Helle - Psychodynamische Verfahren Flashcards
(88 cards)
Was versteht man unter dem „kathartischen Verfahren“ nach Freud?
Freuds erste Behandlungsmethode, bei der Patientinnen/Patienten unter Hypnose traumatische Erlebnisse erinnerten und dabei ihren unterdrückten Affekt „abreagierten“. Er sah darin zunächst eine Form der „Reinigung“ (Katharsis).
Welche zentrale Neuerung führte zum Übergang vom kathartischen Verfahren zur Psychoanalyse?
Freud stieg von der Hypnose auf die Methode der „freien Assoziation“ um. Hierbei schilderten Patientinnen/Patienten alles, was ihnen in den Sinn kam, um so einen Zugang zu verdrängten Inhalten zu erhalten.
Was besagt das topografische Modell von Freud?
Es unterscheidet Bewusstes, Vorbewusstes und Unbewusstes (bekannt als „Eisbergmodell“). Bewusstes ist der kleine sichtbare Teil, die vorbewussten Inhalte sind jederzeit bewusstseinsfähig, und das Unbewusste bleibt normalerweise verborgen, wirkt aber im Erleben und Handeln.
Welche zwei Grundtriebe unterscheidet Freud in seiner letzten Triebtheorie?
Den Lebenstrieb (Libido) und den Todestrieb. Ersterer zielt auf Aufbau, Erhalt und Befriedigung, letzterer auf Auflösung, Aggression und letztlich Rückkehr zum anorganischen Zustand.
Wie lauten die psychosexuellen Entwicklungsphasen nach Freud?
Orale Phase (1.–2. Lebensjahr), anale Phase (2.–3. Lebensjahr), phallische/ödipale Phase (3.–5. Lebensjahr), Latenzphase (bis zur Pubertät) und genitale Phase (Pubertät und darüber hinaus).
Wofür steht der Begriff „Es-Ich-Über-Ich“ im Strukturmodell Freuds?
„Es“ repräsentiert die unbewussten Triebe, „Ich“ vermittelt zwischen Triebwünschen und Realität, „Über-Ich“ vereint moralische Normen und Wertvorstellungen. Das Ich bemüht sich, allen Instanzen zugleich gerecht zu werden.
Was sind Abwehrmechanismen und wozu dienen sie?
Sie sind unbewusste Strategien des Ich, um angst- oder schambehaftete Wünsche und Gefühle abzuwehren. Beispiele sind Verdrängung, Projektion, Verleugnung und Sublimierung.
Was ist der Kern der Ich-Psychologie?
Der Schwerpunkt liegt auf den Funktionen des Ich, das nicht nur durch Triebe beeinflusst wird, sondern auch selbstbestimmt Anpassung und Kontrolle ausübt. Anna Freud und Heinz Hartmann betonten das autonome Potenzial des Ich und seine Fähigkeit zu reifen Lösungsstrategien.
Worin besteht das Hauptanliegen der Objektbeziehungstheorie?
Sie untersucht die frühen Beziehungen und deren innere Repräsentanzen (innere Objekte), die das menschliche Fühlen, Denken und Handeln prägen. Therapeutisch wird besonders auf das Beziehungsgeschehen im Hier-und-Jetzt geachtet, einschließlich Übertragung und Gegenübertragung.
Was sind Übergangsobjekte?
Gegenstände (z. B. Kuscheltier), die das Kind nutzt, um Zeiten der Trennung von der Bezugsperson zu überbrücken. Sie ermöglichen dem Kind das Gefühl von Nähe und Geborgenheit trotz räumlicher Distanz.
Was versteht man unter dem Begriff „Selbstobjekt“ nach Kohut?
Personen oder Dinge, die für das Selbstkonzept stabilisierend und strukturgebend sind. In der Therapie kann der/die Therapeut(in) als Selbstobjekt fungieren, indem er/sie empathisch spiegelt und so reifende Selbstanteile fördert.
Welche drei Formen von Selbstobjektübertragungen unterscheidet Kohut?
1) Spiegelübertragung: Bedürfnis, in den Augen des Gegenübers Verständnis und Wertschätzung zu erleben; (2) Zwillings-/Alter-Ego-Übertragung: Gefühl der Ähnlichkeit mit dem anderen; (3) idealisierende Übertragung: Das Gegenüber wird idealisiert, um das eigene Selbstwertgefühl zu stützen.
Was ist der Hauptunterschied zwischen klassischer Psychoanalyse und objektbeziehungstheoretischen Ansätzen in der therapeutischen Haltung?
In der klassischen Analyse hält sich der/die Analytiker(in) stärker abstinent, um Übertragungsprozesse zu beobachten und zu deuten. In objektbeziehungstheoretischen Ansätzen legt man verstärkt Wert auf eine realere Beziehungsgestaltung und korrigierende Beziehungserfahrungen.
Wie erklärt die Objektbeziehungstheorie Persönlichkeitsstörungen wie Borderline?
Durch gestörte frühe Beziehungen können ambivalente Selbst- und Objektrepräsentanzen unzureichend integriert werden. Betroffene reagieren daher häufig mit Spaltung (schwarz-weiß) und instabilen Bindungen, da „gute“ und „schlechte“ Anteile nicht zusammengeführt werden können.
Welche Rolle spielt die Triangulierung im ödipalen Konflikt?
Das Kind lernt, dass Eltern eine eigene Beziehung haben, in der das Kind nicht vorkommt, und entwickelt dadurch eine Dreier-Beziehungs-Repräsentanz (Mutter-Vater-Kind). Dies stärkt das Erleben eigener Autonomie und Identität.
Was wird unter dem Begriff „Verführungstheorie“ bei Freud verstanden?
Freuds ursprüngliche Annahme, dass psychische Störungen (insbesondere Hysterie) auf tatsächliche sexuelle Traumatisierungen in der Kindheit beruhen. Später erkannte er allerdings, dass viele seiner Patientinnen/Patienten keine realen, sondern fantasierte Ereignisse schilderten, was zum Paradigmenwechsel der Psychoanalyse führte.
Wodurch zeichnete sich Freuds „Traumatheorie“ (in frühen Phasen) aus?
Er postulierte, dass reale traumatische Erlebnisse (oft sexueller Natur) im Unbewussten verdrängt blieben und in Form hysterischer Symptome (z. B. Lähmungen, Krampfanfälle) weiterwirkten. Erst die Erinnerung und Abreaktion sollten heilen.
Wie wurde das Wiederauftreten von angstauslösenden Erinnerungen bei traumatisierten Personen durch Freud problematisiert?
Er stellte fest, dass sogenannte traumatisierte Personen (z. B. Kriegsheimkehrer) im Traum immer wieder denselben Schrecken durchlebten. Das widersprach seiner ursprünglichen Annahme, Träume seien Wunscherfüllungen. Dies war ein Schritt in Richtung Todestrieb-Konzept.
Was versteht man unter „Wiederholungszwang“?
Das Phänomen, bei dem Menschen belastende oder leidvolle Situationen aus ihrer Vergangenheit in ähnlicher Weise erneut durchleben bzw. sie unbewusst auf neue Beziehungen und Konstellationen übertragen, anstatt sie zu „erinnern und zu verarbeiten“.
Worin liegt die Bedeutung der Latenzzeit im Freud’schen Entwicklungsmodell?
In dieser Phase (ca. 5. bis 12. Lebensjahr) werden die zuvor dominanten sexuellen und aggressiven Strebungen weitgehend verdrängt oder sublimiert. Die Energie wird stärker in soziale, kognitive und kulturelle Aktivitäten investiert.
Welche Beobachtung führte Freud von der Traumatheorie zur konflikthaften Perspektive?
Er erkannte, dass die von Patientinnen/Patienten geschilderten sexuellen Übergriffe teilweise nicht real stattgefunden hatten, sondern Fantasien entsprangen. Freud verlegte die Ursache neurotischer Symptome deshalb eher in innere Konflikte als in reale Traumata.
Warum wurde Freuds Abkehr von der Verführungstheorie auch kritisiert?
Man warf ihm vor, das reale Vorkommen sexueller Übergriffe und Traumatisierungen zu unterschätzen oder gar zu verleugnen. Tatsächlicher Missbrauch bei Kindern blieb dadurch in vielen Fällen unbeachtet.
Wie werden die Begriffe „inneres Objekt“ und „Objektrepräsentanz“ definiert?
Ein „inneres Objekt“ ist das psychische Abbild eines Beziehungspartners oder einer Bezugsperson im eigenen Innern. „Objektrepräsentanz“ umfasst die Gesamtheit der damit verbundenen Gefühle, Fantasien und Bewertungen.