Staatsorganisationsrecht: Gesetzgebungsverfahren und Form Flashcards
(20 cards)
Gesetzgebungsverfahren Schema
I. Gesetzesinitiative (Art. 76 GG, § 76 GOBT)
II. Beratung und Beschlussfassung im BT (Art. 77 I 1 GG, § 78 ff. GOBT)
III. Beteiligung des Bundesrates (Art. 77 I 2, Art. 78 GG)
IV. Verfahren im Zusammenhang mit dem Vermittlungsausschuss (Art. 77 II - IV GG)
V. Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung (Art. 58, 82 GG)
Beschlussfähigkeit BT
§ 45 GOBT
Beschlussunfähigkeit muss gesondert festgestellt werden, ansonsten wird Beschlussfähigkeit vermutet
→ wird Beschlussunfähigkeit vor Abstimmung weder gerügt, noch festgestellt, gilt BT als beschlussfähig
P: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit des “Gesetzgebungsoutsourcings”
e. A.: Zulässigkeit grundsätzlich (+)
e. A.: Zulässigkeit grundsätzlich (+)
(+) formelles Verständnis des Art. 76 I GG → Gesetzesentwurf muss von einem der initiativberechtigten Organe / Organteile EINGEBRACHT werden, interne VORBEREITUNG unerheblich
→ betrifft lediglich äußeres Gesetzgebungsverfahren, Hinzuziehung externen Sachverstandes in Ordnung
P: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit des “Gesetzgebungsoutsourcings”
a. A.: Zulässigkeit nur im Einzelfall
(+) materielle Erfordernisse des Gesetzgebungsverfahrens: inhaltliche Vorgaben und materielle Grenzen
→ Funktionsvorbehalt, Art. 33 IV GG: setzt Privatisierung der Exekutive Grenzen, muss aber aus systematischen Gründen auch für den Gesetzeserlass gelten
→ Gewaltenteilung, Art. 20 I - III GG: Gestaltungshoheit der Regierung muss gewahrt bleiben
str. : Zustimmungsbedürftigkeit bei Änderung eines zustimmungspflichtigen Gesetzes
e. A.: Zustimmung erforderlich
(+) Einheitsthese BVerfG: Gesetz bedarf “als Ganzes” der Zustimmung, wenn es nur eine Norm enthält, die die Zustimmungsbedürftigkeit auslöst → Zustimmung des Bundesrats bezieht sich auf ganzes Gesetz, nicht teilbar
(-) ursprüngliche Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bezog sich nur auf Ausgangsgesetz → bei Anwendung auf Änderungsgesetz, würden mit der Zeit immer mehr Gesetze grundlos zustimmungsbedürftig, Ausnahme der Zustimmungsbedürftigkeit würde zur Regel
str.: Zustimmungsbedürftigkeit bei Änderung eines zustimmungspflichtigen Gesetzes
BVerfG: Zustimmung nur erforderlich, wenn
für eine Änderung eines Zustimmungsgesetzes die Zustimmung des Bundesrates nur erforderlich, wenn (alternativ):
- das Änderungsgesetz selbst neue Vorschriften enthält, die ihrerseits die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen
- von der Änderung solche Regelungen des geänderten Gesetzes betroffen sind, die seine Zustimmungsbedürftigkeit begründet hatten
- durch Änderung die Bedeutung und Tragweite zustimmungsbedürftiger Vorschriften wesentlich verändert wird (“Systemverschiebung”)
Bundesrat hält Gesetz fälschlicherweise für zustimmungsbedürftig und verweigert Zustimmung
→ Kann Zustimmungsverweigerung als Einspruch ausgelegt / umgedeutet werden?
(-) Formalität des Staatsorganisationsrechts
ohnehin erst, wenn zuvor Vermittlungsausschuss angerufen, Art. 77 II 1 GG
P: uneinheitliche Abstimmung eines Bundeslandes im Bundesrat i. R. e. Einspruchs, Art. 77 III GG
= Verstoß gegen Art. 51 III 2 GG
ganz h. M.: führt zur Nichtberücksichtigung aller abgegebenen Stimmen des Landes
(+) sonst könnte ein Abgeordneter ganze Abstimmung torpedieren
beachte: erforderliches Quorum Art. 51 III 1 GG = absolute Mehrheit → wenn infolge der Nichtberücksichtigung Beschlussfassung nicht mit mindestens der Mehrheit der Stimmen erfolgt, ist Quorum nicht erreicht und Einspruch nicht ordnungsgemäß eingelegt
Funktionen der Ausfertigung, Art. 82 GG
- Dokumentationsfunktion: bestätigt Abschluss und Ergebnis
- Authentizitätsnachweise: bestätigt Übereinstimmung der Urschrift mit dem von den Gesetzgebungsorganen beschlossenen Gesetz
- Legalitätsfunktion: bestätigt Rechtmäßigkeit des Gesetzgebungsverfahrens
- Repräsentations- und Integrationsfunktion: Erlass als Akt der Staatswillensbildung und das Gesetz als Teil der gemeinsamen Rechtsordnung
Art. 82 I 1 GG
Prüfungsrecht des BP?
→ hinsichtlich formeller VM
(+) Wortlaut: “nach den Vorschriften des GG zustande gekommene Gesetze”, Zustandekommen → Art. 70 ff. GG
(+) Sinn und Zweck = BP als neutralen Dritten in Gesetzgebung einzubeziehen → gewisse Kontrolle
(+) Ausfertigung ohne Prüfungskompetenz wäre inhaltsleer und bedeutungslos
Art. 82 I 1 GG
Prüfungsrecht des BP?
→ hinsichtlich formeller VM → Umfang Kontrollrecht
e. A.: Beschränkung auf Gesetzgebungsverfahren
(+) Wortlaut Art. 82 I 1 GG
h. M.: auch Gesetzgebungskompetenz umfasst
(+) systematische Stellung Art. 82 GG am Ende des VII. Abschnitts
(+) Gesetzgebungskompetenz als Anwendungsvoraussetzung der Art.76ff.GG
Art. 82 I 1 GG
Prüfungsrecht des BP?
→ hinsichtlich materieller VM
e. A.: (-)
(+) BP hätte erheblichen Einfluss auf Gesetzgebung trotz entgegenstehendem Verwerfungsmonopol des BVerfG
(-) keine Verwerfung des Gesetzes durch Nichtausfertigung, lediglich Inkrafttreten wird verhindert, kein endgültiger Eingriff + Überprüfbarkeit durch BVerfG bleibt erhalten, s. hier OSV
Art. 82 I 1 GG
Prüfungsrecht des BP?
→ hinsichtlich materieller VM
h .M.: (+)
(+) BP durch Amtseid nach Art. 56 GG zu Wahrung des GG und Abwehr von Schaden vom deutschen Volk verpflichtet; bei vorsätzlicher Verletzung des GG oder eines anderen Bundesgesetzes Präsidentenklage nach Art. 61 GG möglich
(-) keine Normierung selbständiger verfassungsrechtlicher Pflichten, lediglich Verstärkung und Sanktionierung von bereits vorhandenen, sich aus anderen Verfassungsnormen ergebenden Verpflichtungen → Zirkelschluss
(+) Art. 20 III, 1 III GG: Bindung des BP an die Verfassung → Unvereinbarkeit mit Pflicht zur Ausfertigung materiell verfassungswidriger Gesetze → BP unzumutbar, am Inkrafttreten eines verfassungswidrigen Gesetzes mitzuwirken
Art. 82 I 1 GG
Prüfungsrecht des BP?
→ hinsichtlich materieller VM → Umfang
Beschränkung auf Evidenzkontrolle = offensichtliche materielle Verstöße
(+) Gewaltenteilung: Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit Aufgabe des BVerfG
Verstoß gegen Geschäftsordnung = Verstoß gegen GG?
- Stellt eine Bestimmung der GO eine zulässige Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Norm dar?
- Wurde gegen die GO-Bestimmung verstoßen?
- Wurde der Verstoß geheilt oder im Einzelfall von der Bestimmung dispensiert (vgl. § 126 GOBT)?
- Schlägt ein Verstoß gegen die GO auch auf die verfassungsrechtliche Bewertung durch?
→ nur Verstoß, wenn jeweiliger Inhalt der GO-Norm zugleich verfassungsrechtlich geboten ist
§ 76 I GO BT = verfassungsgemäße Konkretisierung des Art. 76 I GG?
(+) Offenheit Verfassung, vage Formulierung “aus der Mitte des BT”, Sinn und Zweck: Funktionsfähigkeit des Parlaments
- aber Heilung möglich, wenn BT die Gesetzesinitiative zur Entscheidung annimmt und sich somit zu eigen macht
- i. Ü. führte Verstoß gegen GO BT als solcher nicht zu Nichtigkeit des Gesetzes, da nur parlamentsinterne Bindungswirkung, sondern erst, wenn jeweiliger Inhalt der GO-Norm zugleich verfassungsrechtlich geboten ist → hier (-), da vager Wortlaut
Art. 42 I 1 GG: Grundsatz der Öffentlichkeit
- Teilnahme an der Sitzung von Beginn bis zum Schluss grundsätzlich für jedermann möglich
→ die zu Protokoll gegebenen Reden müssen öffentlich einsehbar sein
Art. 42 I 1 GG: Verhandlungsgebot
Verhandeln = mündliche Darlegung und Konfrontation von Argumenten
- str.: Genügt es Verhandlungsgebot, wenn Reden zu Protokoll gegeben werden und im Plenum ohne vorherige mündliche Aussprache abgestimmt wird?
Genügt es Verhandlungsgebot i. S. v. Art. 42 I 1 GG, wenn Reden zu Protokoll gegeben werden und im Plenum ohne vorherige mündliche Aussprache abgestimmt wird?
e. A.: verfassungsrechtliche Pflicht zur Aussprache
(+) Parlamentsdebatte = Verfahren zur Herstellung einer Entscheidung
(+) Verwirklichung der Repräsentationsaufgabe der Abgeordneten nach Art. 38 I 2 GG
(+) höhere Transparenz, Offenlegung von Konfliktsituationen
(+) Rechte von Oppositionsfraktionen und einzelnen Abgeordneten
h. M.: keine verfassungsrechtliche Pflicht zur Aussprache
(+) Art. 42 I 1 GG verpflichtet nicht zur Verhandlung an sich, sondern nur zur Öffentlichkeit der Verhandlung, vgl. Art. 40 I 2 GG: Bestimmung und Gestaltung der Arbeitsabläufe als Aufgabe und Recht des Parlaments
(+) keine unbegrenzte Redezeit → Funktionsfähigkeit des BT
aber Ausnahme, wenn Absehen von mündlicher Verhandlung zum dominierenden Verfahren wird
Einschränkung Nichtigkeitsfolge für Verfahrensverstöße
Verfahrensverstoß nur relevant, wenn es sich um zwingendes Recht handelt, der Gesetzesbeschluss auf dem Verstoß beruht und der Mangel evident ist