Art. 14 GG Flashcards
(25 cards)
Art. 14 GG: Reichweite Eigentumsschutz
- Bestand des vorhandenen Eigentums und
- Nutzung, d. h. bestimmungsgemäßer Gebrauch einer Sache, Verbrauch oder Veräußerung
Schutzbereich Eigentumsfreiheit, Art. 14 I GG
alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben kann
→ schützt nicht Vermögen als solches, sondern einzelne vermögenswerte Positionen
→ z. B. privates Sacheigentum
Art. 14 GG: Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt?
BGH und BVerwG: (+)
BVerfG: offen gelassen
Schutzbereich: nicht nur Zulassung, sondern auch Ausübung eines Gewerbes = jedes auf Erwerb ausgerichtete Unternehmen
nicht erfasst: tatsächliche Gegebenheiten, Erwerb (rein wirtschaftliche Chancen → Art. 12 GG)
ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmungen
Rechtsgrundlage: Art. 14 I 2 GG
→ grds. entschädigungslos hinzunehmen, wenn aber absehbar ist, dass sie zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht führen würde, kann ausnahmsweise für diese Einzelfälle eine finanzielle Entschädigung geregelt werden, wenn grds. vorrangige administrative/technische Ausgleichsmaßnahmen nicht greifen und Grundsatz des vorrangigen Primärrechtsschutzes gewahrt bleibt
enteignender Eingriff
= Ausgleichsanspruch für einen unzumutbaren Eigentumseingriff, der meist als atypische und unvorhergesehene Nebenfolge einer an sich rechtmäßigen hoheitlichen Maßnahme entsteht
→ Rechtsgrundlage: gewohnheitsrechtlich anerkannter allg. Aufopferungsgedanke, §§ 74, 75 Einleitung Allg. Preußisches Landrecht
enteignungsgleicher Eingriff
= Ausgleichsanspruch für einen unzumutbaren Eigentumseingriff, der als Nebenfolge einer an sich rechtswidrigen hoheitlichen Maßnahme entsteht
→ RG: Einl. Allg. Pr. LR
Voraussetzungen Enteignung, Art. 14 III GG
- konkret-individueller, zielgerichteter Entzug des Eigentums
- durch/aufgrund eines Gesetzes
- um für den Staat Güter zu beschaffen
- zum Wohl der Allgemeinheit
- Regelung der Art und des Ausmaßes der Entschädigung (Junktim)
- Verhältnismäßigkeit
Abgrenzung der Eingriffsarten (Inhalts- und Schrankenbestimmung ↔︎ Enteignung) bei der Eigentumsfreiheit
früher: Sonderopfertheorie (BGH), Schweretheorie (BVerwG)
→ Abgrenzung nach der Intensität des Eingriffs
Enteignung (“Mehr”) = Belastung, der die betroffenen Einzelnen oder Gruppen im Vergleich zu anderen ungleich, besonders trifft und sie zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt bzw. eine besondere schwere und Tragweite aufweist
(-) Abgrenzung schwer zu bestimmen
Abgrenzung der Eingriffsarten (Inhalts- und Schrankenbestimmung ↔︎ Enteignung) bei der Eigentumsfreiheit
heute h. M. (seit Nassauskiesung, BVerfGE 58, 300)
→ formale Abgrenzung
- Enteignung = allein der in Art. 14 III GG geregelte Fall
- alle anderen Eigentumsbeeinträchtigungen = Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums, grds. entschädigungslos hinzunehmen
- Wahlrecht des Bürgers systemfremd, muss staatl. Eingriff in sein Eigentum abwehren, Rechtsgedanke § 839 III BGB, kein “dulde und liquidiere”
Art. 14 III GG: Enteignung
vollständige oder teilweise (hoheitliche) Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 I 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen durch gezielten hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, wobei Art und Ausmaß der Entschädigung bestimmt sein müssen
Spannungsverhältnis Art. 14 GG
Privatnützigkeit ↔︎ Sozialgebundenheit
Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG
= alle Eigentumseingriffe, die keine Enteignung sind
→ alle gesetzlichen Regelungen, mit denen der Gesetzgeber Rechte und Pflichten des Eigentums abstrakt-generell definiert bzw. die Exekutive zu entsprechenden Festlegungen ermächtigt
- Inhalts- und Schrankenbestimmung schlägt auch dann nicht in eine Enteignung um, wenn der Eingriff in seinen Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung gleichkommt → jede öffentlich-rechtliche Eigentumsbeeinträchtigung von vornherein entweder Inhalts- / Schrankenbestimmung oder Enteignung
Legalenteignung, Art. 14 III 2 Alt. 1 GG ↔︎
Administrativenteignung, Art. 14 III 2 Alt. 2 GG
Inhalts- ↔︎ Schrankenbestimmung i. S. d. Art. 14 I 2 GG
- Legalenteignung, Art. 14 III 2 Alt. 1 GG: Enteignung erfolgt unmittelbar und ohne weiteren Vollzugsakt durch ein Gesetz
- Administrativenteignung, Art. 14 III 2 Alt. 2 GG: Enteignung durch einen VA auf Grund eines Gesetzes
- Inhaltsbestimmung betrifft zukünftiges Eigentum
- Schrankenbestimmung betrifft bereits bestehendes Eigentum
Rechtfertigung einer Enteignung, Art. 14 III GG
→ Maßstab: Art. 14 III 1 - 3 GG
- durch ein Gesetz / auf Grund eines Gesetzes
- nur zum Wohl der Allgemeinheit
- zur Förderung des Gemeinwohls geeignet und erforderlich
- gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten
Art. 14 III 2 GG: Junktimklausel
iunctim = vereint, hintereinander
→ Rechtsnorm bestimmt, dass eine im Rang unter ihr stehende Norm eine bestimmte Regelung nur in Verbindung mit einer anderen Regelung treffen darf
“Ohne das eine geht das andere nicht”, Abhängigkeit
Gegensatz zu salvatorischer Klausel
→ bei Art. 14 III 2 GG: Enteignung darf nur durch / aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Entschädigung regelt
→ Zweck: Gesetzgeber muss sich auf Grund der Enteignung der finanziellen Folgen für den Staatshaushalt bewusst werden
Art. 14 III 1 GG: zum Wohl der Allgemeinheit (legitimer Zweck)
- zur (dauernden) staatlichen Sicherung eines Gemeinwohlziels
- zu Gunsten von Privaten, die als Unternehmensgegenstand Gemeininteressen verfolgen (→ Daseinsvorsorge)
- nicht bei rein fiskalischen Zwecken des Staates/ reinen Privatinteressen
Art. 14 III 1 GG: zur Förderung des Gemeinwohls geeignet und erforderlich
Eignung / Erforderlichkeit des Vorhabens für die Förderung des Allgemeinwohls
↔︎
Eignung / Erforderlichkeit der Enteignung für das Vorhaben → hier reicht “substantieller Beitrag zur Erreichung des Gemeinwohlziels”
Art. 14 III 3 GG: gerechte Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und Beteiligten (Angemessenheit)
- Abwägungsgebot gilt für Gesetzgeber und Verwaltung
- Entschädigung: nicht nur nominelle, aber nicht Ersatz des vollen Verkehrswertes nötig
Rechtfertigung einer Inhalts - und Schrankenbestimmung
→ Art. 14 I 2, II GG
- Gesetzesvorbehalt
- Einhaltung des VHMK-Grundsatzes, Art. 14 II GG: Privatnützigkeit und Sozialpflichtigkeit sind in ausgewogenes Verhältnis zu bringen
→ Inhalts- und Schrankenbestimmungen dürfen grundsätzlich nicht dazu führen, dass der Eigentümer von seinem Eigentum keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen kann, und zwar sowohl in typischen Normalfällen als auch in atypischen Ausnahmefällen
Rechtfertigung einer Inhalts - und Schrankenbestimmung
Härtefall
(+), wenn eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dazu führt, dass der Eigentümer von seinem Eigentum keinen wirtschaftlich vernünftigen Gebrauch mehr machen und es praktisch auch nicht veräußern kann
→ für solche Fälle muss eine Inhalts- und Schrankenbestimmung besondere Regelungen vorsehen:
- grundsätzlich muss sie dafür sorgen, dass das Eigentum in seiner Substanz erhalten bleibt und entsprechende Vorkehrungen treffen (→ Übergangs-, Ausnahme-, Befreiungsregelungen)
- erst wenn Ausnahmeregelung für Härtefälle nicht möglich / nicht vertretbar und unverhältnismäßige Belastung auch nicht auf andere Weise abwendbar ist, darf ausnahmsweise auf geldmäßige Entschädigung des Eigentümers zurückgegriffen werden (= ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung)
Bsp. Denkmalschutz:
- grundsätzlich ist in Härtefällen eine Erlaubnis auch dann zu erteilen, wenn gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen
- nur ausnahmsweise, wenn überragende Gründe des Denkmalschutzes im Raum stehen, kommt eine Versagung der Erlaubnis unter Gewährung eines Ausgleichs in Betracht
Anforderungen an ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung
- formellgesetzliche Grundlage
- Sicherstellung der Subsidiarität der Ausgleichszahlung: im Grundsatz muss die unverhältnismäßige Eigentumsbeeinträchtigung real vermieden und die Eigentumsgarantie als Substanzgarantie erhalten bleiben
- Entscheidung über Ausgleich muss bereits mit Entscheidung über Eigentumsbeeinträchtigung zu treffen sein: es ist dem Eigentümer nicht zuzumuten, den die Inhalts- und Schrankenbestimmung aktualisierenden VA, der ohne Ausgleich unverhältnismäßig ist, in der unsicheren Erwartung eines nachträglich in einem anderen verfahren gewährten Ausgleichs bestandskräftig werden zu lassen
salvatorische Klauseln
- seit Nassauskiesung verfassungswidrig, da nicht bestimmt genug
→ genügt Anforderungen der Junktimklausel nicht (enger Enteignungsbegriff)
Abgrenzung Art. 14 I GG ↔︎ Art. 2 I GG
- Art. 14 I 2 GG schützt grundsätzlich jede Nutzung des Eigentums, aber insbesondere bei verhaltensbezogenen Regelungen Abgrenzungsprobleme
- SB Art. 14 I GG nur eröffnet, wenn Grundstücksbezug im Vordergrund steht und nicht allgemeines Verhalten
→ Geht es um die Regelung des Umgangs mit dem Grundstück oder nur um Regelung des Verhaltens auf dem Grundstück
BVerfG Nassauskiesungsbeschluss
wesentlicher Inhalt
- Abgrenzung Enteignung ↔ Inhalts- und Schrankenbestimmung
- RGL für enteignenden / enteignungsgleichen Eingriff = §§ 74 ff. Einleitung Preußisches Allgemeines Landrecht
- kein “dulde und liquidiere”: Anspruch aus enteignungsgleichem Anspruch nur, wenn vorher in zumutbarer Weise Primärrechtsschutz gegen Eingriffsakt in Anspruch genommen