Helle - Psychodynamische Verfahren Flashcards

(88 cards)

1
Q

Was versteht man unter dem „kathartischen Verfahren“ nach Freud?

A

Freuds erste Behandlungsmethode, bei der Patientinnen/Patienten unter Hypnose traumatische Erlebnisse erinnerten und dabei ihren unterdrückten Affekt „abreagierten“. Er sah darin zunächst eine Form der „Reinigung“ (Katharsis).

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2
Q

Welche zentrale Neuerung führte zum Übergang vom kathartischen Verfahren zur Psychoanalyse?

A

Freud stieg von der Hypnose auf die Methode der „freien Assoziation“ um. Hierbei schilderten Patientinnen/Patienten alles, was ihnen in den Sinn kam, um so einen Zugang zu verdrängten Inhalten zu erhalten.

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3
Q

Was besagt das topografische Modell von Freud?

A

Es unterscheidet Bewusstes, Vorbewusstes und Unbewusstes (bekannt als „Eisbergmodell“). Bewusstes ist der kleine sichtbare Teil, die vorbewussten Inhalte sind jederzeit bewusstseinsfähig, und das Unbewusste bleibt normalerweise verborgen, wirkt aber im Erleben und Handeln.

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4
Q

Welche zwei Grundtriebe unterscheidet Freud in seiner letzten Triebtheorie?

A

Den Lebenstrieb (Libido) und den Todestrieb. Ersterer zielt auf Aufbau, Erhalt und Befriedigung, letzterer auf Auflösung, Aggression und letztlich Rückkehr zum anorganischen Zustand.

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5
Q

Wie lauten die psychosexuellen Entwicklungsphasen nach Freud?

A

Orale Phase (1.–2. Lebensjahr), anale Phase (2.–3. Lebensjahr), phallische/ödipale Phase (3.–5. Lebensjahr), Latenzphase (bis zur Pubertät) und genitale Phase (Pubertät und darüber hinaus).

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6
Q

Wofür steht der Begriff „Es-Ich-Über-Ich“ im Strukturmodell Freuds?

A

„Es“ repräsentiert die unbewussten Triebe, „Ich“ vermittelt zwischen Triebwünschen und Realität, „Über-Ich“ vereint moralische Normen und Wertvorstellungen. Das Ich bemüht sich, allen Instanzen zugleich gerecht zu werden.

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7
Q

Was sind Abwehrmechanismen und wozu dienen sie?

A

Sie sind unbewusste Strategien des Ich, um angst- oder schambehaftete Wünsche und Gefühle abzuwehren. Beispiele sind Verdrängung, Projektion, Verleugnung und Sublimierung.

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8
Q

Was ist der Kern der Ich-Psychologie?

A

Der Schwerpunkt liegt auf den Funktionen des Ich, das nicht nur durch Triebe beeinflusst wird, sondern auch selbstbestimmt Anpassung und Kontrolle ausübt. Anna Freud und Heinz Hartmann betonten das autonome Potenzial des Ich und seine Fähigkeit zu reifen Lösungsstrategien.

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9
Q

Worin besteht das Hauptanliegen der Objektbeziehungstheorie?

A

Sie untersucht die frühen Beziehungen und deren innere Repräsentanzen (innere Objekte), die das menschliche Fühlen, Denken und Handeln prägen. Therapeutisch wird besonders auf das Beziehungsgeschehen im Hier-und-Jetzt geachtet, einschließlich Übertragung und Gegenübertragung.

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10
Q

Was sind Übergangsobjekte?

A

Gegenstände (z. B. Kuscheltier), die das Kind nutzt, um Zeiten der Trennung von der Bezugsperson zu überbrücken. Sie ermöglichen dem Kind das Gefühl von Nähe und Geborgenheit trotz räumlicher Distanz.

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11
Q

Was versteht man unter dem Begriff „Selbstobjekt“ nach Kohut?

A

Personen oder Dinge, die für das Selbstkonzept stabilisierend und strukturgebend sind. In der Therapie kann der/die Therapeut(in) als Selbstobjekt fungieren, indem er/sie empathisch spiegelt und so reifende Selbstanteile fördert.

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12
Q

Welche drei Formen von Selbstobjektübertragungen unterscheidet Kohut?

A

1) Spiegelübertragung: Bedürfnis, in den Augen des Gegenübers Verständnis und Wertschätzung zu erleben; (2) Zwillings-/Alter-Ego-Übertragung: Gefühl der Ähnlichkeit mit dem anderen; (3) idealisierende Übertragung: Das Gegenüber wird idealisiert, um das eigene Selbstwertgefühl zu stützen.

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13
Q

Was ist der Hauptunterschied zwischen klassischer Psychoanalyse und objektbeziehungstheoretischen Ansätzen in der therapeutischen Haltung?

A

In der klassischen Analyse hält sich der/die Analytiker(in) stärker abstinent, um Übertragungsprozesse zu beobachten und zu deuten. In objektbeziehungstheoretischen Ansätzen legt man verstärkt Wert auf eine realere Beziehungsgestaltung und korrigierende Beziehungserfahrungen.

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14
Q

Wie erklärt die Objektbeziehungstheorie Persönlichkeitsstörungen wie Borderline?

A

Durch gestörte frühe Beziehungen können ambivalente Selbst- und Objektrepräsentanzen unzureichend integriert werden. Betroffene reagieren daher häufig mit Spaltung (schwarz-weiß) und instabilen Bindungen, da „gute“ und „schlechte“ Anteile nicht zusammengeführt werden können.

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15
Q

Welche Rolle spielt die Triangulierung im ödipalen Konflikt?

A

Das Kind lernt, dass Eltern eine eigene Beziehung haben, in der das Kind nicht vorkommt, und entwickelt dadurch eine Dreier-Beziehungs-Repräsentanz (Mutter-Vater-Kind). Dies stärkt das Erleben eigener Autonomie und Identität.

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16
Q
A
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17
Q

Was wird unter dem Begriff „Verführungstheorie“ bei Freud verstanden?

A

Freuds ursprüngliche Annahme, dass psychische Störungen (insbesondere Hysterie) auf tatsächliche sexuelle Traumatisierungen in der Kindheit beruhen. Später erkannte er allerdings, dass viele seiner Patientinnen/Patienten keine realen, sondern fantasierte Ereignisse schilderten, was zum Paradigmenwechsel der Psychoanalyse führte.

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18
Q

Wodurch zeichnete sich Freuds „Traumatheorie“ (in frühen Phasen) aus?

A

Er postulierte, dass reale traumatische Erlebnisse (oft sexueller Natur) im Unbewussten verdrängt blieben und in Form hysterischer Symptome (z. B. Lähmungen, Krampfanfälle) weiterwirkten. Erst die Erinnerung und Abreaktion sollten heilen.

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19
Q

Wie wurde das Wiederauftreten von angstauslösenden Erinnerungen bei traumatisierten Personen durch Freud problematisiert?

A

Er stellte fest, dass sogenannte traumatisierte Personen (z. B. Kriegsheimkehrer) im Traum immer wieder denselben Schrecken durchlebten. Das widersprach seiner ursprünglichen Annahme, Träume seien Wunscherfüllungen. Dies war ein Schritt in Richtung Todestrieb-Konzept.

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20
Q

Was versteht man unter „Wiederholungszwang“?

A

Das Phänomen, bei dem Menschen belastende oder leidvolle Situationen aus ihrer Vergangenheit in ähnlicher Weise erneut durchleben bzw. sie unbewusst auf neue Beziehungen und Konstellationen übertragen, anstatt sie zu „erinnern und zu verarbeiten“.

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21
Q

Worin liegt die Bedeutung der Latenzzeit im Freud’schen Entwicklungsmodell?

A

In dieser Phase (ca. 5. bis 12. Lebensjahr) werden die zuvor dominanten sexuellen und aggressiven Strebungen weitgehend verdrängt oder sublimiert. Die Energie wird stärker in soziale, kognitive und kulturelle Aktivitäten investiert.

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22
Q

Welche Beobachtung führte Freud von der Traumatheorie zur konflikthaften Perspektive?

A

Er erkannte, dass die von Patientinnen/Patienten geschilderten sexuellen Übergriffe teilweise nicht real stattgefunden hatten, sondern Fantasien entsprangen. Freud verlegte die Ursache neurotischer Symptome deshalb eher in innere Konflikte als in reale Traumata.

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23
Q

Warum wurde Freuds Abkehr von der Verführungstheorie auch kritisiert?

A

Man warf ihm vor, das reale Vorkommen sexueller Übergriffe und Traumatisierungen zu unterschätzen oder gar zu verleugnen. Tatsächlicher Missbrauch bei Kindern blieb dadurch in vielen Fällen unbeachtet.

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24
Q

Wie werden die Begriffe „inneres Objekt“ und „Objektrepräsentanz“ definiert?

A

Ein „inneres Objekt“ ist das psychische Abbild eines Beziehungspartners oder einer Bezugsperson im eigenen Innern. „Objektrepräsentanz“ umfasst die Gesamtheit der damit verbundenen Gefühle, Fantasien und Bewertungen.

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25
Was ist eine „Partialtriebtheorie“ im Rahmen der frühkindlichen Sexualität?
Freud geht davon aus, dass sich die Sexualität des Kindes zunächst in einzelnen Partialtrieben (z. B. orale Lust, anale Lust) manifestiert, die erst mit der Pubertät zum einheitlichen genitalen Sexualtrieb integriert werden.
26
Welche Rolle spielt der „Schau- und Zeigetrieb“ (Voyeurismus und Exhibitionismus) in der phallischen Phase?
In der phallischen bzw. „ödipalen“ Phase entdecken Kinder ihre eigenen Geschlechtsorgane und entwickeln ein starkes Interesse am Betrachten (Voyeurismus) und Vorzeigen (Exhibitionismus) derselben, was zur Identitätsbildung beiträgt.
27
Was bezeichnet Freud als „Kastrationsangst“ und welchen Stellenwert hat diese?
Die Furcht des Jungen, sein Vater könne ihm als Strafe für die libidinöse Besetzung der Mutter den Penis wegnehmen. Diese Vorstellung führt zur Aufgabe des inzestuösen Begehrens und begünstigt die Identifikation mit dem Vater.
28
Warum gilt der Ödipuskomplex als „Kulminationspunkt“ der kindlichen Sexualentwicklung in Freuds Theorie?
Weil hier das Kind erstmals eine Dreiecksbeziehung (Mutter–Vater–Kind) bewusst erlebt und die rivalisierende/sexuelle Komponente gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Elternteil bzw. dem begehrten gegengeschlechtlichen Elternteil zentral wird.
29
Welche Funktion hat laut Freud die Abwehrmechanik des „Ungeschehenmachens“?
Unerwünschte oder unvereinbare Handlungen/Gedanken werden nachträglich symbolisch aufgehoben (z. B. durch Wasch- oder Kontrollzwänge), um das moralische Gleichgewicht wiederherzustellen.
30
Was ist das „topografische Modell“?
Ein Modell der Psyche, das Freud in „Traumdeutung“ (1900) entwickelt hat. Es teilt die Psyche in Bewusstes, Vorbewusstes und Unbewusstes ein, vergleichbar mit einem Eisberg, dessen Großteil unter Wasser liegt.
31
Was bedeutet „Intrapsychische Dynamik“ nach Freud?
Das Zusammenwirken von Triebwünschen (Es), Kontrolle und Vermittlung (Ich) sowie internalisierten Normen (Über-Ich). Konflikte und Kompromissbildungen zwischen diesen Instanzen determinieren unser Erleben und Verhalten.
32
Worin unterscheidet sich die Ich-Psychologie von Freuds klassischer Perspektive am deutlichsten?
Während Freud den Fokus stark auf das Unbewusste (Es) legte, betont die Ich-Psychologie das autonome, anpassungsfähige Ich, das eigene Fähigkeiten entwickelt (z. B. Realitätsprüfung, Regulation von Affekten).
33
Was meint Anna Freud mit dem Begriff „Abwehrmechanismen“ konkret?
Sie beschreibt die unbewussten Prozesse, mit denen das Ich schmerzhafte oder gefährliche Triebimpulse fernhält. Anna Freud systematisierte eine Reihe dieser Mechanismen (Verdrängung, Regression, Projektion usw.) eingehend.
34
Nennen Sie ein Beispiel für „intellektualisierte“ Abwehr.
Jemand, der etwa auf die Frage nach seinen Gefühlen in einer traurigen Lebenslage nur sachlich und nüchtern über statistische Daten und allgemeine Studien berichtet, vermeidet dadurch den schmerzlichen Zugang zu den eigenen Emotionen.
35
Welche Bedeutung kommt dem Konzept der „Autonomie des Ich“ bei Heinz Hartmann zu?
Hartmann sah das Ich als eigene Instanz mit angeborenen Fähigkeiten zur konfliktfreien Entwicklung. Nicht alles Erleben und Handeln ist demnach Resultat der Abwehr von Trieben; es gibt auch adaptives, „autonomes“ Funktionieren.
36
Was beschreibt die „progressive“ Abwehrstrategie?
Sie gilt als reifere Form der Abwehr, bei der man sich nicht zurückzieht (Regression), sondern gewissermaßen „flüchtet, indem man vorwärtsgeht“ – etwa indem man schnelle Lösungen anstrebt, um bestimmte unangenehme Gefühle erst gar nicht zuzulassen.
37
Welche Rolle spielt die „Realitätsprüfung“ als Ich-Funktion?
Sie gewährleistet, dass wir innere Vorstellungen, Fantasien und Ängste von äußeren Gegebenheiten unterscheiden können. Eine intakte Realitätsprüfung ist essenziell, um angemessenes Sozialverhalten und Alltagsbewältigung zu gewährleisten.
38
Was bedeutet „Ich-Syntonie“ bzw. „Ich-Dystonie“ im Hinblick auf Symptome?
Bei Ich-Syntonie empfindet die Person ihre Symptome oder Verhaltensweisen als Teil ihrer selbst (z. B. Narzissmus). Bei Ich-Dystonie nimmt die Person die Symptomatik als etwas Fremdes und Störendes wahr (z. B. Angstzustände).
39
In welcher Weise stellt die Objektbeziehungstheorie einen Paradigmenwechsel dar?
Sie verschiebt den Fokus von Freuds Ein-Personen-Psychologie (Innenwelt des Individuums) hin zur Zwei-Personen-Psychologie, bei der das Beziehungsfeld und reale Interaktionen essenziell sind.
40
Welche zwei grundlegenden Strömungen lassen sich in der Objektbeziehungstheorie unterscheiden?
„Harte“ objektbeziehungstheoretische Ansätze (z. B. Klein, Kernberg) mit stärkerer Trieborientierung und konfrontativer Technik vs. „weiche“ Ansätze (z. B. Balint, Winnicott), die korrigierende Beziehungserfahrungen, Einfühlung und Bindung betonen.
41
Was versteht man in der Objektbeziehungstheorie unter „Spaltung“?
Die Unfähigkeit, positive und negative Aspekte eines Objekts in einer einheitlichen Repräsentanz zu integrieren. Das führt zum Abwechseln von Idealisierung und Entwertung („schwarz-weiß-Denken“).
42
Warum ist die Triangulierung im Kleinkindalter so bedeutsam für die Persönlichkeitsentwicklung?
Durch die Erfahrung einer dyadischen Beziehung (Kind–Mutter) plus der Einbeziehung einer dritten Person (Vater) lernt das Kind, dass andere Menschen auch eigenständige Beziehungen pflegen. Es entwickelt dadurch komplexere Beziehungs- und Selbstrepräsentanzen.
43
Was bewirken „korrigierende Beziehungserfahrungen“ in psychodynamischen Therapien?
Sie ermöglichen es der Patientin/dem Patienten, frühere maladaptive Muster zu überwinden, indem in der therapeutischen Beziehung neue, heilsame Erfahrungen gemacht werden (etwa Akzeptanz, Verlässlichkeit, Empathie).
44
Welche Rolle spielt die „Haltung des Therapeuten“ in objektbeziehungstheoretischen Ansätzen?
Anders als bei der klassischen Freud’schen Abstinenz ist hier ein realerer, empathisch-bezogener Umgang wichtig. Der/die Therapeut(in) darf also nicht nur „weiße Wand“ sein, sondern ein „gutes Objekt“, an dem neue Erfahrungen möglich werden.
45
Was ist ein „Übergangsobjekt“ nach Winnicott?
Ein Gegenstand (etwa Decke oder Stofftier), der dem Kind hilft, Trennungserfahrungen von der Mutter zu bewältigen. Er repräsentiert den schrittweisen Übergang zwischen dem Gefühl „Einssein mit der Mutter“ und dem Bewusstsein eigener Autonomie.
46
Warum wird Donald Winnicott manchmal der „mütterlichen“ Objektbeziehungstheorie zugerechnet?
Weil er die unterstützende, haltgebende und verstehende Beziehungsfunktion des Therapeuten betont. Es geht weniger um Konfrontation als um eine verlässliche, fürsorgliche Umgebung („holding environment“).
47
Welche Störungsbilder beschreibt Winnicott besonders eingehend?
Er diskutiert vor allem frühe Störungen, bei denen das Kind keine „good enough mother“ (ausreichend gute Mutter) hatte. Das führt zu einem labilen Selbst und Problemen in der Beziehungsgestaltung bis ins Erwachsenenalter.
48
Welche zentrale Fragestellung verfolgt Heinz Kohuts „Selbstpsychologie“?
Wie ein stabiles, kohärentes Selbst entsteht und welche Art von empathischer Spiegelung und Anerkennung Kinder (und später Erwachsene) brauchen, um einen gesunden Selbstwert zu entwickeln.
49
Was unterscheidet „narzisstische“ von „objektbezogenen“ Konflikten nach Kohut?
Bei narzisstischen Konflikten geht es primär um das Selbstwertgefühl und die Stabilität des Selbst; bei objektbezogenen Konflikten um die Beziehung zu wichtigen anderen Menschen.
50
Wie beschreibt Kohut die Spiegelübertragung in der Therapie?
Patientinnen/Patienten erwarten hier, dass der/die Therapeut(in) bewundernd, bestärkend und bestätigend reagiert, ähnlich wie ein Kind von den Eltern gespiegelt werden will, um Selbstwert aufzubauen.
51
Was wird unter „idealisierender Übertragung“ in der Selbstpsychologie verstanden?
Patientinnen/Patienten heften sich an eine vermeintlich starke, kompetente oder allwissende Person (Therapeut/in), die sie idealisieren. Dies dient dazu, sich durch Identifikation mit dem „starken Anderen“ stabiler zu fühlen.
52
Was versteht Kohut unter „alter-ego-“ oder „Zwillingsübertragung“?
Ein Übertragungstypus, bei dem Patient(inn)en ein starkes Bedürfnis nach Ähnlichkeit und Gleichklang mit dem Gegenüber haben („Wir sind uns so ähnlich“), um ihr eigenes Selbstgefühl zu stützen.
53
Warum stellt das Erleben von Empathie in der therapeutischen Beziehung einen zentralen Faktor dar?
Weil Patienten in ihrem affektiven Erleben ernst genommen und gespiegelt werden. Dieses „Verstanden-Werden“ gilt als entscheidende Voraussetzung für die Nachreifung geschädigter Selbstanteile.
54
Was bedeutet „strukturelle Störung“ in der psychodynamischen Sichtweise?
Eine Beeinträchtigung grundlegender Ich-Funktionen wie Affektregulation, Selbst- und Objektwahrnehmung, Impulskontrolle usw. Typisch sind Persönlichkeitsstörungen wie Borderline oder narzisstische Strukturen.
55
Welche Abwehrmechanismen sind besonders typisch bei Borderline-Persönlichkeitsorganisation?
Vor allem Spaltung, Projektive Identifikation, Idealisierung und Entwertung. Diese dienen dazu, intensive Affekte zu regulieren und Ambivalenzen zu vermeiden.
56
Inwiefern eröffnete die Objektbeziehungstheorie eine neue Sicht auf Psychosen?
Frühe schwere Beziehungsstörungen (etwa mangelnde mütterliche Spiegelung) können zu brüchigen Selbst- und Objektrepräsentanzen führen, was in gravierenden Fällen psychotische Zustände begünstigen kann.
57
Welche Bedeutung hat die „Therapeutische Allianz“ in psychodynamischen Verfahren?
Sie meint die kooperative, vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der Therapeut/in und Patient/in gemeinsame Ziele verfolgen. Eine stabile Allianz ist notwendig, um Konflikte oder traumatische Erlebnisse tragfähig bearbeiten zu können.
58
Was ist „Übertragung“ und was „Gegenübertragung“?
„Übertragung“ meint, dass Patient(inn)en frühere Beziehungserfahrungen (etwa Mutter-Vater-Konflikte) unbewusst auf den/die Therapeut(in) projizieren. „Gegenübertragung“ bezeichnet die emotionalen Reaktionen des Therapeuten auf diese Übertragungen.
59
Was bedeutet die „Therapeutische Allianz“ in psychodynamischen Verfahren?
Sie meint die kooperative, vertrauensvolle Zusammenarbeit, bei der Therapeut/in und Patient/in gemeinsame Ziele verfolgen. Eine stabile Allianz ist notwendig, um Konflikte oder traumatische Erlebnisse tragfähig bearbeiten zu können.
60
Was ist „Übertragung“ und was „Gegenübertragung“?
„Übertragung“ meint, dass Patient(inn)en frühere Beziehungserfahrungen (etwa Mutter-Vater-Konflikte) unbewusst auf den/die Therapeut(in) projizieren. „Gegenübertragung“ ist die unbewusste emotionale Reaktion des Therapeuten/der Therapeutin auf diese Projektionen.
61
Wie wird in der Objektbeziehungstheorie mit Übertragung und Gegenübertragung umgegangen?
Sie werden als zentrale diagnostische und therapeutische „Werkzeuge“ verstanden, die Einblick in unbewusste Beziehungsmuster geben. Therapeut(in) und Patient/in gestalten gemeinsam einen Prozess, in dem diese Muster bewusst(er) werden.
62
Was bezeichnet der Begriff „Containment“ in psychodynamischen Ansätzen?
Die Fähigkeit des Therapeuten/der Therapeutin, heftige Affekte und innere Zustände des Patienten aufzunehmen, zu verstehen und „zurückzugeben“, sodass sie für den Patienten/die Patientin erträglicher und verstehbar werden.
63
Welche Rolle spielen „Strukturdiagnostik“ und „Konfliktdiagnostik“ in der heutigen psychodynamischen Praxis?
Strukturdiagnostik (z. B. in der OPD) beurteilt das Niveau der Selbst- und Objektwahrnehmung, Impulssteuerung usw. Konfliktdiagnostik fokussiert auf typische psychische Konflikte (z. B. Nähe–Distanz). Beide Ansätze ergänzen sich in der Therapieplanung.
64
Was sind typische frühkindliche Konflikte, die später als „neurotische“ Konflikte reaktiviert werden können?
Beispiele sind Autonomie–Abhängigkeit, Identität–Rollenkonfusion, Selbstwertkonflikte, versagtes oder überstimuliertes Bedürfnis nach Anerkennung und Bindung. Diese können in Krisensituationen wieder aufflammen.
65
Welchen Stellenwert haben Beziehungsmuster im psychodynamischen Verständnis von Depression?
Depression wird häufig mit einer introjizierten, kritischen oder verlustbeladenen Objektbeziehung verknüpft. Der/Die Betroffene richtet aggressive Impulse gegen sich selbst und erlebt Schuldgefühle oder Verlustangst.
66
Welche Aspekte machen einen psychodynamischen Therapieprozess komplex?
Das Ineinandergreifen von Übertragung, Gegenübertragung, Abwehrmechanismen, strukturellen Defiziten und aktuellen Lebensbedingungen. Hier bedarf es einer fein abgestimmten therapeutischen Haltung, um schrittweise Einsicht und Veränderung zu ermöglichen.
67
Was versteht man unter der „archaischen“ oder „primitiven“ Form der Abwehr?
Damit sind unreife Abwehrmechanismen wie Spaltung, Verleugnung und projektive Identifikation gemeint, die hauptsächlich in frühen Entwicklungsphasen beobachtbar sind und sich bei schweren Persönlichkeitsstörungen finden.
68
Wie lässt sich das Ziel einer psychodynamischen Therapie zusammenfassen?
Bewusstmachung unbewusster Konflikte, Förderung reiferer Abwehrformen, Entwicklung sicherer Objektbeziehungen und/oder Selbstobjektfunktionen sowie eine verbesserte Selbstwahrnehmung und Beziehungsfähigkeit.
69
Welche Bedeutung haben Phantasien (Tagträume, innere Bilder) in der psychodynamischen Theorie?
Phantasien gelten als Brücke zwischen bewusstem Erleben und unbewussten Wünschen bzw. Ängsten. Sie enthalten wichtige Hinweise auf innere Konflikte, die in der Therapie bearbeitet werden können.
70
Was ist gemeint, wenn man vom „Konflikt zwischen Sexualität und Gesellschaft“ spricht?
Nach Freud stehen die sexuellen Triebwünsche häufig im Widerspruch zu gesellschaftlichen Normen und Moralvorstellungen, was zu Abwehr, Verdrängung und neurotischer Symptombildung führen kann.
71
Welche Relevanz hat der „Therapievertrag“ in einer psychodynamischen Behandlung?
Er umfasst Absprachen über Ziele, Frequenz, Setting und Rahmenbedingungen. Ein klarer, gemeinsam getragener Rahmen stärkt die therapeutische Allianz und schafft Sicherheit für das oft angstbesetzte Aufdecken unbewusster Inhalte.
72
Worauf bezieht sich das Konzept „primärer Narzissmus“ bei Freud?
Auf die Annahme, dass das Kind in den frühesten Lebensphasen seine ganze Libido auf sich selbst richtet, also eine Phase der Selbstbezogenheit durchläuft, in der es noch keine „objektbezogenen“ Interessen gibt.
73
Was ist unter dem Begriff „Metapsychologie“ bei Freud zu verstehen?
Freuds Theorie über die Psyche aus ökonomischer (Energieverteilung), topografischer (Bewusstseinsebenen) und dynamischer (Konflikt, Abwehr) Sicht. Sie soll ein umfassendes Verständnis der Vorgänge im Seelenleben vermitteln.
74
Wann sprach Freud von „Traum als Königsweg zum Unbewussten“?
In seinem Werk Die Traumdeutung (1900). Er bezeichnete Träume als privilegierten Zugang zu unbewussten Wünschen und Konflikten. Die Traumarbeit (Verschiebung, Verdichtung) verschleiert jedoch die wahren Motive.
75
Warum ist in der klassischen Psychoanalyse das Liegen auf der Couch so bedeutsam?
Es dient dazu, den direkten Blickkontakt zu vermeiden, sodass Patient(inn)en freier assoziieren können und die Übertragung auf den/die Analytiker(in) leichter angeregt wird, ohne ständig auf dessen/deren Mimik zu achten.
76
Welche Rolle spielt die Abstinenzregel in der klassischen Psychoanalyse?
Der/die Analytiker(in) vermeidet, eigene Bedürfnisse (z. B. nach Trost, Zuneigung) ins Spiel zu bringen, um dem Prozess Raum zu geben, in dem Patient(inn)en ihre unbewussten Konflikte auf den/die Analytiker(in) übertragen.
77
Inwiefern greift die moderne Psychotherapie auch auf verhaltenstherapeutische und kognitivtherapeutische Methoden zurück, obwohl sie psychodynamisch konzipiert ist?
Gerade bei Angststörungen, Zwängen oder Traumata werden oft Expositions- und Entspannungstechniken integriert, ohne dass das psychodynamische Grundverständnis (z. B. Bedeutung der Übertragung) aufgegeben wird.
78
Worin liegt der Wert der „freien Assoziation“ für die Selbsterkenntnis des Patienten?
Sie erlaubt dem Unbewussten, sich in weniger zensierter Form zu äußern. Unerwartete Zusammenhänge, Erinnerungen und Gefühle können auftauchen, die den Zugang zu Konflikten erleichtern.
79
Wie werden in der Ich-Psychologie Eß-, Ess- oder Schlafstörungen erklärt?
Unter dem Aspekt einer mangelhaften „Ich-Funktion“ der Affektregulation oder Impulskontrolle: Die Person kann schwierige Gefühle nicht integrieren und versucht, sie über körperliche oder zwanghafte Verhaltensweisen zu regulieren.
80
Inwiefern gibt es in der psychodynamischen Theorie Parallelen zur Bindungstheorie (Bowlby, Ainsworth)?
Beide betonen die Wichtigkeit sicherer und konsistenter Beziehungen in der frühen Kindheit. Fehlende Bindungssicherheit führt zu stärkerer Angst, unsicheren Selbstrepräsentanzen und problematischen Beziehungsmustern.
81
Was meint „narzisstische Krise“ in der Selbstpsychologie?
Eine Phase, in der das bisherige Selbstwertsystem zusammenbricht (z. B. bei Verlusten oder Kränkungen), weil die Person nicht ausreichend stabile Selbstobjektbeziehungen hat, um sich selbst zu stützen.
82
Welche Rolle können kulturelle und gesellschaftliche Faktoren in der Psychodynamik spielen?
Werte, Normen oder Geschlechterrollen beeinflussen die Entwicklung des Über-Ich und das Ausmaß, in dem Triebwünsche oder Selbstentfaltung möglich sind. Gesellschaftliche Restriktionen können neurotische Konflikte befördern.
83
Was ist eine „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ aus Sicht der Selbstpsychologie?
Eine Störung, bei der das Selbst fragil ist, stark auf Bestätigung angewiesen und mit grandiosen, aber instabilen Selbstanteilen reagiert. Empathiemangel und überempfindliche Kränkbarkeit sind häufig.
84
Wie werden psychodynamische Verfahren evaluiert und erforscht?
Durch klinische Beobachtungen, Einzelfallstudien, aber auch zunehmend durch empirische Studien, in denen Wirkmechanismen (z. B. Veränderung in der Objektbeziehung) und Behandlungsergebnisse systematisch untersucht werden.
85
Wie entsteht laut Kernberg eine Borderline-Persönlichkeitsorganisation?
Durch eine Kombination aus angeborener Disposition und mangelhafter Integrationsfähigkeit von positiven und negativen Objektbeziehungen. Das führt zu starker Spaltung, impulsiven Durchbrüchen und instabilen Beziehungen.
86
Warum ist die Reflexionsfähigkeit so wichtig für den Therapieerfolg in psychodynamischen Ansätzen?
Weil das „Nachdenken über sich selbst“ und über innere Konflikte das Bindeglied ist, um unbewusste Dynamiken zu erkennen und zu integrieren. Ohne Reflexion bleiben Muster unbewusst wirksam.
87
Warum ist Freud zufolge das Bewusstmachen allein noch keine Heilung?
Neben dem intellektuellen Verstehen braucht es ein emotionales Durcharbeiten, damit die in früheren Beziehungen entstandenen Konflikte und Affekte angemessen neu erlebt und transformiert werden können.
88
Welche Weiterentwicklung erfuhr die Psychoanalyse durch die Konzeptualisierung von Kindern und Jugendlichen als psychotherapeutische Klientel?
Während Freud primär Erwachsene behandelte, erkannten Analytiker wie Anna Freud oder Melanie Klein, dass Kinder andere Zugänge (Spiel, Zeichnungen) brauchen und Entwicklungsphänomene stärker berücksichtigt werden müssen.