Zuständigkeit der Gerichte Flashcards
(92 cards)
Was versteht man unter funktioneller Zuständigkeit?
Die funktionelle Zuständigkeit verteilt verschiedene Rechtspflegefunktionen in derselben Rechtssache an verschiedene Rechtspflegeorgane. Dabei hat man den Instanzenzug (Weg der Rechtssache vom untersten zum obersten Gericht) und die Zuständigkeit der Rechtspflegeorgane für die Sache (Gerichtsbesetzung, Rechtspfleger oder Richter, ersuchte oder beauftragte Richter).
Abgrenzung Richter und Rechtspfleger
Richter:
Sind unabhängige Staatsorgane denen die Ausübung der Rechtspflege in Zivil- und Strafsachen obliegt. Die werden auf Antrag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten oder Justizminister ernannt.
Rechtspfleger:
Besonders ausgebildete Gerichtsbeamte, die zur Entlastung der Richter dienen in erster Instanz. Sie haben eingeschränkte Unabhängigkeit, sie sind nur an die Weisungen des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richters gebunden gem Art 87a Abs 3 B-VG.
Die Abgrenzung ergibt sich aus dem Gesetz und der Geschäftsverteilung.
Richter können Sachen von Rechtspflegern an sich ziehen, sich die Erledigung vorbehalten aber nicht umgekehrt.
Wie entscheiden Rechtspfleger?
Der Rechtspfleger entscheidet mit Beschluss.
Welche Rechtsmittel gibt es gegen Entscheidungen des Rechtspflegers?
Die Entscheidungen der Rechtspfleger sind wie Eier der Richter anfechtbar gem § 11 RpflG. Da sie mit Beschluss entscheiden kommt der Rekurs in Frage diesem kann der Richter oder der Rechtspfleger selbst stattgeben. Weiters gibt es noch die Vorstellung.
Bei der Vorstellung hat man die Möglichkeit die Entscheidung des Rechtspflegers nochmal durch den übergeordneten Richter überprüfen zu lassen. Das gilt vor allem für Entscheidungen die wegen des Streitwertes nur eingeschränkt anfechtbar sind.
Sonst kann man Rekurs erheben, wenn der Rechtspfleger dem Rekurs vollinhaltlich stattgeben will so kann er selbst entscheiden. Wenn er dies nicht tun will muss es der übergeordnete Richter tun. Wenn der Richter dann der Ansicht ist, dass dem Rerchtsmittel nicht stattzugeben ist, dann kann er es dem Rechtsmittelgericht mit dem Vorlagebericht des Rechtspflegers vorlegen.
Wofür sind Rechtspfleger zuständig?
Im Zivilprozess sind die Rechtspfleger nur für die Durchführung des österreichischen Mahnverfahrens zuständig gem § 16 Abs 1 Z 1 lit a RpflG. Im Außerstreitverfahren und im Exekutionsverfahren haben sie einen größeren Wirkungskreis.
Exkeutionssachen gem § 17 Abs 1 RpflG
Insolvenzursachen
Grundbuch
Firmenbuch
Kindschafts- und Erwachsenenschutzangelegenheiten
Verlassenschaftsverfahren
Funktionelle Zuständigkeit beim Instanzenzug?
Dabei geht es um die Frage welches Gericht in erster Instanz und welches Gericht als Rechtsmittelgericht zuständig ist.
In erster Instanz entscheiden BG oder LG (eventuell mit Zusatz in Handelssachen oder das Bezirksgericht für Handelssachen Wien) oder das LG als Arbeits- und Sozialgericht oder das Arbeits- und Sozialgericht Wien.
In zweiter Instanz entscheidet das LG wenn in erster Instanz das BG entschieden hat. Wenn in erster Instanz das LG entschieden hat dann geht es zum OLG.
Bei LG können also sowohl erst- als auch zweitinsanzliche verfahren stattfinden.
In dritter Instanz entscheidet immer der OGH.
Die funktionelle Zuständigkeit kann nicht durch Parteienvereinbarung abgeändert werden.
Wie bezeichnet man es, wenn der Gesetzgeber in einer Norm die sachliche und örtliche Zuständigkeit vorgibt?
Dabei handelt es sich um individuelle Zuständigkeit, das Gesetz erklärt also im Vorhinein dass für bestimmte Rechtsstreitigkeiten ein bestimmtes Gericht sachlich und örtlich zuständig ist. Beispiele sind § 76a JN, § 77 Abs 2 JN, § 79 JN, § 252 Abs 2 ZPO.
Was für eine Zuständigkeitsbestimmung ist es, wenn das BG für Handelssachen Wien zuständig ist?
Dabei handelt es sich um eine individuelle Zustndigkeitsbestimmung, weil die sachliche und die örtliche Zuständigkeit vorgegeben sind.
Wonach bestimmt sich die sachliche Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts?
Die sachliche Zuständigkeit verteilt die Rechtssachen auf die verschiedenen Gerichtstypen erster Instanz. Es gibt zwei Verteilungskriterien.
Allgemeine Gerichtsbarkeit oder Kausalgerichtsbarkeit:
Gehört eine Sache in die allgemeine Gerichtsbarkeit oder in die Handelsgerichtsbarkeit oder in die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit. Die Kausalgerichtsbarkeit ist im Gesetz ausdrücklich geregelt, alles andere fällt in die allgemeine.
Eigenzuständigkeit oder Wertzuständigkeit:
Verteilung nach Beschaffenheit der Sache (Eigenzuständigkeit)
Verteilung nach Wert der Sache (Wertzuständigkeit)
Dies gilt auch in der Kausalgerichtsbarkeit gem § 51 JN. Die Eigenzuständigkeit geht der Wertzuständigkeit immer vor.
Beispiele für Eigenzuständigkeiten
§ 49 Abs 2 JN:
Eigenzuständigkeiten der BG
Eigenzuständigkeiten der GH:
Nur noch selten, § 79 JN
Handelssachen:
Eigenzuständigkeit der LG als Handelsgerichte oder des HG Wien für alle in § 51 Abs 2 JN aufgezählten Materien.
Eigenzuständigkeiten des BG in Handelssachen gibt es keine, außer für die Binnenschiffahrt. Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien ist aber für die Durchführung des europäischen Mahnverfahrens zuständig.
Wann ist die Wertzuständigkeit anzuwenden?
Wenn keine Eigenzuständigkeit vorliegt dann richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Wert des Streitgegenstandes. Maßgeblich dabei ist der Zeitpunkt der Gerichtsanhängigkeit gem § 54 JN. Danach gilt perpetuatio fori.
Streitwert bis einschließlich 15.000 fallen in die Werzuständigkeit des BG.
Streitwert ab 15.000 fallen in die Werzuständigkeit des LG.
Das gilt auch für die Handelsgerichtsbarkeit.
Die Bewertung des STreitgegenstandes obliegt dem Kläger und ist für die Gerichte bindend gem § 60 Abs 4 JN. Das gilt nicht in Arbeitsrechtssachen. Wenn der Wert aber übermäßig hoch erscheint, so kann das Gericht den Streitwert amtswegig prüfen und die Sahce abtreten gem § 60 Abs 1 JN.
Für die Parteien ist noch § 7 RATG zu beachten.
Wo liegt die Zuständigkeit bei genau 15.000,- ?
Dabei liegt die Zuständigkeit beim BG gem § 49 Abs 1 JN, sofern keine Eigenzuständigkeit zugunsten des GH vorliegt,
Wie sieht das Gerichtsstandsystem der JN aus?
Dabei geht es um die Regelung der örtlichen Zuständigkeit und die Verteilung der Rechtssachen auf die Gerichte des selben Typs. Im Gerichtsstandsystem der EuGVVO geht es nur um die internationale Zuständigkeit.
In der JN gibt es allgemeine und besondere Gerichtsstände. Bei den besonderen gibt es noch ausschließliche und Zwangsgerichtsstände.
Allgemeiner Gerichtsstand
Der allgemeine GS kommt immer dann zur Anwendung wenn kein besonderer GS in Frage kommt gem § 65 JN. Dabei wird auf den Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten oder auf den Sitz (bei juristischen Personen) abgestellt gem §§ 66 und 75 JN.
Für den gewöhnlichen Aufenthalt ist maßgeblich ob der Ort zum Mittelpunkt des Lebens und der wirtschaftlichen Existenz und der sozialen Beziehungen gemacht wurde (Arbeitsort, Pflegeheim, Gefängnis). Weiters ist auf die Dauer abzustellen, ca. 6 Monate und die Beständigkeit.
Bei mehreren möglichen Orten hat der Kläger ein Wahlrecht gem § 66 Abs 3 JN. Minderjährige Kinder teilen den allgemeinen GS ihrer Eltern gem § 71 JN.
Besonderer Gerichtsstand
Ausschließliche Gerichtsstände §§ 76-84 JN, schließen die allgemeinen GS aus.
Einfache ausschließliche Gerichtsstände:
Abweichende Parteienvereinbarungen sind grundsätzlich möglich §§ 76, 81 und 83 JN.
Zwangsgerichtsstände:
Abweichende Parteienvereinbarung ist nicht möglich, § 83a udn 83b JN oder § 14 KschG. Dabei spricht man dann von unprorogable Unzuständigkeiten.
Wahlgerichtsstände: §§ 86-103 JN
Bilden zusätzliche GS neben dem allgemeinen GS, der Kläger kann also zwischen den beiden wählen.
Gerichtsstand der Niederlassung, des Erfüllungsortes, der Schadenszufügung, der Streitgenossenschaft oder des Vermögens.
Vereinbarung der Zuständigkeit/Gerichtsstandvereinbarung
Dabei spricht man von Prorogation, also eine Vereinbarung über die örtliche Zuständigkeit gem § 104 Abs 1 JN.
Vergleich des Gerichtsstandsystems der JN mit dem der Brüssel Ia-VO
In der EuGVVO geht es grundsätzlich nur um die internationale Zuständigkeit, für die örtliche Zuständigkeit muss auf das nationale Recht zurückgegriffen werden. Oft ist die örtliche Zuständigkeit aber gleich mitgeregelt (Art 7, 8, 18 Brüssel Ia-VO). Weiters sind alle ausschließlichen GS Zwangsgerichtsstände.
Allgemeiner GS: Art 4 Brüssel Ia-VO
Wahlgerichtsstände: Art 7-9 Brüssel Ia-VO
Besondere GS in Verbraucher-, Versicherungs und Arbeitssachen: Art 10-21 Brüssel Ia-VO
Ausschließliche GS: Art 24 Brüssel Ia-VO
Die vier Säulen des Gerichtsstandsystems (EuGVVO)
Allgemeiner GS Art 4 EuGVVO:
regelt nur die internationale Zuständigkeit, keine örtliche. Ein Beklagter mit Wohnsitz/Sitz in einem Mitgliedstaat ist vor den Gerichten dieses Mitgliedtstaates zu klagen. Die Bestimmung des Wohnsitzes erfolgt nach nationalem Recht. Zu beachten ist auch Art 6 EuGVVO.
Die Heilung erfolgt gem Art 26 EuGVVO durch rügelose Einlassung, dies gilt aber nicht bei ausschließlichen GS gem Art 24 EuGVVO.
Art 4 ist nachrangig zu den Zuständigkeiten nach Art 24, 25, 10-23 EuGVVO und konkurrierend zu Art 7-9 EuGVVO. Zu beachten ist, dass nur der Wohnsitz nicht auf der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich ist.
Ausschließliche GS Art 24 EuGVVO:
Regelt ebenfalls nur die internationale Zuständigkeit und ist unabhängig von Wohn sitz oder Staatsangehörigkeit des Beklagten und hat absoluten Vorrang vor allen anderen GS. Es ist eine unprorogable Unzuständigkeit und es gibt keine Heilung durch rügelose Einlassung. Dabei darf die klage auch schon a limine zurückgewiesen werden wenn das Gericht eines anderen Mitgliedstaates zuständig ist. In der EuGVVO gibt es daher nur Zwangsgerichtsstände und keine einfachen ausschließlichen GS.
Besonders schutzwürdige Gruppen (Versicherungs-, Arbeitnehmer und Verbraucher) Art 10-23 EuGVVO:
Teilweise werden die internationale und die örtliche Zuständigkeit festgelegt. Sie verdrängen alle anderen GS außer die Zwangsgerichtsstände gem Art 24 EuGVVO.
Dabei darf die schwächere Partei nur vor den Geirchten ihres Wohnsitzmitgliedstaates geklagt werden. Die GS Vereinbarung ist nur eingeschränkt zulasten des Schwächeren möglich. Eine Heilung durch rügelose Einlassung ist möglich, es bedarf aber einer Belehrung durch das Gericht.
Die Zulässigkeit der GS Vereinbarungen ist in Art 25 Abs 4 EuGVVO geregelt.
Wahlgerichtsstände: Art 7-9 EuGVVO:
Hier wird fast immer auch die örtliche Zuständigkeit mitgeregelt. Sie bilden zusätzliche GS für den Kläger neben dem allgemeinen GS.
GS des Erfüllungsortes, für Deliktsklagen, Niederlassung, Streitgenossenschaft, Widerklage.
Wie verhält sich der Gerichtsstand in Verbrauchersachen Art 17-19 EuGVVO) zu den allgemeinen Gerichtsständen.
Der Gerichtsstand in Verbrauchersachen geht dem allgemeinen Gerichtstand vor.
Wie verhält sich der Gerichtsstand in Verbrauchersachen zu den Wahlgerichtsständen Art 7?
Der Gerichtsstand in Verbrauchersachen geht den Wahlgerichtsständen vor.
Wie verhält sich der Gerichtsstand in Verbrauchersachen zum ausschließlichen Gerichtsstand?
Die Zwangsvgerichtsstände des Art 24 EuGVVO kollidiert nicht mit den Gerichtsständen zum Schutz von Schwächeren gem Art 10-23 EuGVVO.
Warum ist der Verbrauchsgerichtsstand kein ausschließlicher Gerichtsstand?
Er schließt zwar die allgemeinen und besonderen Gerichsstände aus ist aber kein Zwangsgerichtsstand gem Art 24 EuGVVO, weil er noch eine abweichende Zuständigkeitsvereinbarung eingeschränkt zulässt.
Unter welchen Voraussetzungen ist bei Verbrauchersachen eine Zuständigkeitsvereinbarung zulässig?
Dies ist geregelt in Art 19 EuGVVO und ist nur möglich, wenn die Verienbarung nach Entsteheung der Streitigkeit getroffen wurde und wenn die Möglichkeit des Verbrauchers dabei erweitert wurde. Eine Vereinbarung entgegen Art 19 EuGVVO wäre nach Art 25 Abs 4 EuGVVO unzulässig.
Was sind die vier Säulen der Gerichtszuständigkeit in der Brüssel Ia-VO?
- Allgemeiner Gerichtsstand
- Wahlgerichsstände
- Besonders schutzwürdige Personen
- Ausschließliche Gerichtsstände (Zwangsgerichtsstand)
Zuerst muss geprüft werden ob ein ausschließlicher Gerichtsstand vorliegt der alle anderen verdrängt, wenn keiner gegeben ist dann ist auf die besonders schutzwürdigen Gruppen zu achten (Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer, Verbraucher). Wenn das auch nicht vorliegt ist auf die Wahlgerichtsstände einzugehen, wobei zwischen dem Wahlgerichsstand oder dem allgemeinen Gerichtsttand gewählt werden kann gem Art 4 EuGVVO.