Sexueller Missbrauch

Question 1

Definition

Answer 1

> Unterform der Kindesmisshandlung
Beteiligung von Kinder und Jugendlichen an sexuellen Handlungen, die sie aufgrund ihres Entwicklungsstandes nicht verstehen und somit ihre Einverständnis nicht geben können
sexuelle Befriedigung des Erwachsenen -> Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen
Einwilligung des Kindes irrelevant!
Unterscheidungen:
- intra- oder extrafamiliär
- einmaliges Trauma (Typ 1) oder chronischer Missbrauch (Typ 2)
- Hands-on oder Hands-off (ohne Hautkontakt)
- versuchte oder vollzogene Penetration
Sonderformen
- Pädophilie
- Inzest
- Päderastie: homosexuelle Pädophilie

Question 2

Epidemiologie

Answer 2

• Mädchen: 6-25%
• Jungen: 2-8%
  -> nur bei 10% Täter den Kinder unbekannt
  > Hohe Dunkelziffer (vor allem intrafamiliär)
  > Oft im frühen Jugendalter, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, sozioökonomischen schwache Familien -> jedoch in allen Schichten und Altersgruppen
  > Drohungen oder Belohnungsangebote wichtige Rolle (Bestrafung, Schuldgefühle, existenzieller Gefährdung)

Question 3

Ätiologie

Answer 3

> Ursachen:

• Persönlichkeitsmerkmale (introvertiert, soziale Isolation, selbst Erfahrungen, Suchterkrankungen und PS, geschäftlich-kriminelle Absichten
• Merkmale im Familiensystem: schwere intrafamiliäre Kommunikationsstörungen, grosse emotionale Abhängigkeit, Vermischung Rollen
• Gesellschaftliche Faktoren: sozial isolierte Familien (wohnen mit blutsverwandten)

Question 4

Klinisches Bild

Answer 4

> Schwere Formen:
- Vergewaltigung
- chronischer Missbrauch
- enge verwandtschaftliche Nähe
- kombi mit anderen Missbrauch (Misshandlung, Vernachlässigung) -> oft komorbid
Auch Kontext und Reaktion darauf wichtig -> fehlende Unterstützung bei innenfamiliärem Missbrauch (häufigsten)
Ambivalenzgefühle gegenüber Täter, Selbstbeschuldigung, Schuldvorwürfen
Angst vor Strafrecht, öffentliches Ansehen und finanzielle Versorgung

Question 5

Diagnostik

Answer 5

> selten Hinweise bei körperlicher Untersuchung (ausser frisch)
Diagnostischer Goldstandard= vertrauensvolle Gesprächsführung und gerichtlich verwertbare Aussagegewinnung
Verdachtsmomente:
- unklare Verletzungen
- unklare Brust- und Schenkelverletzungen
- Schwangerschaft
- unklare Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten
- neu auftretendes massives sexualisierendes Verhalten
- Schlafstörungen
- plötzlicher schulischer Leistungsabbau, Beziehungsstörungen, dissoziales oder übermässig angepasstes Verhalten
-> Kein sexuelles Missbrauchssyndrom
Ärztliche Untersuchung innerhalb von 48h (gynäkologisch -> forensisch als auch Infektionspräventiv)
Achtung: genau dokumentieren ob spontan berichtet, möglich viel (jedoch keine Rückfragen), Originalzitate

Question 6

Differenzialdiagnose

Answer 6

> Altersunangemessenes Sexualverhalten
- Nutzung pornografischer Medien
- Imitieren des Verhaltens
- unmittelbares Beobachten von sexuellem Missbrauch 
> Differenzialdiagnosen:
- gewöhnliches Verhalten 
- Pseudologia phantastisch: Unwahrheit, aber davon überzeugt
- gezieltes Lügen
- körperliche Misshandlung 
- wahnhafte Schilderung bei Schizo

Question 7

Therapie

Answer 7

> Akutbehandlung: Kinder schützen vor Wiederholung (stationäre Aufnahme oder Inobhutnahme)
Im Verlauf:
- Manchmal reicht Aufdeckung, Beratung der Opfer und Sicherstellung von Wiederholung
- Können psychische Störungen auftreten (hängt von subjektiver Wahrnehmung, Interpretation und Unterstützung der Mitmenschen ab)
- langfristige tragfähige Therapiebeziehung
- Entlastung von Schuldgefühlen
- psychische Störungen behandeln (PTSD, Essstörungen, Schlafstörungen, Depression, Substanzmissbrauch, emotional-instabile PS Borderline, dissoziative Störungen) -> regelmässige Verlaufsuntersuchungen
- Aufbau von Beziehungen und adäquate Sexualaufklärung
- Begleitung von Strafverfahren

Question 8

Prognose

Answer 8

> Hohes Risiko an psychischer Störung zu erkranken (je nach Persönlichkeit), Substanzmissbrauch, selbst Täter zu werden oder Suizid