§ 249 StGB Flashcards
(21 cards)
geschütztes Rechtsgut
Schutzgüter des § 242 StGB: Eigentum, Gewahrsam
Schutzgüter des § 240 StGB: Freiheit
→ Schwerpunkt auf Eigentum
Gewalt gegen eine Person
körperlich wirkender Zwang durch unmittelbare oder mittelbare Einwirkung auf einen anderen, um einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden oder unmöglich zu machen
körperlich wirkender Zwang
→ rein psychisch wirkender Zwang kann nicht genügen
→ besondere Kraftaufwendung nicht erforderlich, entscheidend ist die beim Opfer erzielte Zwangswirkung
P: Gewaltanwendung gegenüber Schlafenden/Bewusstlosen
h. M.
Schlaf/Bewusstlosigkeit hindern Zwangswirkung nicht, da diese vom Opfer nicht unbedingt als solche empfunden zu werden braucht
→ ist physische Zwangswirkung überhaupt erheblich?
→ ist finale Verknüpfung (Gewaltanwendung, um Wegnahme zu ermöglichen) gegeben?
P: Gewaltanwendung gegenüber Schlafenden/Bewusstlosen
a. A.
Raub gegenüber Bewusstlosen scheidet aus, da diese keinen Widerstand leisten können → kein “zu erwartender Widerstand” (vgl. Def.)
Grenzfall: Entreißen der Handtasche
- Kraft, die der Täter entfaltet, muss wesentlicher Bestandteil der Wegnahme sein, d. h. so erheblich, dass sie zumindest geeignet ist, erwarteten Widerstand zu brechen
- prägen List und Schnelligkeit das Bild der Tat § 249 StGB (-)
Gewalt gegen Sachen
reicht allein nicht aus, aber genügt, wenn sie sich mittelbar gegen eine Person richtet
Bsp.: Entreißen der Handtasche
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
- Übel für andere Person genügt, unabhängig davon, ob diese dem Opfer nahe steht
- erst vollendet, wenn Opfer Drohung tatsächlich ernst nimmt
finale Verknüpfung qualifizierte Nötigung als Mittel zur Wegnahme
(lange) h. M.: Gewaltanwendung/Drohung braucht weder objektiv erforderlich noch kausal für Wegnahme zu sein; es genügt, wenn der Täter Gewalt/Drohung (subjektiv) für geeignet hält, Wegnahme zu ermöglichen
(+) Wortlaut: nicht “durch”, sondern “mit” / “unter”
→ fehlt bei bloßem Ausnutzen der Wirkung eines ohne Wegnahmewillen eingesetzten Nötigungsmittels
→ kann fehlen bei Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf
→ besteht, wenn frühere Gewaltanwendung als aktuelle Drohung erneuter Gewalt weiterwirkt
neue Rspr.: zudem zeitlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen Nötigung und Wegnahme und Opfer nötigungsbedingt in seiner Verteidigungsbereitschaft eingeschränkt
Ineinanderübergehen von Nötigungsmittel und Wegnahme
wenn der Täter bereits während der noch fortdauernden Nötigungshandlung den Wegnahmeentschluss fasst und realisiert, § 249 StGB (+)
wenn Gewaltanwendung noch fortdauert, als Wegnahmeentschluss gefasst wird, ist finale Verknüpfung gegeben
Haustürklingelfälle
Tatentschluss auch dann, wenn Täter seine Gewalt-/ Drohungsbereitschaft von Bedingungen abhängig macht, auf die er keinen Einfluss hat
Versuchsbeginn
mit unmittelbarem Ansetzen zur Nötigungshandlung, wenn die Wegnahme daran unmittelbar anschließen soll
Abgrenzung § 249 StGB ↔︎ §§ 253, 255 StGB
h. L.: Exklusivitätsthese
Abgrenzung nach innerer Willensrichtung des Opfers
bei §§ 253, 255 StGB Vermögensverfügung erforderlich
→ willensgetragenes Verhalten: Opfer muss insofern “freiwillig” handeln, als dass es noch eine Wahlfreiheit zu haben glaubt und die Sache nicht ohnehin als verloren ansieht (→ Restfreiheit)
- h. L.: Opfer muss sich in Schlüsselposition sehen, d. h. dass Vermögensnachteil ohne seine Mitwirkung nicht möglich ist
Test: Ist meine Mitwirkung notwendig, damit der Besitzverlust eintritt (dann §§ 253, 255 StGB) oder erlangt der Täter unabhängig davon ohnehin Besitz?
Folgeproblem: Muss das Verhalten des Genötigten für das tatbestandsausschließende Einverständnis / die VV unmittelbar zum Gewahrsamsverlust / zur Vermögensminderung führen?
- a. A.: faktisches Einverständnis des Opfers entscheidend, kann auch erzwungen sein
Abgrenzung § 249 StGB ↔︎ §§ 253, 255 StGB
Rspr.
Abgrenzung auf Konkurrenzebene nach dem äußeren Erscheinungsbild
Nehmen → § 249 StGB
Geben → §§ 253, 255 StGB (tatbestandsausschließendes Einverständnis i. R. v. § 249 StGB)
Kritik an Ansicht der Rspr. zu Verhältnis § 249 StGB ↔︎ §§ 253, 255 StGB
- unlogisch, dass § 249 StGB lex specialis gegenüber §§ 253, 255 StGB sein soll:
(-) systematische Stellung
(-) Verweisung “gleich einem Räuber” von § 253 auf § 249 StGB - Privilegierung der bloßen Gebrauchsanmaßung wird unterlaufen
- § 253 StGB wie § 263 StGB Selbstschädigungsdelikt
- vis absoluta nicht unbedingt brutaler
Begründung Ansicht der Rspr. zu Verhältnis § 249 StGB ↔︎ §§ 253, 255 StGB
(+) beugt Strafbarkeitslücken bei Raub ohne Zueignungsabsicht vor
(+) Wortlaut § 253 StGB: kein Anhaltspunkt für Vermögensverfügung (Gegenargument: in § 263 StGB auch ungeschriebenes TBM)
(+) vis absoluta = stärkste Willensbeeinträchtigung, besonders brutaler Täter, darf nicht von Strafbarkeit ausgenommen sein; als Nötigungsmittel bei § 240 StGB unstreitig anerkannt
Gestreckte Wegnahme
→ Rengier BT I, § 7 Rn. 34
P: vor eigentlicher Wegnahmehandlung stirbt Opfer → Gewahrsam erlischt
→ aber Vorverlagerung Zeitpunkt:
- Beginn Wegnahme (= Beendigung des ursprünglichen Gewahrsams) mit Tötungshandlung
- Vollendung Wegnahme (= Begründung neuen Gewahrsams) mit Ergreifen Sache
Konkurrenzen
§ 249 StGB verdrängt §§ 240, 242 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität)
Idealkonkurrenz (§ 52 StGB) mit §§ 223, 224 StGB
Finalzusammenhang: Zeitpunkt des Wegnahmeentschlusses
§ 249 StGB ist kein Dauerdelikt → für Finalzusammenhang entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Wegnahmeentschluss gefasst wird, isoliert auf diesen Moment abzustellen
Abgrenzung zu bloßem Ausnutzen des Fortdauerns des Gewaltanwendung / Drohung
P: Vereinbarkeit von “Gewalt” und Unterlassen
e. A.: Gewalt setzt begrifflich positives Tun voraus
h. M.: auch durch Unterlassen möglich
(+) erwarteter Widerstand genügt
(+) bei anderen Delikten (§§ 223 I, 240, 239 BGB auch möglich)
Raub durch Unterlassen → § 13 StGB?
Enstpricht Unterlassen einem Tun?
(-) bloße Aufrechterhaltung der zuvor mit Gewalt geschaffenen Lage, nur Fortdauern / Ausnutzen Nötigungswirkung
(+) enger, räumlich-zeitlicher Zusammenhang
(-) passt nicht zur finalen Struktur des Raubtatbestandes
(-) Zufall, ob Täter zuvor verübte Nötigung noch revidieren kann
(-) brutalerer Täter wird privilegiert: bei Niederschlagen (vis absoluta) ist Garatenstellung nicht zu beseitigen, da bewusstlos