Beweis; Beweiswürdigung Flashcards
(67 cards)
Darlegungslast
= die Obliegenheit einer Partei, bestimmte Tatsachen im Prozess vorzutragen
Beweislast
= das eine Partei (aufgrund einer generalisierenden Risikozuweisung des Gesetzgebers) treffende Risiko des Prozessverlustes wegen Nichterweislichkeit der ihren Vortrag tragenden Tatsachen
Beweis: Terminologie
a) Glaubwürdigkeit
b) Glaubhaftigkeit
c) Hauptbeweis
d) Gegenbeweis
e) Beweis des Gegenteils
f) Verben für Zeugenvortrag
a) bzgl. Person
b) bzgl. Inhalt einer Aussage
c) von der beweisbelasteten Partei zu erbringen
d) von der Gegenpartei zu erbringen
e) Gegenteil der von dem Beweispflichtigen zu beweisenden Tatsache wird bewiesen (§ 292 S. 1 ZPO)
f) “Zeuge sagt aus / bekundet / schildert / beschreibt”
Beweisbedürftigkeit
- grds. bzgl. aller Tatsachen, für die Partei darlegungs- und beweispflichtig ist
- Ausnahmen:
-> offenkundige Tatsachen, § 291 ZPO
-> zugestandene Tatsachen
–> ggf. Widerruf des Geständnisses (§ 290) als Frage der Beweisbedürftigkeit zu problematisieren
-> Tatsachen, deren Beweis vom Gegner vereitelt wird
-> Tatsachen, die einer entsprechenden Schadensschätzung zugänglich sind
-> vermutete Tatsachen
-> Tatsachen, die aufgrund von Hilfstatsachen (Indizien) feststehen - keine Aufhebung des Beibringungsgrundsatzes! (Vortrag in der mündlichen Verhandlung dennoch erforderlich) - lediglich Beweisbedürftigkeit ist aufgehoben
Beweiswürdigung
= erforderlich ist ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen
-> leitende Gründe der Beweiswürdigung im Urteil anzuführen (§ 286 I 2 ZPO) - konkreter Bezug zu Beweis und zum Vorbringen der Parteien sowie zum gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung einschließlich des persönlichen Eindrucks des Gerichts von allen Verfahrenbeteiligten
- Bei mehreren Beweismittel: Beginn mit der Prüfung der positiv-ergiebigen, wenn Beweisfrage erwiesen
Beweislast: Grundsätzliche Verteilung
soweit keine gesetzlichen Regeln bestehen, trägt die jeweilige Partei die Beweislast für die Tatsachen, die eine ihr günstige Norm ausfüllen
- Ausnahmsweise Beweislastumkehr nach Treu und Glauben, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablauf steht und die Gegenseite sich in zumutbarer Weise an der Aufklärung des Sachverhalts beteiligen kann
Non liquet
= wenn Beweisaufnahme durchgeführt und kein eindeutiges Ergebnis erzielt wurde (eindeutig wenn die vom Beweispflichtigen vorgetragene Tatsache bewiesen ist (positive Ergiebigkeit))
oder
wenn keine Beweisaufnahme durchgeführt wurde und die beweisbelastete Partei keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten sowie auf einen Hinweis des Gerichts nach § 139 I 2 ZPO nicht reagiert hat
-> Gericht muss bei seiner Entscheidung den Vortrag der nicht beweisbelasteten Partei zugrunde legen, obwohl dieser Vortrag nicht feststeht
Beweisfälligkeit
= Beweisbelasteten Partei ist Beweis nicht gelungen oder sie ist trotz Hinweis keinen ordnungsgemäßen Beweis angetreten
Beweiserhebung
- Ordnungsgemäßer Antrag (wenn nicht von Amts wegen)
-> Bezeichnung der Tatsachen, die bewiesen werden sollen
-> nicht bei bloßen Angaben ins Blaue hinein (Gedanke des Rechtsmissbrauchs) - Zulässigkeit
-> Verspätet
-> Falsches Beweismittelangebot (bspw. GF soll als Zeuge - nicht als Partei - vernommen werden)
-> Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze - Verwertbarkeit
-> nicht automatisch bei Unzulässigkeit unverwertbar
-> Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich
Strengbeweis vs. Freibeweis
- Strengbeweis: Beweiserhebung unterliegt der Parteiherrschaft
-> unterliegt §§ 355 ff. ZPO - Freibeweis:
a) Ermittlung hat von Amts wegen zu erfolgen und betrifft Fragen, die nicht der Parteiherrschaft unterliegen
b) nach Zustimmung beider Parteien (§ 284 S. 2 ZPO)
-> voller Beweis erforderlich, allerdings ist Gericht hier freier bei der Gewinnung der Beweismittlel und im Beweisverfahren
Zeugenbeweis: Aufgaben und Grenzen
- dient Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände
-> entscheidend, ob der unter Beweis gestellte Streitpunkt mit den Sinnen wahrnehmbar war
Zeugenbeweis: Aufgaben und Grenzen: Hörensagen
- Umstände der Kenntniserlangung irrelevant
- auch Hörensagen möglich
- Beweiswert Frage der Beweiswürdigung
Zeugenbeweis: Beweisangebot: Ausforschungsbeweis
= wenn die beweisbelastete Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufstellt, um durch die Beweisaufnahme beweiserhebliche Tatsachen erst zu erfahren und sie dann zur Grundlage ihres Parteivortrags zu machen
-> restriktiv - Vortrag vermuteter Tatsachen oder Ansätze von Plausibilität reichen aus
-> unzulässig, da unvereinbar mit Beibringungsgrundsatz
Zeugenbeweis: Beweisangebot: Anforderung an Substantiierung
- Zeugenbeweis braucht dann nicht erhoben zu werden, wenn der Tatsachenvortrag so wenig substantiiert ist, dass seine Schlüssigkeit/Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann
Zeugenbeweis: Abgrenzung zur Parteivernehmung
= wer nicht Partei ist und auch nicht nach § 455 I ZPO (Vertreter der Prozessunfähigen) als Partei zu vernehmen wäre, kann als Zeuge vernommen werden
- als Partei werden vernommen: vertretungsberechtigte Organe juristischer Personen! (GF, Vorstand, Komplementär, grds. alle OHG-Gesellschafter)
- Prozessunfähige selbst können grds. als Zeuge in Betracht kommen
-> Fehler sind gem. § 295 ZPO grds. heilbare Verfahrensmängel
Sachverständigenbeweis: Aufgaben und Grenzen; Sachverständiger Zeuge
- soll dem Gericht die Kenntnis von abstrakten Erfahrungssätzen vermitteln
-> urteilt nachträglich über feststehenden Sachverhalt, aus dem er aufgrund seiner Sachkunde Schlussfolgerungen zieht - sachverständiger Zeuge (§ 414 ZPO): ist Zeuge und soll bekunden, was er tatsächlich beobachtet hat, jedoch im Wesentlichen aufgrund seiner besonderen Sachkunde erst zu erfassen imstande war
Sachverständigenbeweis: Einordnung des Privatgutachtens
= Urkunden, die den Parteivortrag belegen und zu dessen Substantiierung beitragen
-> ggf. erhöhte Darlegungslast für Gegner
- Privatgutachten kann zur Wahrheitsfindung ausreichen, wenn es der kritischen Würdigung standhält und damit geeignet ist, tragfähige Grundlage richterlicher Überzeugung zu sein
Sachverständigenbeweis: Einordnung des Privatgutachtens
= Urkunden, die den Parteivortrag belegen und zu dessen Substantiierung beitragen
-> ggf. erhöhte Darlegungslast für Gegner
- Privatgutachten kann zur Wahrheitsfindung ausreichen, wenn es der kritischen Würdigung standhält und damit geeignet ist, tragfähige Grundlage richterlicher Überzeugung zu sein
Sachverständigenbeweis: Grundlagen der Begutachtung
- Anschlusstatsachen = tatsächliche Umstände, an die der Sachverständige sich anschließt, weil er sie als gegeben voraussetzt
-> Beibringung obliegt Parteien - Befundtatsachen = Sachverständiger stellt selbst Tatsachen fest, die neben den Anschlusstatsachen der Begutachtung als Grundlage dienen
-> Konflikt mit Unmittelbarkeitsgrundsatz (§§ 355 I 1, 402 ZPO) - Ermittlung von Tatsachen insoweit zulässig, als die besondere Sachkunde des Sachverständigen es erforderlich macht
-> (Konkludente) Zueigenmachung durch eine Partei mit ggf. Nichtbestreiten der Gegenseite
-> daneben § 295 ZPO möglich - Zusatztatsachen = Tatsachen, die der Sachverständige bei Erfüllung seines Auftrags nur zufällig wahrnimmt
-> Vernehmung als (ggf. sachverständiger) Zeuge möglich
Augenscheinsbeweis: Funktion und Grenzen
- bzgl. jedem Gegenstand, der mit den Sinnen zu erfassen ist
-> Ortstermin
-> Pläne, Skizzen, Photographien (von Unfallorten)
-> Ton- und Videobänder und Datenaufzeichnungen - nicht nur Gesichtssinn, sondern alle Sinne
- str. Dashcam-Aufnahmen
-> Konflikt mit APR - unzulässig ist Ortstermin auf dem Heimweg des Richters, § 357 I ZPO (Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme)
Urkundenbeweis: Begriff und Arten
= schriftlich verkörperte Gedankenäußeung
- Öffentlich
-> notariell beurkundete Erklärungen und Verträge
-> Gerichtsurteile und Vernehmungsprotokolle
-> Zustellungsurkunden und Eingangsstempel - Privat
-> privatschriftlicher Vertrag
-> Quittung und andere rechtsgeschäftliche Erklärungen
-> Empfangsbekenntnis
(Elektronische Dokumente: nach § 371a ZPO: Augenscheinsobjekte)
(Kopien: keine Urkunde, nur Beglaubigungsvermerk - kopierte Unterlagen als Anlagen zu Schriftsätzen daher keine Urkunden, sondern dienen nur der Substantiierung des Parteivortrags)
Urkundenbeweis: formelle vs. materielle Beweiskraft
- Formell: äußere Beweiskraft
-> ggf. Einschränkung der freien Beweiswürdigung aus § 286 ZPO (§ 415 I ZPO: öffentliche Urkunde liefert “vollen” Beweis) - Materiell: Bedeutung der durch die Urkunde formell bewiesenen Tatsache für das Beweisthema
-> Bsp. Quittung: beweist formell, dass der Gläubiger dem Schuldner den Empfang der Leistung bestätigt hat (bewiesen wird die Tatsache der Abgabe der Bestätigungserklärung); auf Tatsache der Leistung selbst kann erst aus den Gesamtumständen und aufgrund der Lebenserfahrung geschlossen werden
Urkundenbeweis: formelle Beweiskraft: öffentliche Urkunde
- erbringt Beweis für beurkundeten Vorgang
-> Bsp. notarieller Kaufvertrag: beweist nur Tatsache seines Abschlusses
-> Bsp. Zustellungsurkunde: beweist nur Zustellung als tatsächlichen Vorgang (nicht etwa Wohnort)
-> Urteile aus anderen Gerichtsverfahren: nur Beweis, dass Urteil diesen Inhalt hat (nicht jedoch die Richtigkeit dieses Inhalts!)
–> jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung ggf. relevant
Urkundenbeweis: formelle Beweiskraft: Privaturkunde
- erbringt Beweis für die Abgabe der beurkundeten Erklärung durch den Aussteller
-> beweist nicht die inhaltliche Richtigkeit der Erklärung als solche