Baurecht: Einvernehmensersetzung und Veränderungssperre Flashcards
(16 cards)
Außenwirkung der Einvernehmensersetzung gem. § 36 BauGB?
→ VA?
(+) betrifft den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde (Art. 7 GO; Planungshoheit der Gemeinde betroffen, Art. 28 II 1 GG) → Maßnahme der Rechtsaufsicht
→ ggü. Gemeinde 2 VAe: EV-Ersetzung und Baugenehmigung
P: Rechtsgrundlage für die Ersetzung des Einvernehmens
- Art. 113 GO (-): BauR spezieller
- Art. 67 I 1 BayBO?
(+) Wortlaut
(-) nur Ausgestaltung der bundesrechtlichen Norm, regelt Zuständigkeit und Verfahren wie in § 36 II 3 BauGB vorgesehen → Bund hat mit § 36 BauGB von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht, abschließende Regelung
→ RGL für Ersetzung des Einvernehmens nach § 36 I 1 BauGB (= bauplanungsrechtliche Zulässigkeit, bundesrechtliches Einvernehmen) = § 36 II 3 BauGB
→ RGL für Ersetzung des Einvernehmens nach Art. 63 S. 2 HS 1 BayBO (Landesrecht) ist Art. 67 I 1 HS 1 BayBO
Art. 67 IV BayBO (Anhörung der Gemeinde) = absolutes Verfahrensrecht
keine “Standardanhörung”, die dazu dient, Behörde die Stellungnahme zu übermitteln, sondern qualifizierte Anhörung, die dazu dient, der Gemeinde Möglichkeiten zur Sicherung der Bauleitplanung (Veränderungssperre, Zurückstellungsgesuch) zu geben
→ keine Heilung oder Unbeachtlichkeit möglich → Verstoß führt zu Verfahrensfehler
Prüfungsaufbau: materielle RM der Einvernehmensersetzung
- Besteht im konkreten Fall ein Einvernehmenserfordernis?
a) keine Anwendbarkeit des § 36 BauGB wegen Behördenidentität (Gemeinde = Genehmigungsbehörde)?
b) Erforderlichkeit des Einvernehmens nach § 36 BauGB: Fall des §§ 31, 33 - 35 BauGB
→ Genehmigungspflichtigkeit und Anlage mit planungsrechtlicher Relevanz i. S. v. § 29 BauGB
→ wenn ein Vorhaben einem qualifizierten oder vorhabensbezogenen BBP vollständig entspricht, ist kein EV erforderlich - fristgemäße Versagung des Einvernehmens durch die Gemeinde
- Wurde das Einvernehmen zu Recht versagt?
→ Zulässigkeit des konkreten Vorhabens nach §§ 31, 33 - 35 BauGB - bestehender Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung als Voraussetzung
- Ermessensfehlerfreie Ersetzungsentscheidung - sollte ein Ermessen diesbezüglich bestehen
Liegt Versagungsgrund vor, wenn das Vorhaben mit den in § 36 II 1 BauGB genannten Vorschriften nicht im Einklang steht?
h. M.: (+), ausreichend
(+) Wortlaut
MM: (-), darüber hinaus muss der genannte Belang auch dem Schutz der subjektiven, die Einvernehmensregelugn begründenden Planungsrechte der Gemeinde dienen und diese müssen tatsächlich verletzt sein
Ist ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung Voraussetzung für die Ersetzung des Einvernehmens?
Bezieht sich Art. 67 I 1 HS 1 BayBO auch auf HS 2?
→ Wortlaut Art. 67 I 1 HS 1 BayBO
→ Gilt dies auch für HS 2?
(+), da kein eigenständiger Tatbestand: durch HS 2 soll lediglich die Rechtsfolge, nicht aber die Vrss. variiert werden
→ Prüfung der RM der Baugenehmigung?
(-) in § 36 II 3 BauGB nicht vorgesehen
(-) Rechtsschutz der Gemeinde soll nicht von § 36 BauGB losgelöst sein
→ kann i. E. dahinstehen, wenn Gemeinde auch Baugenehmigung anficht
Steht der Baugenehmigungsbehörde bei der Ersetzung nach § 36 II 3 BauGB Ermessen zu?
§ 36 II 3 BauGB: “kann” → Ermessens- oder Befugnisnorm?
→ Wortlaut Art. 67 BayBO hilft nicht weiter, da Landesrecht
e. A.: Ermessen (+), aber i. d. R. ER auf 0 und damit Anspruch auf Ersetzung des Einvernehmens wegen Art. 14 I GG
(+) “kann”
h. M.: Ermessen (-)
(+) Wortlaut kann auch als Befugnisnorm verstanden werden, der Behörde überhaupt Tätigwerden ermöglicht
(+) bei Bejahung Ermessen könnte Genehmigungsbehörde rechtmäßigerweise Genehmigung versagen, obwohl Bauherr einen Anspruch darauf hat → gezwungen VWRW zu beschreiten
→ kann i. d. R. offen gelassen werden, wenn keine Ermessensfehler vorliegen
Prüfungsschema Veränderungssperre, § 14 BauGB
I. Formelle Voraussetzungen
1. Zuständigkeit
a) Verbandskompetenz: Gemeinde, § 16 I BauGB
b) Organkompetenz: Gemeinderat, Art. 29, 30 II GO
2. Verfahren, Art. 46 ff. GO
3. Form, § 16 II BauGB, Art. 26 II GO
II. Materielle Voraussetzungen
1. bekanntgemachter Änderungs- oder Planaufstellungsbeschluss, §§ 14 I, 2 I 2 BauGB i. V. m. Art. 27 II, 26 II GO
2. “zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich”, § 14 I BauGB
a) konkretisierte Planungsabsicht im Erlasszeitpunkt
b) Wirksamkeit des Bebauungsplans
→ grundsätzlich unbeachtlich, Ausnahme: offensichtlich rechtswidriger Bebauungsplan + RW nicht behebbar, z. B. §§ 1 III; 9 I BauGB
§ 14 I BauGB: zur Sicherung der Planung
= konkretisierte Planungsabsicht im Erlasszeitpunkt
- hinreichend konkrete Planungsabsicht, Planung muss in Grundzügen bestehen
- Mindestmaß planerisch-konzeptioneller Vorstellungen:
→ Planbereich bestimmt und
→ Feststehen der Art der baulichen Nutzung
Rechtsfolgen der Änderung des Planungsziels durch Gemeinderatsbeschluss nach Erlass einer Veränderungssperre (§ 14 I BauGB)
→ Sicherungwirkung der VÄS bzgl. neuen Planungsziels?
- Änderungen einzelner Planungsvorstellungen unerheblich, solange hinreichend konkret und Grundkonzept der Planung nicht erkennbar aufgegeben
- str.: grundlegende Änderung des Planungsziels
e. A.: formeller Aufhebungsbeschluss durch den Gemeinderat erforderlich
(+) Beseitigung nur durch actus contrarius (Aufhebungssatzung) oder nach § 47 VwGO
(+) sonst kein Bedarf für § 17 IV BauGB
h. M.: Unwirksamkeit der Veränderungssperre
(+) bei Aufgabe des Planungsziels wird Veränderungssperre funktions- und damit wirkungslos
(+) VÄS kann nur sichern, was schon da ist
(+) starke Belastung, sonst könnte Gemeinde für Gebiet ohne konkrete Planungsabsichten VÄS erlassen → Verhinderungsplanung
→ in Klausur kann Streit offen gelassen werden, da auch nach erster Ansicht Veränderungssperre nach Wegfall ihrer Voraussetzungen Baugesuch nicht entgegensteht → Erteilung Ausnahme nach § 14 II BauGB wg. ER auf 0
Kann eine Baugenehmigung gestützt auf die Veränderung der Rechtslage durch die Veränderungssperre nach Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BayVwVfG widerrufen werden?
e. A.: (+), § 14 Abs. 3 BauGB ist keine Spezialregelung
(+) kein Grund dafür erkennbar, baurechtliche Genehmigungen stärker in ihrem Bestand zu schützen als andere begünstigende VAs
(+) andernfalls zu starke Einschränkung der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde
h.M.: (-), § 14 Abs. 3 BauGB ist Spezialregelung
(+) andernfalls käme § 14 Abs. 3 BauGB nur deklaratorische Bedeutung zu, da die Norm Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG wiederholen würde
(+) Da bei Erlass der Veränderungssperre noch nicht abzusehen ist, ob die beabsichtige Änderung des Planungsrechts wirklich in Kraft tritt, entlastet § 14 BauGB den Bauherrn eines bereits genehmigten Vorhabens von den Unsicherheiten des Planaufstellungsverfahrens, indem das Interesse an der Sicherung der Bauleitplanung vor einer der Planung möglicherweise zuwiderlaufenden Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse weniger stark gewichtet wird als die geschützte Rechtsposition des Bauherrn.
Zweck des § 15 BauGB
§ 15 BauGB ermöglicht es, über die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens wegen einer voraussichtlichen Änderung der planungsrechtlichen Situation temporär nicht zu entscheiden, ohne die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zu modifizieren oder auch nur zu beurteilen
Prüfungsschema: Rechtmäßigkeit einer Zurückstellung nach § 15 BauGB
- Rechtsgrundlage § 15 Abs. 1 BauGB
- Formelle Rechtmäßigkeit
a) Zuständigkeit, § 15 Abs. 1 BauGB: Baugenehmigungsbehörde, Art. 53, 54 BayBO b) Verfahren
(1) Anhörung der Beteiligten (Art. 13 BayVwVfG), Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG
(2) Antrag der Gemeinde, § 15 Abs. 1 BauGB
c) Form, § 17 Abs. 1 S. 2 BauGB: schriftlich + Zustellung - Materielle Rechtmäßigkeit
a) Entscheidung über Einzelfallvorhaben
b) Anknüpfung an Veränderungssperre, § 15 Abs. 1 S. 1 BauGB: Nach § 15 Abs. 1 S. 1 BauGB ist eine Zurückstellung in zwei Fällen zulässig:
(1) Var. 1: Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre haben vorgelegen
(2) Var. 2: Eine Veränderungssperre ist beschlossen, aber noch nicht in Kraft getreten c) Sicherungsbedürfnis
d) Dauer: 12 Monate (Höchstfrist)
Zurückstellung i. S. v. § 15 I BauGB = selbständige Verfahrenshandlung (vgl. § 44a VwGO)
→ Statthaftigkeit Rechtsbehelf gegen Zurückstellung
MM: (-), ggü. begehrter Baugenehmigung unselbständige Verfahrenshandlung → VK auf Erteilung Baugenehmigung statthaft
(+) Form behördlicher Untätigkeit
ganz h. M.: (+), eigene belastende Regelung, da Behörde ihre Pflicht zur zügigen Bearbeitung suspendiert
→ nach MM VK, nach h. M. AK gg. Zurückstellung als eigenständige Entscheidung der Behörde
RSB (+), da eigenständige Belastung durch Verzögerung
Sicherungsbedürfnis § 15 I 1 BauGB: “zu befürchten, dass die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird”
konkrete Gefährdung der Planung = Gefahr der Vereitelung des Planungsziels durch das Vorhaben erforderlich
(-), wenn Vrss. des § 33 BauGB vorliegen
→ problematisch, wenn Planung noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass die genaue Nutzbarkeit des konkreten Grundstücks schon vorgegeben ist
Drittschutz der gemeindlichen Pflicht, das Einvernehmen nicht rechtswidrig zu verweigern?
→ Staatshaftungsrecht: Drittbezogenheit der verletzten Amtspflicht
e. A.: (+)
(+) Art. 1 III, 14 I GG: Beteiligung der Gemeinde am Genehmigungsverfahren löst ihre grundrechtlichen Schutzpflichten aus
(+) Genehmigungsbehörde ist solange an Erteilung BG (vorbehaltlich Ersetzung) gehindert, wie EV verweigert wird
h. M.: (-)
(+) EV lediglich Verwaltungsinternum
(+) Ersetzungsmöglichkeit der Baugenehmigungsbehörde → Letztverantwortung bei dieser