Was sind die Vorzüge der Definition

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

A
  • Aufgabe der Kausalverknüpfung von Gewebeschädigung und Schmerzreaktion
  • Hervorhebung emotionaler Aspekte, Unterscheidung von Schmerz und sensorischer Vorgänge
  • Rein „psychische“ Schmerzen werden aus Bereich der Schmerzforschung herausgenommen
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4
Q

Was sind die Defizite der Definition

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“

A
  • keine Unterscheidung von akutem und chronischem Schmerz
  • zu einseitige Definition von Schmerz als Erleben
  • Schmerzverhalten wird nicht berücksichtigt
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5
Q

Wie lässt sich akuter Schmerz von chronischem Trennen?

A
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6
Q
A
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7
Q

Beschreibe das Bio-Psycho-Soziale-Konzept bei Schmerzstörungen

A
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8
Q

Beschreibe das Diathese-Stress-Modell bei Schmerz

A
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9
Q

Welche Prozesse der klassischen Konditionierung sind bei Schmerzstörungen relevant?

A

Reiz-Reaktions-Lernen

Schmerzverhalten als Reaktion auf den Schmerzreiz

Koppelung eines ursprünglich neutralen Ereignisses (Körperdrehung) mit Schmerz (bei RS)

Konsequenz Schonhaltung und Verstärkung des Mechanismus

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10
Q

Welche Prozesse der operanten Konditionierung sind bei Schmerzstörungen relevant?

A

Lernen durch Konsequenzen vorrangig durch Reaktionen der Umwelt

a) Positive Verstärkung: Zuwendung, Aufmerksamkeit durch Dritte, finanzielle Vorteile

b) Negative Verstärkung: Rückzugsmöglichkeit aus belastenden Lebensumständen, Entlastung von Verantwortung, Vermeidung von Konfrontation und/oder unangenehmen Tätigkeiten

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11
Q
A
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12
Q

Welche Prozesse des Modelllernens sind bei Schmerzstörungen relevant?

A

Wichtigste Modelle: Herkunftsfamilie

Umgang mit Schmerzen

Erlernt werden: Konzepte, Erwartungen und Einstellungen

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13
Q

Beschreibe das Avoidance-Endurance-Modell bei Schmerzstörungen

A

Extremes Vermeidungsverhalten sowie stark ausgeprägtes Durchhaltevermögen (suppressive Kognitionen) = Chronifizierungsfaktoren für RS

Optimum: rhythmischer Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung (adäquate Belastung der Muskulatur ermöglicht optimale Versorgung der Bandscheiben)

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14
Q

Beschreibe das kognitiv-verhaltenstheoretische Modell zur Somatisierung

A
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15
Q

Warum ist es wichtig das Schmerz eine Angstkomponente hat?

A

Um die Situation schnell verlassen zu können

Schutz

Vermeidung weiterer Verletzung

Lernen schmerzauslösende Situationen zu vermeiden (Beispiel Herdplatte)

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16
Q
A
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17
Q

Welche emotionale Komponente hat akuter Schmerz?

A

Angst

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18
Q

Welche emotionale Komponente hat chronischer Schmerz?

A

Verzweiflung
Hoffnungslosigkeit
Depression

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19
Q

Warum macht es aus psychischer Sicht Sinn dass wir chronische Schmerzen haben?

A

Für die Patienten ist es ein Sinnverlust

Körperlicher Schmerz als Ausdruck psychischer Konflikte (Beispiel Trauma)

Schmerz als Verarbeitungmechanismus

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20
Q

Zeitkriterium wann sprechen wir von akuten Schmerzen und ab wann von chronischen Schmerzen

A

Chronisch wenn länger als 3 bzw. 6 Monate

Akut wenn klare Ursache erkennbar

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21
Q

Wie verstehen sie Somatisierung auf der verhaltenstherapeutischen Ebene?

A
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22
Q

Wie sollte sie Schmerzanamnese aufgebaut sein?

A

Aktuelle Beschwerden

Entwicklung Chronifizierung/ Behandlungen

Einflussfaktoren und Bedingungen

eine spezielle Situation im Zusammenhang mit Schmerz

Familienanamnese

Sonstige Beschwerden

Persönliche Entwicklung und aktuelle Lebenssituation

Persönlichkeit und Bewältigungsstrategien

Krankheitskonzept

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23
Q
A
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24
Q

Wie verstehen sie Somatisierung auf der verhaltenstherapeutischen Ebene?

A
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25
Wie können aktuelle Beschwerden im Rahmen der Schmerzanamnese gut abgefragt werden?
Visuelle Analogskala (VAS) Nummerische Ratingskala (NRS) Schmerzlokalisation, Qualität, Häufigkeit, Dauer, Intensität, Schmerzbeginn Körperschema Verfahren: Schmerzprotokolle, Tagebücher, Aktivitätenliste Pain Disability Index (PDI), Sensorische Schmerzempfindungsskala (SES)
26
Wie sollte die Entwicklung der Chronifizierung in der Schmerzanamnese abgefragt werden?
Behandlungsbeginn und Behandlungsversuche Medikamentenanamnese Sozialmedizinische Verfahren Verfahren: Mainzer Pain Staging System (MPSS, Gerbershagen) Liste: Darstellung eigener Zeitverlauf Beginn Beschwerden sowie erfolgte Behandlungsmaßnahmen
27
Beschreibe das MPSS
Mainzer Pain staging system
28
Was sind psychologische Mechanismen der Chronifizierung bei Schmerzen?
Somatische Faktoren Krankheitsgewinn Emotionale Faktoren Schmerzbezogene Kognitionen Verhaltensbezogene Schmerzbewältigung Iatrogene Faktoren Private und berufliche Stressoren
29
Was ist das MASK?
Neuer Ansatz der DGSS (Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes) zur Systematisierung chronischer Schmerzen 2 Dimensionen der MASK: (1) MASK-S: Somatische Dimension (2) MASK-P: Psychosoziale Dimension ermöglicht interdisziplinäre Diagnose sowie effizientere Weiterbehandlung
30
Welche Dimensionen hat das MASK-P?
Motorisch-verhaltensmäßige Schmerzverarbeitung Emotionale Schmerzverarbeitung Kognitive Schmerzverarbeitung Krankheitsbezogene Metakognitionen Aktuelle Stressoren Traumata/ Belastungen Lebensgeschichte (+Zeitraum) Habituelle Personenmerkmale Maladaptive Stressverarbeitung Psychophysiologische Dysregulation Konfliktverarbeitungsstile Funktionale Zusammenhänge
31
Was sind schmerzbezogene Kognitionen?
32
Was sind „Yellow Flags“ bei chronischen Schmerzen?
Verhalten - Ausgeprägtes Schonverhalten - Rückzug von normalen Alltagsaktivitäten - Ausgeprägtes Vermeidungsverhalten - Extremes Schmerzverhalten (auch Intensität) - Schlafstörungen - Medikamentenmissbrauch Emotionen - Extreme Angst vor Schmerz und Beeinträchtigung - Depressive Verstimmung - Erhöhte Aufmerksamkeit für körperliche Symptome - Hilflosigkeit/ Ohnmacht/ Resignation Familie - Überprotektiver, zu fürsorglicher Partner - Abhängigkeitsvorgeschichte (Medikamente/ Drogen) - Familienangehöriger als Schmerzpatient - Gravierende partnerschaftliche/ familiäre Konflikte Arbeitsplatz - Überzeugung, dass Arbeitstätigkeit dem Körper schadet - Wenig unterstützende Umgebung am Arbeitsplatz - Entlastungsmotivation Diagnostik/ Behandlung - Schonverhalten/ Beeinträchtigung vom Behandler unterstützt - Mehrere Diagnosen - Verschreiben passiver Behandlungen - Hohes Inanspruchnahmeverhalten - Überzeugung, nur somatische Behandlung Linderung - Unzufriedenheit über vorhergehende Behandlung
33
34
Was sind kritische Strategien bei der verhaltensbezogenen Schmerzbewältigung?
Passives Vermeidungsverhalten: - geringes Ausmaß an körperlicher Aktivität - Vermeiden sozialer Aktivitäten Vermehrte Einnahme von Medikamenten erhöhte Inanspruchnahme von Behandlungen/ passiv erhöhte Schmerzkommunikation non-verbal und verbal
35
Was sind prognostisch ungünstige Faktoren bei Schmerzstörungen?
Arbeitslosigkeit zu Beginn Schmerzbehandlung Rentenverfahren/ Anträge auf Entschädigung jahrelanger Verlauf vor Aufnahme Therapie habituelle Somatisierungstendenz multiple psychiatrische Zusatzsymptome
36
Was bedeutet *iatrogen*
Iatrogen bedeutet „durch einen Arzt verursacht“. Der Begriff "iatrogen" wird unter anderem verwendet für: Gesundheitsschäden oder Krankheiten, die durch ärztliche Therapiemaßnahmen (Medikamente, Operationen) entstehen - z.B. ein Paravasat oder medikamentöse Nebenwirkungen Künstliche Körperstrukturen, die vom Arzt implantiert oder geschaffen werden, um eine Krankheit besser behandeln zu können, z.B. ein Dialyseshunt.
37
Was sind mögliche iatrogene Effekkte bei chronischen Schmerzen?
Dauer der Krankschreibung Präferenz passiver (regressiver) Maßnahmen Überschätzen unspezifischer somatischer Befunde Unterschätzen psychosomatischer Befunde Übermaß diagnostischer Maßnahmen Präferenz invasiver Therapieverfahren Dauerverordnung nicht indizierter, insbesondere suchtfördernder Pharmaka
38
Beschreibe die Somatisierungsstörung
39
Beschreibe die somatoforme Schmerzstörung
40
Beschreibe die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren
41
Was ist eine Hypochondrie?
überwertige Krankheitsfurcht, Krankheitsüberzeugung
42
Was ist eine körperdysmorphe Störung?
überwertiges Gefühl des Hässlichseins, Überzeugung einer körperlichen Verunstaltung
43
Was ist eine somatoforme autonome Funktionsstörung?
autonome vegetative Funktionsstörungen in einzelnen Organsystemen
44
Was ist eine Konversionsstörung?
pseudoneurologische Syndrome (motorisch- sensibel- nichtepileptische Anfälle, meist monosymptomatisch)
45
Was sind Zeichen für psychogene Mitbeteiligung bei Schmerzen?
Fehlen schmerzverstärkender oder lindernder Faktoren inadäquate Affekte Diskrepanzen verbales und non- verbales Schmerzverhalten atypische Reaktionen auf Medikamente keine freien Schmerzintervalle Schmerzbeschreibung mit starker affektiver Tönung passive Bewältigungsstrategien
46
Beschreibe die Interaktion von Schmerz und psychosozialem Schmerz
47
Was bedeutet Alexithymie
Unfähigkeit Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken
48
Was sind die wichtigen Grundlagen für die Behandlung von Schmerzstörungen?
frühzeitige Intervention möglichst vor Veränderung der Lebensgewohnheiten Veränderung des Gesundheitsverhaltens und Förderung der aktiven Mitverantwortung Fokus hier und jetzt umschriebene Behandlungsziele flexible Dauer und Frequenz der Behandlung Erlernen und Erproben neuer Verhaltensweisen Informationsvermittlung über die Erkrankung Empathie und zuhören
49
Nenne die 4 Schritte der psychotherapeutischen Behandlung somatoforme Störungen
**1: für psychologischen Therapieansatz motivieren** - Patienten und seine Symptome ernst nehmen - evtl. zeitliche Befristung vereinbaren **2. Einführung eines biopsychosozialen Behandlungsmodells** - Erklärung der Symptome durch psychische Funktionen (z.B. selektive Aufmerksamkeit, Stress, Anspannung, Ängstlichkeit, Depressivität - Ziel: Abbau eines rein somatischen und Aufbau eines psychosomatischen Krankheitsmodells **3. Evaluation dieses Modells** - Einsatz von Symptomtagebüchern - Verhaltensexperimente - Reattribution von Krankheitsüberzeugungen - Abbau depressiver Denk- und Verhaltensmuster und evtl. Verbesserung der Angstbewältigung - Entspannungsverfahren - Biofeedback **4. Reduktion bzw. Abbau von Krankheits- und Vermeidungsverhalten** - Abbau von „checking“- Verhaltensweisen - Reduktion von Arztkonsultationen (Rückversicherung) - Abbau von Vermeidungsverhalten - Abbau Schonverhalten, körperliche Aktivierung, Aufbau sozialer Kompetenzen und Eigenverantwortlichkeit - Reduktion Medikamentenkonsum - Kognitive Methoden zur Verminderung der Beschäftigung mit Symptomen/ Körperfunktionen
50
Welche Arten von Schmerz gibt es?
1. Nozizeptiver Schmerz – durch Gewebeschädigung (z. B. Verbrennung, Schnitt) 2. Neuropathischer Schmerz – durch Schädigung des Nervensystems (z. B. diabetische Neuropathie) 3. Psychogener Schmerz – kein organischer Befund, Schmerz entsteht vorwiegend psychisch 4. Chronischer Schmerz – Schmerz > 3–6 Monate, oft mit psychischen Faktoren verknüpft
51
Was sind Nozizeptoren?
Spezialisierte sensorische Nervenzellen, die auf schädigende Reize reagieren (mechanisch, thermisch, chemisch). Sie leiten Schmerzsignale ins ZNS.
52
Über welche Nervenfasern wird Schmerz weitergeleitet?
• **A-Delta-Fasern:** schnell, myelinisiert → stechender, gut lokalisierbarer Schmerz • **C-Fasern:** langsam, unmyelinisiert → dumpfer, brennender, schlecht lokalisierbarer Schmerz
53
Welcher Weg führt den Schmerzreiz ins Gehirn?
1. Nozizeptoren aktivieren afferente Fasern 2. Weiterleitung zum Rückenmark (Hinterhorn) 3. Verschaltung → Tractus spinothalamicus 4. Weiterleitung zum Thalamus 5. Projektion in den somatosensorischen Kortex (S1, S2)
54
Welche Hirnareale sind an der Schmerzverarbeitung beteiligt?
• Somatosensorischer Kortex – sensorische Diskrimination • Insula – subjektive Schmerzintensität • Anteriorer cingulärer Kortex (ACC) – affektive Schmerzkomponente • Präfrontaler Kortex – kognitive Bewertung • Amygdala – emotionale Schmerzbewertung
55
Was ist die Gate-Control-Theorie (Melzack & Wall, 1965)?
Theorie, nach der ein „Tor“ im Rückenmark (Substantia gelatinosa) Schmerzsignale moduliert. Nicht-schmerzvolle Reize (z. B. Druck, Reiben) können Schmerz hemmend beeinflussen.
56
Welche Rolle spielt der Thalamus bei der Schmerzwahrnehmung?
Der Thalamus wirkt als Relaisstation und leitet sensorische Schmerzsignale an den Kortex weiter; beteiligt an Schmerzbewusstsein.
57
Was versteht man unter Schmerzmodulation?
Prozesse, die Schmerz hemmen oder verstärken – z. B. durch körpereigene Opioide (Endorphine), Aufmerksamkeit, Emotionen oder kognitive Bewertung.
58
Welche psychologischen Faktoren beeinflussen die Schmerzwahrnehmung?
• **Aufmerksamkeit / Ablenkung** • **Emotionale Zustände** (Angst ↑ Schmerz, Entspannung ↓ Schmerz) • **Erwartungen & Erfahrungen** • **Kognitive Bewertung** (z. B. Katastrophisieren)
59
Was besagt die Neuromatrix-Theorie (Melzack, 1990er)?
Schmerz entsteht nicht nur durch sensorische Reize, sondern durch die Aktivierung einer genetisch vorprogrammierten „Neuromatrix“ im Gehirn – ein neuronales Netzwerk aus Thalamus, limbischem System, Kortex. Schmerz ist ein multidimensionales Erlebnis, beeinflusst durch Emotionen, Kognition, Erfahrungen und physiologische Zustände.
60
Welche Rolle spielt die Neuromatrix bei Phantomschmerzen?
Phantomschmerzen können trotz fehlender peripherer Reize auftreten, da die Neuromatrix unabhängig von körperlicher Stimulation Schmerz „generieren“ kann. Das Gehirn „fühlt“ weiterhin einen Körperteil.
61
Was besagt die Gate-Control-Theorie (Melzack & Wall, 1965)?
Im Rückenmark (Substantia gelatinosa, Hinterhorn) gibt es ein „Tor“, das Schmerzsignale moduliert. • Aß-Fasern (Berührung/Druck) können das Tor „schließen“ • C- und Aδ-Fasern (Schmerz) öffnen das Tor → erklärt, warum Reiben oder Druck Schmerzen lindern kann
62
Welche Hirnareale sind zentral an der Schmerzwahrnehmung beteiligt?
• Somatosensorischer Kortex (S1/S2): Ort, Intensität, Art • Thalamus: Schaltzentrale sensorischer Signale • Insula: subjektive Intensität, interozeptives Bewusstsein • ACC (anteriorer cingulärer Kortex): affektiv-emotionale Schmerzkomponente • Amygdala: emotionale Bewertung, Furcht • PFC (präfrontaler Kortex): Bewertung, Kontrolle, Erwartung • Periaquäduktales Grau (PAG): endogene Schmerzhemmung
63
Was sind die wichtigsten neurophysiologischen Schritte der Schmerzverarbeitung?
1. **Transduktion:** Reiz → elektrisches Signal an Nozizeptor 2. **Transmission:** Weiterleitung über Aδ- und C-Fasern zum ZNS 3. **Modulation:** Hemmung oder Verstärkung (z. B. PAG, Endorphine) 4. **Perzeption:** bewusste Schmerzwahrnehmung im Kortex
64
65
Welche Neurotransmitter sind an der Schmerzweiterleitung beteiligt?
• Substanz P – Übertragung im Rückenmark • Glutamat – exzitatorisch, schnelle Schmerzleitung • Endorphine/Enkephaline – hemmen Schmerz im ZNS • Serotonin, Noradrenalin – modulieren absteigende Bahnen
66
Was ist das Schmerzgedächtnis?
Bei chronischem Schmerz verändert sich die Schmerzverarbeitung: • Langzeitpotenzierung (LTP) im Rückenmark und Gehirn • Sensibilisierung peripher (Nozizeptoren) und zentral (Hinterhorn) • Schmerzen können dauerhaft bestehen ohne Gewebeschädigung → Erklärung für chronischen Schmerz ohne körperliche Ursache
67
Was versteht man unter zentraler Sensibilisierung?
Erhöhte Erregbarkeit von Neuronen im ZNS – schon harmlose Reize werden als Schmerz wahrgenommen (Allodynie). Ursache: Veränderungen der Synapsen, Schmerzgedächtnis.
68
Welche Rolle spielen psychische Faktoren beim chronischen Schmerz?
• Stress, Angst, Depression können Schmerz verstärken • Katastrophisieren erhöht Schmerzintensität • Vermeidungsverhalten fördert Chronifizierung → biopsychosoziales Schmerzmodell
69
Welche therapeutischen Ansätze zielen auf das Schmerzgedächtnis?
• Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) • Achtsamkeit & Akzeptanzstrategien (ACT) • Biofeedback, Entspannungstechniken • Psychopharmaka (z. B. Antidepressiva bei Schmerzverarbeitung) → Ziel: Umstrukturierung maladaptiver neuronaler Muster
70
Was ist nozizeptorischer Schmerz und wie entsteht er?
Nozizeptorischer Schmerz entsteht durch die Reizung intakter Schmerzrezeptoren durch Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine, Serotonin, Histamin, Substanz P, Bradykinin.
71
In welchen Situationen tritt nozizeptorischer Schmerz auf?
Bei postoperativem Schmerz, Wundschmerz, stumpfem Trauma, Spasmen oder Entzündungsschmerz.
72
Wie wird nozizeptorischer Schmerz therapiert?
Mit antipyretischen Analgetika, Opioiden oder Lokalanästhetika.
73
Was ist neuropathischer Schmerz?
Schmerz infolge direkter Reizung der Neuronen durch mechanische oder metabolische Schädigung entlang ihres Verlaufs.
74
Wo tritt neuropathischer Schmerz typischerweise auf?
Bei Nervenkompression, diabetischer Neuropathie, Zosterneuralgien, Trigeminusneuralgie.
75
Wie wird neuropathischer Schmerz behandelt?
Sympathikusblockaden, niedrig dosierte trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin), bei einschießenden Schmerzen Antikonvulsiva. Opioide nur mäßig wirksam.
76
Was ist Deafferenzierungsschmerz bzw. Phantomschmerz?
Schmerz durch überschießende Erregung zentraler Neurone nach Verlust sensorischer Zuflüsse, z. B. durch Nervenverletzung oder -durchtrennung.
77
Wann tritt Phantomschmerz typischerweise auf?
Nach Amputationen, bei Nervenverletzungen ohne sensorischen Rücklauf.
78
Welche Therapieansätze gibt es bei Phantomschmerz?
Frühzeitige Sympathikusblockade, Calcitonin i.v., prophylaktische Analgesie und lokale Anästhesie während Nerveninterventionen.
79
Was ist Schmerz durch Störung der Sympathikusfunktion?
Komplexer Schmerzmechanismus mit starker Beteiligung des sympathischen Nervensystems, z. B. bei sympathischer Reflexdystrophie (CRPS).
80
Wie wird Schmerz durch Sympathikusstörung behandelt?
Mit Sympathikusblockaden und trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitriptylin).
81
Was sind psychosomatische Schmerzen?
Schmerz als körperlicher Ausdruck seelischer Belastung – oft verbunden mit traumatischen Ereignissen oder biografischer Disposition.
82
Wie behandelt man psychosomatische Schmerzen?
Durch psychotherapeutische (Mit-)Behandlung, z. B. Psychotherapie, ggf. kombiniert mit medikamentöser Unterstützung.
83
Was sind allgemeine Merkmale neuropathischer Schmerzen?
Schmerzqualität: brennend, stechend, attackenartig, einschießend Schmerz auch nachts vorhanden, Ruhe eher selten Nach Nervendurchtrennung auch Deafferenzierungsschmerz möglich Suizidrate erhöht PT: schwierig, kaum Ablenkbarkeit möglich