Gerichtliche Entscheidungen Flashcards

(46 cards)

1
Q

Was sind die Stadien der Urteilsrelevanz?

A

Bindung des Gerichts an das eigene Urteil gem § 416 Abs 2 ZPO:
Ab Urteilserlassung ist das Gericht an sein Urteil gebunden, also mit der mündlichen Verkündug nach Schluss der mündlichen Verhandlung gem § 414 ZPO oder mit Abgabe der schriftlichen Fassung zur Ausfertigung gem § 415 ZPO (vorbehaltenes Urteil). Ab dann kann das Gericht die Entscheidung nicht mehr von sich aus abändern.

Wirksamkeit des Urteils gegenüber den Parteien gem § 416 Abs 1 und 3 ZPO:
Ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung oder ausnahmsweise mit dessen mündlicher Verkündung ist das Urteil gegenüber den Parteien wirksam. Ab dann beginnen die Rechtsmittelfristen und die Leistungsfrist, sofern kein Rechtsmittel eingelegt wird, sonst erst ab dem tag nach Eintritt der Rechtskraft. Wenn ein Urteil in Anwesenheit beider Parteien mündlich verkündet wurde dann beginnt die Berufugnsfrist nur dann mit der Zustellung wenn die Berufung rechtzeitig angemeldet wurde.

Formelle Rechtskraft:
Unanfechtbarkeit der Entscheidung in dem Rechtsstreit in dem sie ergangen ist. Dies tritt ein wenn es gegen die Entscheidung keine Rechtsmittel mehr gibt (letzte Instanz), mit ungenütztem Ablauf der RM-Frist, mit RM-Verzicht oder RM-Zurücknahme oder mit ungenütztem Ablauf der Anmeldungsfrist für die Berufung.

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2
Q

Wann ist das Gericht an das Urteil gebunden?

A

Das Gericht ist an das Urteil gebunden mit der mündlichen Urteilsverkündung oder durch die Abgabe der schriftlichen Urteilsabfertigung zur Ausfertigung gem § 416 Abs 2 ZPO.

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3
Q

Worauf muss man bei mündlich verkündeten Urteilen aufpassen?

A

Bei mündlich verkündeten Urteilen muss sofort nach Verkündung des Urteils mündlich oder binnen 14 Tagen ab Zustellung der schriftlichen Protokollabschrift durch Schriftsatz beim Erstgericht die Berufung angemeldet werden.

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4
Q

Was ist wenn die Berufung nicht angemeldet wurde?

A

Wenn die Berufung nicht angemeldet wird dann tritt formelle Rechtskraft ein. Für eine Einbringung einer Berufung wäre die Rechtzeitigkeit nicht mehr gegeben wenn die Anmeldung nicht innerhalb der 14 Tage Frist geschieht. In weiterer Folge würde dies zur Zurückweisung der Berufung führen.

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5
Q

Welche Urteilswirkungen gibt es?

A

Materielle Rechtskraft

Vollstreckungswirkung

Gestaltungswirkung

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6
Q

Was wird von einer Entscheidung rechtskräftig?

A

Der Urteilsspruch erwächst in Rechtskraft sobald sie nicht mehr durch ordentliche Rechtsmittel angefochten werden kann. Oft werden aber die Entscheidungsgründe aber zur Auslegung des Spruches herangezogen (Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung, rechtliche Beurteilung). Dabei spricht man von relativer Rechtskraftwirkung der Entscheidungsgründe.

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7
Q

Was sind die Grenzen der Rechtskraft?

A

Objektive Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst nur den im Spruch erledigten Anspruch und die zur Individualisierung notwendigen Tatsachen. Es kann also keine neue Klage mit dem demselben Streitgegenstand als Urteilsgegenstand zwischen den Parteien eingebracht werden (Einmaligkeitswirkung). Dies umfasst auch das begriffliche Gegenteil.

Die Entscheidungsgründe werden nicht umfasst, außer sie sind zur Individualisierung erforderlich oder bei abweisenden Urteilen, dort ist der Abweisungsgrund relevant.

Nicht rechtskräftig werden Vorfragen (außer bei Zwischenantrag auf Feststellung), Tatsachenfeststellungen, rechtliche Ausführungen, Einreden oder Einwendungen (außer Aufrechnungseinrede).

Subjektive Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst grundsätzlich nur die Parteien, ausnahmsweise aber auch Dritte (Rechtskrafterstreckung). Dies ist der Fall bei Gesamt- oder EInzelrechtsnachfolge, bei bestimmten Angelegenheiten wenn es ausdrücklich vorgesehen ist (gesellschaftsrechtliche Klagen, § 28 KHVG) und für Zivilgerichte und Verwaltungsbehörden.

Zeitliche Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst grundsätzlich nur alles bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz), also der Zeitpunkt bis zu dem die Parteien neue Tatsachenvorbringen erstatten hätten können.

Präklusionswirkung: dadurch werden alle nicht vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel ausgeschlossen. Nova producta, also Änderungen des Rechtsdezernenten Sachverhaltes nach Schluss der mündlichen Verhandlung werden nicht durch die Rechtskraft erfasst. Bei nova reperta gilt die Präklusionswirkung, sie können nur mit Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden wenn sie ohne Verschulden im ersten Prozess nicht geltend gemacht wurden. Der Umfang der Präklusion hängt vom Streitgegenstandsbegriff ab.

Der Kläger kann dann nicht nochmal das gleich Begehren aufgrund von präkludierten Tatsachen geltend machen (außer Wiederaufnahmsklage). Der Beklagte ist von allen EInwendungen ausgeschlossen, die er schon vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erheben hätte können.

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8
Q

Was versteht man unter Rechtskraft?

A

Es gibt dir formelle und die materielle Rechtskraft. Bei der formellen Rechtskraft kann eine Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln bekämpft werden.

Bei der materiellen Rechtskraft geht es darum, dass der Entscheidung Maßgeblichkeit verliehen wird, wobei zwei Urteilswirkungen zu unterscheiden sind.

Einmaligkeitswirkung:
Verhindert neue Entscheidungen über die bereits entschiedene Hauptfrage. Voraussetzungen dabei sind Identität der Parteien und die Identität des Entscheidungs- und Streitgegenstandes. Die erste Entscheidung bildet dann ein Prozesshindernis, welches in jeder Lage des Verfahrens wahrgenommen werden kann, dass zweite Gericht weist dann die Klage zurück. Sonst würde es zur Nichtigerklärung des Verfahrens, der Aufhebung der zweiten Entscheidung und zur Zurückweisung der Klage kommen.

Dies ist auch noch nach Rechtskraft möglich und bildet einen Nichtigkeitsgrund.

Bindungswirkung:
An die im vorangegangene Prozess rechtskräftig entschiedenen Hauptfragen ist das Gericht in einem Folgeprozess gebunden, sie ist also präjudiziell für die neue Hauptfrage. Bei Verstößen gegen die Bindungswirkung kann es dazu kommen, dass der Prozess und das Urteil nichtig sind, was auch nach Rechtskraft geltend gemacht werden kann. Weiters bildet es einen Wiederaufnahmegrund gem § 530 Abs 1 Z 6 ZPO.

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9
Q

Was wird materiell rechtskräftig in Österreich?

A

Der Urteilsspruch und die Gründe soweit sie zur Konkretisierung des Urteils dienen.

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10
Q

Hat die formelle Rechtskraft Urteilswirkungen?

A

Echte Urteilswirkungen kommen nur der materiellen Rechtskraft, der Vollstreckbarkeit und der Gestaltungswirkung zu. Bei der formellen Rechtskraft befindet man sich im Stadium der Urteilsrelevanz.

Die formelle Rechtskraft ist Voraussetzung für die materielle Rechtskraft und die Gestaltungswirkung. Aber nicht für die Vollstreckbarkeit, es kann bereits Exekution zur Befriedigung geführt werden wenn das Berufungsurteil mit außerordentlicher Revision angefochten wird. Exekution zur Sicherstellung ist generell vor Rechtskraft möglich.

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11
Q

Haben wir einen einheitlichen Zeitpunkt wann formelle Rechtskraft gegenüber dem Kläger und Beklagten eintritt?

A

Es gibt keinen einheitlichen Zeitpunkt der formellen Rechtskraft. Dieser kann für jede Partei unterschiedlich sein, da die Entscheidung den Parteien zu unterschiedlichen Zeiten zugestellt werden kann.

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12
Q

Wie unterscheidet sich formelle Rechtskraft von materieller Rechtskraft?

A

Materielle Rechtskraft hat Urteilswirkungen und die formelle Rechtskraft ist nur ein Urteilsstadium.

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13
Q

Welche Urteilswirkungen wirkt gegenüber jedermann?

A

Die Gestaltungswirkung wirkt gegenüber jedermann, anders als die materielle Rechtskraft welche nur zwischen den Parteien wirkt.

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14
Q

Wann werden die Gründe rechtskräftig?

A

Die Entscheidungsgründe werden nur rechtskräftig wenn sie zur Konkretisierung des Spruchs benötigt werden, dies ist besonders wichtig bei der Klagsabweisung, zum Beispiel mangels Fälligkeit.

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15
Q

Beseitigung von Rechtskraft

A

Nichtigkeitsklage § 529 ZPO

Wiederaufnahmsklage § 530 ZPO

Antrag an den OGH gem § 42 Abs 2 JN

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

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16
Q

Gestaltungswirkung

A

Dabei geht es um die konstitutive Änderung der Rechtslage durch Richterspruch (nur bei Rechtsgestaltungsurteilen). Mit Eintritt der formellen Rechtskraft wird unmittelbar die materielle Rechtslage geändert ohne weitere Vollstreckung. Die Gestaltungswirkung wirkt gegenüber jedermann.

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17
Q

Vollstreckungswirkung

A

Diese Entscheidungswirkung kommt nur Leistungsurteilen zu. Vollstreckbarkeit bedeutet, dass der im Urteil enthaltene Leistungsbefehl mit staatlichen Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Diese tritt mit Ablauf der leistungsfähigsten ein gem § 409 ZPO, ordentliche Rechtsmittel schieben dies aber auf. Wenn also angefochten werden kann, dann darf die Vollstreckbarbestätigung erst nach ungenütztem Ablauf der 4 Wochen Frist erteilt werden. Sie ist keine Folge der Rechtskraft, tritt aber grundsätzlich nicht davor ein.

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18
Q

Tatbestandswirkung

A

Stellt keine echte Entscheidungswirkung dar und ist nur eine privatrechtliche Nebenwirkung des Urteils.

Ist gegeben, wenn das Gesetz oder ein Vertrag eine bestimmte Rechtsfolge an das Vorliegen eines Urteils mit bestimmten Inhalt knüpft.

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19
Q

Versäumungsurteil

A

Wenn sich eine Partei nicht mündlich oder schriftlich in den Streit einlässt so wird sie säumig, dann kann die erschienene Partei einen Antrag auf ein Versäumungsurteil stellen.

Dies ist nur noch in drei Fällen möglich:

Im GH-Verfahren wenn die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig erstattet wurde.

Im GH-Verfahren wenn die Partei nicht zur vorbereitenden Tagsatzung erscheint.

Im BG-Verfahren wenn einer Parteien nicht zur vorbereitenden Tagsatzung erscheint.

20
Q

Was kann man gegen Versäumungsurteile tun?

A

Es gibt drei Möglichkeiten: Berufung, Widerspruch und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Kumulierung ist möglich, die Reihenfolge kann selbst festgelegt werden. Wenn man keine Reihung vornimmt ist zuerst die Berufung, dann die Wiedereinsetzung und dann der Widerspruch zu prüfen.

21
Q

Wie verhalten sich Wiedereinsetzung und Widerspruch zueinander und Berufung und Widerspruch?

A

Im Widerspruch werden keine Gründe für die Säumnis angegeben, daher gibt es im Verhältnis zur Berufung und der Wiedereinsetzung keine Probleme.

Wenn ein Berufungs- oder Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, dann ist auch immer Widerspruch möglich.

22
Q

Gegen welche Versäumungsurteile gibt es keinen Widerspruch?

A

Der Widerspruch ist nur vorgesehen wenn der Beklagte die erste Verteidigungshandlung versäumt hat. Wenn im GH Verfahren bereits die Klagebeantwortung oder ein Einspruch erhoben wurde dann ist kein Widerspruch mehr möglich und im BG Verfahren nur im Fall des § 442a ZPO.

23
Q

Inwiefern hat der Widerspruch nicht so eine umfassende Wirkung wie die Wiedereinsetzung?

A

Beim Widerspruch ist keine Angabe von Gründen erforderlich, dient aber auch nur dazu um gegen das VU vorzugehen, nicht auch um die versäumte Handlung nachzuholen.

Der Beklagte kann also die Einreden die er in der Klagebeantwortung oder vorbereitenden Tagsatzung vorbringen hätte müssen präkludiert (unprorogable sachliche/örtliche Unzuständigkeit können nicht mehr geltend gemacht werden und internationale Unzutsändigkeit kann aber weiter geltend gemacht werden).

Bei der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in das Stadium vor der Säumnis zurück, deshalb gibt es keine Präklusionswirkungen.

24
Q

Wann gibt es Versäumungsurteile von Amts wegen?

A

Dies gibt es nur im europäischen Bagatellverfahren wenn der Beklagte nicht rechtzeitig die Klagebeantwortung erstattet gem § 548 Abs 4 ZPO.

25
Was ist die Grundlage eines Versäumungsurteils bzw auf welcher rechtlichen Grundlage wird es erlassen?
Grundlage für das Versäumungsurteil ist das tatsächliche Vorbringen der erschienen Partei, welches für wahr zu halten ist außer dessen Unwahrheit ist offenkundig oder gerichtsbekannt oder steht aufgrund vorliegender Beweise fest (aus Ergebnissen aus dem Beweissicherungsverfahren). Vorbringen der säumigen Partei sind nicht zu berücksichtigen.
26
Welche Angaben müssen sich bewahrheiten bzw was ist für wahr zu halten?
Nur das tatsächliche Vorbringen der erschienen Partei ist zu beachten, das Gericht hat die Prozessvoraussetzungen und die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen. Ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil ist nur möglich, wenn das Begehren schlüssig ist, sich also bei richtiger rechtlicher Beurteilung aus dem als wahr angenommene Sachverhalt ergibt.
27
Unter welchen Voraussetzungen kann man davon ausgehen, dass auch das Tatsachenvorbringen nicht für wahr zu halten ist?
Man kann davon ausgehen, außer die Unwahrheit ist offenkundig oder gerichtsbekannt oder steht aufgrund vorliegender Beweise fest (aufgrund eines vorhergehenden Beweissicherungsverfahrens). Offenkundig ist eine Tatsache wenn sie allgemeinkundig oder gerichtskundig ist, sie ist nicht beweisbedürftig. Allgemeinkundige Tatsachen sind einer größeren Anzahl an Menschen bekannt und ohne weitere Schwierigkeiten jederzeit wahrnehmbar (Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung). Gerichtskundige Tatsachen: sind dem Richter aus eigener amtlicher Wahrnehmung bereits bekannt ohne dass er Einsicht in die Unterlagen nehmen müsste.
28
In welchen Urteilen ist einVersäumungsurteil gegen den Kläger möglich?
Wenn der Kläger die vorbereitende Tagsatzung im BG oder GH Verfahren versäumt.
29
Wann ist es sinnvoll Widerspruch zu erheben und wann ist es sinnvoll Wiedersinsetzung in den vorigen Stand zu erheben und wann Berufung?
Wiedereinsetzung sollte gewählt werden wenn man gegen die Folgen der Versäumung einer Prozesshandlung oder befristeten Prozesshandlung vorgehen will, man vermeidet dann die Präklusionswirkung. Widerspruch ist der einfachste und billigste Rechtsbehelf, sinnvoll wenn man kein Risiko eingehen will, ist aber nur möglich wenn die erste Verteidigungshandlung versäumt wurde. Berufung ist sinnvoll wenn die Säumnis nicht vorliegt, zum Beispiel wenn die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde.
30
Wann gilt das Neuerungsverbot?
Bei der Berufung gilt ein Neuerungsverbot.
31
Wo gibt es keine Versäumungsurteile?
Eheverfahren Rechtsmittelverfahren Schiedsverfahren Sozialrechtssachen Aufhebungsverfahren aufgrund einer Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage (gilt nur für stattgebende Versäumungsurteile) In Verfahren in denen der Untersuchungsgrundsatz herrscht gibt es keine Versäumungsurteile (Außerstreitverfahren, Exekutionsverfahren, Insolvenzverfahren).
32
Was prüft ein Richter vor der möglichen Erlassung eines Versäumungsurteils?
Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes gem § 402 ZPO Vorliegen aller Prozessvoraussetzungen Nichtvorliegen eines sonstigen nichtigkeitsgrundes Säumnis des Nichterschienenen Schlüssigkeit der Klage
33
Was passiert wenn die Klage unschlüssig ist und der Kläger ein Versäumungsurteil beantragt, was hat das für Konsequenzen?
Dann wäre ein Verbesserungsauftrag notwendig, wobei zwei Fälle zu unterscheiden sind. Klagsverbesserung gem § 235 Abs 4 ZPO: Bei kleinen Mängeln, Änderungen, Ergänzungen, Erläuterungen, Berichtigungen von Angaben oder Beweisanboten ohne Änderung des Klagegrundes. Klagseinschränkung fällt hier auch darunter. Alle weiteren Gründe in § 235 Abs 4 ZPO sind eindeutige Änderungen des Streitgegenstandes, fallen aber trotzdem unter die Klagsverbesserung (Umstieg von Leistung auf Interesse, Umstieg von ausländischer auf inländische Währung). Es kommt also zuerst zur Klagsverbesserung und dann direkt zur Fällung des VU. Klagsänderung gem § 235 Abs 1 ZPO: bei gravierenden Mängeln, grundsätzlich liegt eine Klagsänderung vor, wenn der Kläger den Streitgegenstand ändert, richtet sich nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff. Eine Änderung liegt also immer vor, wenn sich der maßgebliche SV (Klagegrund) und/oder das Begehren ändert. Dabei muss der Kläger ein neues Vorbringen erstatten, dieses ist dem Beklagten zuzustellen und er ist nochmal zur vorbereitenden Tagsatzung zu laden. Erst wenn er dann nicht erscheint kommt es zu einem VU. Wenn die erschienen Partei nichts tut, dann tritt Ruhen des Verfahrens ein gem § 398 Abs 2 ZPO.
34
Erklären die das Grundurteil und das Grundlagenurteil
Beides sind Zwischenurteile, der Prozessstoff wird in qualitativer Hinsicht geteilt, weil die Entscheidung über einen Streitpunkt vor Entscheidung über die Hauptsache sinnvoll erscheint. Grundurteil: § 393 Abs 1 ZPO: Der Anspruch ist dem Grunde nach und nach der Höhe strittig, der Grund sind alle rechtserzeugenden Tatsachen aus denen der Anspruch abgeleitet wird. Im 1. Abschnitt wird entschieden ob der Anspruch dem Grunde nach besteht, wenn ja wird ein Grundurteil erlassen, wenn nicht dann ein Endurteil. Im 2. Abschnitt wird dann über die Höhe entschieden. Ob ein Grunurteil gefällt wird liegt im Ermessend es Gerichts. Es entfaltet nur innerprozessuale Wirkung, geht also nicht über den konkreten Rechtsstreit hinaus (Folgeprozesse). Grundlagenurteil § 393 Abs 2 ZPO: Wird von der Partei mit einem Zwischenantrag auf Feststellung beantragt. Ist ein echtes Feststellungsurteil das auch über den konkreten Rechtsstreit hinaus wirkt (Rechtskraft). Man kann durch ein Grundlagenurteil bestimmte Voirfragen herausnahmen und Gegenstand eines eigenen Urteils machen, da sonst über die Vorfragen nicht rechtskräftig entschieden wird. Unterschiede: Beim Grundurteil entscheidet das Gericht ob es eines erlässt, während das Grundlagenurteil auf Antrag der Partei erlassen wird. Das Grundurteil hat nur innerprozessuale Wirkung und das Grundlagenurteil ist ein echtes Urteil mit allen Entscheidungswirkungen (materielle Rechtskraftwirkung). Wenn gegen ein Grundurteil Rechtsmittel erhoben werden dann wird die weitere Verhandlung gehemmt, bei Grundlagenurteilen gibt es keine grundsätzliche Hemmung, der Richter kann das Verfahren aber unterbrechen.
35
Was bringt das Grundurteil, wenn es nur innerprozessuale Wirkung hat?
Damit kann man den Parteien ermöglichen schon mal Rechtsmittel zu erheben. Wenn die zweite Instanz das Bestehen des Anspruchgrundes bestätigt dann kann in erster Instanz über die Höhe verhandelt werden. Wenn die zweite Instanz ablehnt erspart sich die erste Instanz das Weiterverhandeln. Wenn aber kein Rechtsmittel gegen das Grundurteil erhoben wird, dann kann in einem späteren RM gegen das Endurteil kein RM gegen das bestehen des Anspruches dem Grunde nach erhoben werden.
36
Wann beantragt man als Anwalt ein Grundlagenurteil?
Wenn man möchte, dass über eine Vorfrage rechtskräftig entschieden wird, zum Beispiel über das Bestehen eines Kaufvertrages wenn vorerst nur der fällige Teil eingeklagt wird.
37
Warum sollte das Verfahren bei Erhebung eines Rechtsmittels unterbrochen wird bei einem Grundlagenurteil?
Weil dadurch der Fristenlauf erlischt und weitere gerichtshandlungen vorerst unzulässig sind. Es kann auch sein, dass das Rechtsmittelgericht die Entscheidung des Erstgerichts nicht bestätigt, dann müsste der Richter nicht umsonst weiterverhandeln.
38
Welche Bindungswirkung hat ein Strafurteil bzw was geschieht bei einer strafrechtlichen Vorfrage?
Wenn noch kein strafrechtliches Verfahren anhängig ist oder es noch nicht abgeschlossen ist dann kann der Richter selbst in der Sache entscheiden oder unterbrechen und das strafrechtliche Verfahren abwarten. Er darf auch unterbrechen wenn es noch gar kein Strafverfahren gibt. Wenn das Strafverfahren schon abgeschlossen ist dann ist das Gericht nicht an einen Freispruch und eine Diversion gebunden. Laut dem OGH ist nur derjenige gebunden der verurteilt wurde, der Verurteilte kann also nicht behaupten die Strftat nicht begangen zu haben. Sein Versicherer kann es aber schon sagen. Eine Ausnahme besteht in § 28 KHVG dabei wirkt ein den Schadenersatz des geschädigten aberkennendes Urteil für den versicherten und den Versicherer. Weiters ist das Gericht nicht an die genaue Summe der Schadenshöhe gebunden, nur an die Tatbestände die das Delikt ausmachen (bei schweren betrug wird man erst ab 5.000,- verurteilt, daher darf das Zivilgericht keinen geringeren Betrag als 5.000,- annehmen kann aber darüber gehen). Bei Missachtung der Bindungswirkung kommt es zu einem Nichtigkeitsgrund. Die unrichtige Annahme einer Bindung stellt einen Verfahrensmangel dar.
39
Jemand verursacht eine Körperverletzung aufgrund eines Verkehrsunfalles. Wie sieht es mit der strafrechtlichen Verurteilung im Zivilverfahrensrecht aus?
Der Richter kann entweder selbst entscheiden oder er kann das Verfahren unterbrechen und das Strafverfahren abwarten gem § 190 ZPO (auch wenn dieses noch garnicht anhängig ist).
40
Im Zivilverfahrensrecht besteht der Verdacht, dass ein strafbarer Verhalten gesetzt wurde. Was tut das Zivilgericht?
Der Richter kann entweder selbst entscheiden oder er kann das Verfahren unterbrechen und das Strafverfahren abwarten gem § 190 ZPO (auch wenn dieses noch garnicht anhängig ist).
41
Was geschieht bei einer verwaltungsbehördlichen Vorfrage?
Wenn noch kein Verwaltungsverfahren anhängig ist in dem die Vorfrage als Hauptfrage behandelt wird, so kann das Gericht die öffentlich rechtliche Vorfrage gem § 190 ZPO selbst beurteilen. Wenn schon ein Verwaltungsverfahren anhängig ist dann kann das Zivilgericht die Wahl sein Verfahren zu unterbrechen oder selbst zu entscheiden gem § 190 ZPO. Das andere verfahren muss aber anhängig sein. Oft ist im öffentlichen Recht eine zwingende Verfahrensunterbrechung zwingen vorgesehen. Das Gericht ist dann an rechtskräftige Bescheide einer Verwaltungsbehörde gebunden, jedoch gibt es im Einzelfall Streitigkeiten. Die Bindung besteht jedenfalls wenn es gesetzlich angeordnet ist, wenn es eine Unterbrechungsflicht gibt, wenn es sich um konstitutive Akte handelt. Ansonsten ist die Bindung strittitg, der OGH nimmt sie aber grundsätzlich an außer bei absolut nichtigen Verwaltungsakten. Eine Missachtung der Bindnungswirkung oder eine zu Unrecht angenommene Bindung stellt einen Verfahrensmangel gem § 496 Abs 1 Z 2 ZPO dar.
42
Ein Gerichtsverfahren ist in Österreich anhängig, es stellt sich die Frage wie Unionsrecht anwendbar ist. Wie geht es weiter?
Dabei kommt ein Vorabentscheiodungsverfahren in Betracht gem Art 267 AEUV. Dabei entscheidet der EuGH auf Antrag eines nationalen Gerichts über Fragen der Auslagung oder Gültigkeit von Unionsrecht. Das nationale Gericht entschiedet aber selbst ob es eine Frage dem EuGH vorlegt oder nicht, die Parteien können nur anregen. Letztinstanzliche Gerichte (OGH) sind verpflichtet zur Vorlage. Wenn das nicht getan wird dann wird das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt was einen Nichtifkeitsgrund darstellt gem § 477 Abs 1 Z 3 ZPO. Bis zum Einlangen der Vorabentscheidung kommt es zur Aussetzung des Verfahrens.
43
Wozu dienen Revision bei der Bekämpung des Grundurteils? Wann werden sie als Anwalt ein Grundurteil begehren?
Die Revision dient der Überprüfung der Entscheidung der zweiten Instanz. Ein Grundurteil ist immer dann sinnvoll wenn die zweite Instanz vermutlich anders entscheiden wird.
44
Tagsatzung: Kläger kommt und der Beklagte nicht. Es sollen 10 Zeugen einvernommen werden. Zwei hat sogar der Beklagte genannt.
Dabei treten dann Präklusionsfolgen ein, der säumige Beklagte ist von der Einvernahme der Zeugen präkludiert und kann sie später nicht nochmal befragen.
45
Was ist die allgemeine Säumnisfolgen im Zivilprozess?
Präklusionswirkung: Die säumige Partei ist von der vorzunehmenden Prozesshandlung ausgeschlossen. Besondere Säumnisfolgen: Versäumungsurteil auf Antrag, Ruhen des Verfahrens bei Versäumung einer Tagsatzung durch beide Parteien, Klagszurücknahme ohne Anspruchsverzicjht durch Säumnis des Klägers im Eheverfahren auf Antrag des Beklagten.
46
Was ist ein Zwischenurteil zur Verjährung?
Das ist eine besondere Form des Grtundurteils. Das Gericht kann sich dazu entschließen das Verfahren in mehrere Abschnitte zu gliedern und zuerst über die Frage der Verjährung zu entscheiden. Das setzt aber voraus, dass der Beklagte die Verjährung eingewendet hat. Es kann auch beantragt werden. 1. Abschnitt: Das Gericht klärt nur die Verjährung. Wenn bereits verjährt ist wird die Klage mit Endurteil abgewiesen, wenn die Verjährung zu verneinen ist wird das Zwischenurteil zur Verjährung erlassen. 2. Abschnitt: wenn die Parteien das Zwischenurteil nicht bekämpfen oder die 2. Instanz die erstinstanzliche ENtscheidung bestätigt dann kann die Verjährung nicht mehr eingewendet werden. Dann wird geprüft ob der Anspruch dem Grunde nach besteht, dabei kann wieder ein Grundurteil gefällt werden. 3. Abschnitt: Wenn es keine Rechtsmittel gibt oder wenn die zweite Instanz die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt dann wird die Höhe geprüft. Das Zwischenurteil zur Verjährung hat nur innerprozessuale Wirkung, reicht also nicht in einem Folgeprozess bezüglich der materiellen RK.