Gerichtliche Entscheidungen Flashcards
(46 cards)
Was sind die Stadien der Urteilsrelevanz?
Bindung des Gerichts an das eigene Urteil gem § 416 Abs 2 ZPO:
Ab Urteilserlassung ist das Gericht an sein Urteil gebunden, also mit der mündlichen Verkündug nach Schluss der mündlichen Verhandlung gem § 414 ZPO oder mit Abgabe der schriftlichen Fassung zur Ausfertigung gem § 415 ZPO (vorbehaltenes Urteil). Ab dann kann das Gericht die Entscheidung nicht mehr von sich aus abändern.
Wirksamkeit des Urteils gegenüber den Parteien gem § 416 Abs 1 und 3 ZPO:
Ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung oder ausnahmsweise mit dessen mündlicher Verkündung ist das Urteil gegenüber den Parteien wirksam. Ab dann beginnen die Rechtsmittelfristen und die Leistungsfrist, sofern kein Rechtsmittel eingelegt wird, sonst erst ab dem tag nach Eintritt der Rechtskraft. Wenn ein Urteil in Anwesenheit beider Parteien mündlich verkündet wurde dann beginnt die Berufugnsfrist nur dann mit der Zustellung wenn die Berufung rechtzeitig angemeldet wurde.
Formelle Rechtskraft:
Unanfechtbarkeit der Entscheidung in dem Rechtsstreit in dem sie ergangen ist. Dies tritt ein wenn es gegen die Entscheidung keine Rechtsmittel mehr gibt (letzte Instanz), mit ungenütztem Ablauf der RM-Frist, mit RM-Verzicht oder RM-Zurücknahme oder mit ungenütztem Ablauf der Anmeldungsfrist für die Berufung.
Wann ist das Gericht an das Urteil gebunden?
Das Gericht ist an das Urteil gebunden mit der mündlichen Urteilsverkündung oder durch die Abgabe der schriftlichen Urteilsabfertigung zur Ausfertigung gem § 416 Abs 2 ZPO.
Worauf muss man bei mündlich verkündeten Urteilen aufpassen?
Bei mündlich verkündeten Urteilen muss sofort nach Verkündung des Urteils mündlich oder binnen 14 Tagen ab Zustellung der schriftlichen Protokollabschrift durch Schriftsatz beim Erstgericht die Berufung angemeldet werden.
Was ist wenn die Berufung nicht angemeldet wurde?
Wenn die Berufung nicht angemeldet wird dann tritt formelle Rechtskraft ein. Für eine Einbringung einer Berufung wäre die Rechtzeitigkeit nicht mehr gegeben wenn die Anmeldung nicht innerhalb der 14 Tage Frist geschieht. In weiterer Folge würde dies zur Zurückweisung der Berufung führen.
Welche Urteilswirkungen gibt es?
Materielle Rechtskraft
Vollstreckungswirkung
Gestaltungswirkung
Was wird von einer Entscheidung rechtskräftig?
Der Urteilsspruch erwächst in Rechtskraft sobald sie nicht mehr durch ordentliche Rechtsmittel angefochten werden kann. Oft werden aber die Entscheidungsgründe aber zur Auslegung des Spruches herangezogen (Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung, rechtliche Beurteilung). Dabei spricht man von relativer Rechtskraftwirkung der Entscheidungsgründe.
Was sind die Grenzen der Rechtskraft?
Objektive Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst nur den im Spruch erledigten Anspruch und die zur Individualisierung notwendigen Tatsachen. Es kann also keine neue Klage mit dem demselben Streitgegenstand als Urteilsgegenstand zwischen den Parteien eingebracht werden (Einmaligkeitswirkung). Dies umfasst auch das begriffliche Gegenteil.
Die Entscheidungsgründe werden nicht umfasst, außer sie sind zur Individualisierung erforderlich oder bei abweisenden Urteilen, dort ist der Abweisungsgrund relevant.
Nicht rechtskräftig werden Vorfragen (außer bei Zwischenantrag auf Feststellung), Tatsachenfeststellungen, rechtliche Ausführungen, Einreden oder Einwendungen (außer Aufrechnungseinrede).
Subjektive Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst grundsätzlich nur die Parteien, ausnahmsweise aber auch Dritte (Rechtskrafterstreckung). Dies ist der Fall bei Gesamt- oder EInzelrechtsnachfolge, bei bestimmten Angelegenheiten wenn es ausdrücklich vorgesehen ist (gesellschaftsrechtliche Klagen, § 28 KHVG) und für Zivilgerichte und Verwaltungsbehörden.
Zeitliche Grenzen:
Die Rechtskraft umfasst grundsätzlich nur alles bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz), also der Zeitpunkt bis zu dem die Parteien neue Tatsachenvorbringen erstatten hätten können.
Präklusionswirkung: dadurch werden alle nicht vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel ausgeschlossen. Nova producta, also Änderungen des Rechtsdezernenten Sachverhaltes nach Schluss der mündlichen Verhandlung werden nicht durch die Rechtskraft erfasst. Bei nova reperta gilt die Präklusionswirkung, sie können nur mit Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden wenn sie ohne Verschulden im ersten Prozess nicht geltend gemacht wurden. Der Umfang der Präklusion hängt vom Streitgegenstandsbegriff ab.
Der Kläger kann dann nicht nochmal das gleich Begehren aufgrund von präkludierten Tatsachen geltend machen (außer Wiederaufnahmsklage). Der Beklagte ist von allen EInwendungen ausgeschlossen, die er schon vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erheben hätte können.
Was versteht man unter Rechtskraft?
Es gibt dir formelle und die materielle Rechtskraft. Bei der formellen Rechtskraft kann eine Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln bekämpft werden.
Bei der materiellen Rechtskraft geht es darum, dass der Entscheidung Maßgeblichkeit verliehen wird, wobei zwei Urteilswirkungen zu unterscheiden sind.
Einmaligkeitswirkung:
Verhindert neue Entscheidungen über die bereits entschiedene Hauptfrage. Voraussetzungen dabei sind Identität der Parteien und die Identität des Entscheidungs- und Streitgegenstandes. Die erste Entscheidung bildet dann ein Prozesshindernis, welches in jeder Lage des Verfahrens wahrgenommen werden kann, dass zweite Gericht weist dann die Klage zurück. Sonst würde es zur Nichtigerklärung des Verfahrens, der Aufhebung der zweiten Entscheidung und zur Zurückweisung der Klage kommen.
Dies ist auch noch nach Rechtskraft möglich und bildet einen Nichtigkeitsgrund.
Bindungswirkung:
An die im vorangegangene Prozess rechtskräftig entschiedenen Hauptfragen ist das Gericht in einem Folgeprozess gebunden, sie ist also präjudiziell für die neue Hauptfrage. Bei Verstößen gegen die Bindungswirkung kann es dazu kommen, dass der Prozess und das Urteil nichtig sind, was auch nach Rechtskraft geltend gemacht werden kann. Weiters bildet es einen Wiederaufnahmegrund gem § 530 Abs 1 Z 6 ZPO.
Was wird materiell rechtskräftig in Österreich?
Der Urteilsspruch und die Gründe soweit sie zur Konkretisierung des Urteils dienen.
Hat die formelle Rechtskraft Urteilswirkungen?
Echte Urteilswirkungen kommen nur der materiellen Rechtskraft, der Vollstreckbarkeit und der Gestaltungswirkung zu. Bei der formellen Rechtskraft befindet man sich im Stadium der Urteilsrelevanz.
Die formelle Rechtskraft ist Voraussetzung für die materielle Rechtskraft und die Gestaltungswirkung. Aber nicht für die Vollstreckbarkeit, es kann bereits Exekution zur Befriedigung geführt werden wenn das Berufungsurteil mit außerordentlicher Revision angefochten wird. Exekution zur Sicherstellung ist generell vor Rechtskraft möglich.
Haben wir einen einheitlichen Zeitpunkt wann formelle Rechtskraft gegenüber dem Kläger und Beklagten eintritt?
Es gibt keinen einheitlichen Zeitpunkt der formellen Rechtskraft. Dieser kann für jede Partei unterschiedlich sein, da die Entscheidung den Parteien zu unterschiedlichen Zeiten zugestellt werden kann.
Wie unterscheidet sich formelle Rechtskraft von materieller Rechtskraft?
Materielle Rechtskraft hat Urteilswirkungen und die formelle Rechtskraft ist nur ein Urteilsstadium.
Welche Urteilswirkungen wirkt gegenüber jedermann?
Die Gestaltungswirkung wirkt gegenüber jedermann, anders als die materielle Rechtskraft welche nur zwischen den Parteien wirkt.
Wann werden die Gründe rechtskräftig?
Die Entscheidungsgründe werden nur rechtskräftig wenn sie zur Konkretisierung des Spruchs benötigt werden, dies ist besonders wichtig bei der Klagsabweisung, zum Beispiel mangels Fälligkeit.
Beseitigung von Rechtskraft
Nichtigkeitsklage § 529 ZPO
Wiederaufnahmsklage § 530 ZPO
Antrag an den OGH gem § 42 Abs 2 JN
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Gestaltungswirkung
Dabei geht es um die konstitutive Änderung der Rechtslage durch Richterspruch (nur bei Rechtsgestaltungsurteilen). Mit Eintritt der formellen Rechtskraft wird unmittelbar die materielle Rechtslage geändert ohne weitere Vollstreckung. Die Gestaltungswirkung wirkt gegenüber jedermann.
Vollstreckungswirkung
Diese Entscheidungswirkung kommt nur Leistungsurteilen zu. Vollstreckbarkeit bedeutet, dass der im Urteil enthaltene Leistungsbefehl mit staatlichen Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Diese tritt mit Ablauf der leistungsfähigsten ein gem § 409 ZPO, ordentliche Rechtsmittel schieben dies aber auf. Wenn also angefochten werden kann, dann darf die Vollstreckbarbestätigung erst nach ungenütztem Ablauf der 4 Wochen Frist erteilt werden. Sie ist keine Folge der Rechtskraft, tritt aber grundsätzlich nicht davor ein.
Tatbestandswirkung
Stellt keine echte Entscheidungswirkung dar und ist nur eine privatrechtliche Nebenwirkung des Urteils.
Ist gegeben, wenn das Gesetz oder ein Vertrag eine bestimmte Rechtsfolge an das Vorliegen eines Urteils mit bestimmten Inhalt knüpft.
Versäumungsurteil
Wenn sich eine Partei nicht mündlich oder schriftlich in den Streit einlässt so wird sie säumig, dann kann die erschienene Partei einen Antrag auf ein Versäumungsurteil stellen.
Dies ist nur noch in drei Fällen möglich:
Im GH-Verfahren wenn die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig erstattet wurde.
Im GH-Verfahren wenn die Partei nicht zur vorbereitenden Tagsatzung erscheint.
Im BG-Verfahren wenn einer Parteien nicht zur vorbereitenden Tagsatzung erscheint.
Was kann man gegen Versäumungsurteile tun?
Es gibt drei Möglichkeiten: Berufung, Widerspruch und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Kumulierung ist möglich, die Reihenfolge kann selbst festgelegt werden. Wenn man keine Reihung vornimmt ist zuerst die Berufung, dann die Wiedereinsetzung und dann der Widerspruch zu prüfen.
Wie verhalten sich Wiedereinsetzung und Widerspruch zueinander und Berufung und Widerspruch?
Im Widerspruch werden keine Gründe für die Säumnis angegeben, daher gibt es im Verhältnis zur Berufung und der Wiedereinsetzung keine Probleme.
Wenn ein Berufungs- oder Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, dann ist auch immer Widerspruch möglich.
Gegen welche Versäumungsurteile gibt es keinen Widerspruch?
Der Widerspruch ist nur vorgesehen wenn der Beklagte die erste Verteidigungshandlung versäumt hat. Wenn im GH Verfahren bereits die Klagebeantwortung oder ein Einspruch erhoben wurde dann ist kein Widerspruch mehr möglich und im BG Verfahren nur im Fall des § 442a ZPO.
Inwiefern hat der Widerspruch nicht so eine umfassende Wirkung wie die Wiedereinsetzung?
Beim Widerspruch ist keine Angabe von Gründen erforderlich, dient aber auch nur dazu um gegen das VU vorzugehen, nicht auch um die versäumte Handlung nachzuholen.
Der Beklagte kann also die Einreden die er in der Klagebeantwortung oder vorbereitenden Tagsatzung vorbringen hätte müssen präkludiert (unprorogable sachliche/örtliche Unzuständigkeit können nicht mehr geltend gemacht werden und internationale Unzutsändigkeit kann aber weiter geltend gemacht werden).
Bei der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in das Stadium vor der Säumnis zurück, deshalb gibt es keine Präklusionswirkungen.
Wann gibt es Versäumungsurteile von Amts wegen?
Dies gibt es nur im europäischen Bagatellverfahren wenn der Beklagte nicht rechtzeitig die Klagebeantwortung erstattet gem § 548 Abs 4 ZPO.