Verwaltungsrecht Begründetheit: Materielle RM Flashcards

(61 cards)

1
Q

Überprüfung von TBM durch das Gericht

A

Grundsatz: volle Überprüfung von TBM (Art. 19 IV GG)
Ausnahme: Beurteilungsspielraum der Verwaltung
→ Prüfungsentscheidungen
→ beamtenrechtliche Beurteilungen
→ Wertentscheidungen weisungsfreier, pluralistisch zusammengesetzter Gremien
→ wertbezogene Prognosenentscheidungen

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2
Q

Ermessenskontrolle durch die Gerichte

Klage/Eilrechtsschutz

A

Reduktion gerichtlicher Kontrolle: § 114 S. 1 VwGO

Gericht überprüft “nur”, ob der Verwaltung bei der Ermessensausübung Ermessensfehler unterlaufen sind

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3
Q

Nebenbestimmungen zum VA, § 36 VwVfG

A

Regelungen, die einem VA beigefügt werden, um dessen Inhalt oder Wirksamkeit zu modifizieren
↔︎ Hauptregelung des VA

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4
Q

Abgrenzung Bedingung ↔︎ Auflage

A

Bedingung suspendiert den VA, zwingt aber den Begünstigten nicht
Auflage zwingt den Begünstigten, suspendiert aber den VA nicht
→ Bedingung betrifft Wirksamkeit des VA, Auflage lässt Wirksamkeit unberührt, schreibt dafür aber zwingende Leistungsgebote vor

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5
Q

Auflage ↔︎ modifizierende Auflage

A

Auflage: Begünstigter bekommt begehrte Hauptregelung, aber mit nicht begehrtem Zusatz (“Ja, aber…”) → AK gegen Nebenregelung
m. A.: Begünstigter bekommt begehrte Hauptregelung nicht, sondern ein aliud (“Nein, aber wir schlagen vor…”) → VK für begehrte Hauptregelung

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6
Q

Verfügungsvertrag, § 54 S. 2 VwVfG

A

verwaltungsaktersetzender öffentlich-rechtlicher Vertrag

→ zugleich subordinationsrechtlicher Vertrag

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7
Q

Verpflichtungsvertrag

A

verwaltungsaktvorbereitender öffentlich-rechtlicher Vertrag

→ Behörde verpflichtet sich, einen VA zu erlassen

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8
Q

Amt im statusrechtlichen Sinne

A

rechtliche Stellung des Beamten, Zugehörigkeit zu bestimmter Laufbahn und bestimmter Laufbahngruppe

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9
Q

Amt im funktionellen Sinne

A

Aufgabenbereich

abstrakt: allg. Aufgabenbereich, der der laufbahnmäßigen Dienststellung bei einer bestimmten Behörde entspricht
konkret: spezieller Aufgabenbereich, der einem bestimmten Beamten übertragen ist

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10
Q

Gewerbe

A

jede selbständige, auf Dauer angelegte, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebene wirtschaftliche Tätigkeit mir Ausnahme freiberuflicher oder landwirtschaftlicher Tätigkeit und der Verwaltung eigenen Vermögens

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11
Q

unzuverlässig (GastG)

A

Unzuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß, d. h. entsprechend der gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der guten Sitten, ausüben wird.
→ Zuverlässigkeit bezieht sich primär auf für das Führen der Gaststätte erforderliche Eigenschaften, vgl. Regelbeispiele

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12
Q

Zusicherung eines VA, Art. 38 I 1 BayVwVfG

A

setzt Bezugnahme auf einen bestimmten Verwaltungakt und Rechtsbindungswillen voraus
→ von bloßer Auskunft über rechtliche Lage ohne Regelungsgehalt abzugrenzen

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13
Q

Passivlegitimation, § 78 I VwGO

A

→ Rechtsträgerprinzip: passivlegitimiert ist der Rechtsträger der handelnden Behörde
→ nicht Bestimmung der Zuständigkeit, sondern maßgeblich, wie sich das hoheitliche Handeln für den Adressaten darstellt, also entweder als Handeln der Verwaltungsgemeinschaft in eigener Zuständigkeit oder als Handeln für die Mitgliedsgemeinde als deren Behörde
→ LRA handelt als Staatsbehörde → Freistaat Bayern
→ Gemeinde handelt → immer Gemeinde

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14
Q

offensichtliche Rechtswidrigkeit

A

nur dann gegeben, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt
maßgeblicher Zeitpunkt: Erlass des VA

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15
Q

Prüfung Unwirksamkeit VA

A

Unwirksam ist VA gem. Art. 43 III BayVwVfG nur, wenn er nichtig ist → Art. 44 BayVwVfG
1. Art. 44 II BayVwVfG: besondere Nichtigkeitsgründe
2. Art. 44 III BayVwVfG: Ausschluss der Nichtigkeit
3. Art. 44 I BayVwVfG: allgemeine Nichtigkeitsgründe
→ BVerwG: besonders schwere formelle und materielle Fehler, die mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sind → abzustellen auf Gewicht und Bedeutung des Fehlers: VA muss “den Makel der RW auf der Stirn tragen” → Nichtigkeit nur bei absoluter sachlicher Unzuständigkeit

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16
Q

Begründetheit der Verpflichtungsklage

A

Die Verpflichtungsklage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und soweit die Ablehnung oder Unterlassung des VA rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§§ 78, 113 V 1 VwGO). Dies ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch auf den von ihm begehrten VA besitzt (§ 113 V 1 VwGO) oder zumindest einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 113 V 2 VwGO).

  1. Benennung der AGL
  2. Anspruchsvoraussetzungen (Tatbestand AGL)
  3. Rechtsfolge (Anspruchsinhalt)
    a) gebundene Entscheidung oder Ermessensentscheidung
    → Vornahmebegehren des Klägers enthält als Minus immer Bescheidungsbegehren → ggf. Umdeutung
    b) wenn lediglich Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung: bereits durch Ablehnungsbescheid erfüllt?
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17
Q

Begründetheit der Allgemeinen Leistungsklage

A

Die Leistungsklage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und soweit ein Anspruch auf Vornahme eines bestimmten schlicht hoheitlichen Handelns bzw. ein Anspruch auf Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Handelns bzw. des Erlasses eines VA / einer Satzung / einer Verordnung besteht

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18
Q

Begründetheit der Allgemeinen Feststellungsklage

A

Die Feststellungslage ist begründet, wenn

  • das Rechtsverhältnis besteht.
  • das Rechtsverhältnis nicht besteht.
  • der VA nichtig ist.
  1. Positive und negative Feststellungsklage
    a) Benennung des Rechtsverhältnisses
    b) Prüfung des (Nicht)Bestehens des Rechtsverhältnisses
  2. Nichtigkeitsfeststellungsklage
    a) Benennung des möglicherweise nichtigen VA
    b) Prüfung der Nichtigkeit, § 44 VwVfG
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19
Q

Obersatz: Begründetheit der Fortsetzungsfeststellungklage

A

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, wenn sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet und
→ Anfechtungssituation: soweit der VA zur Zeit seiner Erledigung rechtswidrig war und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt wurde, § 113 I 4 VwGO analog
→ Verpflichtungssituation: soweit der Kläger zur Zeit der Erledigung einen Anspruch auf Vornahme des VAs hatte, § 113 I 4, V 1 VwGO analog

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20
Q

Obersatz: Begründetheit der Normenkontrolle

A

Der Antrag ist erfolgreich, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet, § 47 II 2 VwGO, und soweit die angegriffene Norm ungültig ist, § 47 V 2 VwGO. Dies ist der Fall, wenn es an einer RGL für die Norm fehlt oder wenn sie formell und / oder materiell rechtswidrig ist (und diese Fehler nicht unbeachtlich sind).

I. Richtiger Antragsgegner, § 47 II 2 VwGO
II. Ungültigkeit der Norm
1. RGL
2. Formelle RM
3. Materielle RM
4. Unbeachtlichkeit
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21
Q

allgemeine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage

Begründetheit

A

wenn die in Rede stehende zukünftige Handlung rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wäre
alternativ: wenn Unterlassungsanspruch besteht und durchsetzbar ist

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22
Q

Passivlegitimation: Doppelfunktion des LRA

A

kann gem. Art. 37 I LKrO sowohl
- Kreisbehörde: Selbstverwaltungskörperschaft → Aufgaben des Landkreises, Landkreis als Träger des LRA richtiger Beklagter
als auch
- Kreisverwaltungsbehörde: Staatsbehörde → Staatsaufgaben, Freistaat Bayern als Träger richtiger Beklagter
sein

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23
Q

Passivlegitimation: kreisfreie Gemeinden

A

nehmen gem. Art. 9 I GO alle Aufgaben des Landkreises, also auch die Staatsaufgaben des LRA wahr → erfüllen diese “Staatsaufgaben” jedoch im übertragenen Wirkungskreis
keine Doppelstellung wie bei LRA, handeln daher immer aus eigener körperschaftlicher Stellung → Rechtsträger ist immer die Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und damit auch richtiger Klagegegner
ebenso bei großer Kreisstadt

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24
Q

Erfordert nur belastendes Verwaltungshandeln Gesetzesvorbehalt?
→ RGL für Bewilligungsbescheid einer Subvention erforderlich?

A
  • belastendes VH in jedem Fall, da Eingriff → RGL erforderlich (Vorbehalt des Gesetzes), gilt auch für belastende Nebenbestimmungen
  • begünstigendes VH?
    (+) Vorenthaltung einer Leistung kann Bürger genauso treffen wie Eingriff in Freiheit und Eigentum
    (+) drittbelastende Wirkung oder Belastung der Allgemeinheit denkbar
    (-) Flexibilität staatlichen Handelns
    (-) Rechtskreiserweiterung
    → kein umfassender Gesetzesvorbehalt, RLG nur dort erforderlich, wo die Begünstigung höchstwahrscheinlich auch einen Eingriff in Rechte Dritter bewirkt oder ein besonders sensibler Bereich betroffen ist (z. B. Presse- oder Religionsfreiheit betroffen)
    → Bsp. Subventionsvergabe: Bereitstellung von Haushaltsmitteln (Festsetzung im Haushaltsplan) + Konkretisierung durch Richtlinie = RGL, hinreichende parlamentarische Willensäußerung
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25
Obersatz isolierte Anfechtungsklage gegen Nebenbestimmung
Klage begründet, wenn - sie sich gegen den richtigen Beklagten richtet - soweit angefochtenen NB rechtswidrig sind und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist - und der HauptVA auch ohne die NB sinnvoller- und rechtmäßigerweise fortbestehen kann
26
nachträgliche Nebenbestimmung: taugliche RGL
§ 36 VwVfG? - Wortlaut deutet auf gleichzeitige Verfügung hin, aber II - telos: Vertrauensschutz des Adressaten? → ist VA ohne NB ergangen, kann sich Adressat darauf verlassen, dass er nicht ohne weiteres zusätzlich belastet wird → kann auf § 36 VwVfG gestützt werden, wenn analog §§ 48, 49 VwVfG der Vertrauensschutz des Adressaten beeinträchtigt wird
27
Je - desto - Formel
Je höherwertiger das Rechtsgut, desto geringere Anforderungen an die Schadenswahrscheinlichkeit.
28
Passivlegitmation: verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten
P: Kläger und Beklagter gehören demselben Rechtsträger an → rechtfertigt es, die Klage (entgegen dem Rechtsträgerprinzip) unmittelbar gegen die Behörde zu richten, die für die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs zuständig ist
29
Prüfungsmaßstab Normenkontrolle nach § 47 I Nr. 2 VwGO
gesamtes höherrangiges Recht, nicht jedoch die Grundrechte der BV (§ 47 III VwGO i. V. m. Art. 98 S. 4, 65, 92 BV
30
Passivlegitimation Verpflichtungsklage
bedeutet, dass grundsätzlich der Anspruch von dem Rechtsträger der zuständigen Behörde erfüllt werden kann → festzustellen, welche Behörde den Anspruch gewähren kann und gegen deren Rechtsträger ist Klage zu richten → zu verklagen ist immer der Träger der eigentlich zuständigen Behörde
31
Passivlegitimation: Landkreis
handelt Kreisbehörde in Erfüllung von Kreisaufgaben → Art. 37 I 1 LKrO: Landkreis zu verklagen (handelt LRA als Staatsbehörde → Freistaat, Art. 37 I 2 LKrO) Anhaltspunkte: Bezeichnung der handelnden Behörde: Landkreis (→ Selbstverwaltungskörperschaft, Art. 1 LKrO) oder LRA / Kreisverwaltungsbehörde (→ Staatsbehörde)
32
Passivlegitimation Bezirk
- handelt Bezirk → Art. 21 BezO, Klage richtet sich immer gegen den Bezirk als deren Rechtsträger - Staatsaufgaben im Bereich des Bezirks → Art. 35 ff. BezO, Regierung zuständig = Staatsbehörde → Freistaat Bayern
33
P: angefochtene Auflage als Grundlage eines Widerrufs?
(+) Reichweite des Suspensiveffekts: lässt rechtliche Wirksamkeit der Auflage unberührt → sonst müsste Auflage nie erfüllt werden, Begünstigter könnte immer nur gegen Auflage vorgehen und sich auf SE berufen (-) Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 IV GG → wenn die Behörde es für erforderlich hält, kann sich die Auflage für sofort vollziehbar erklären → Begünstigter darf nicht dazu gezwungen werden, Auflage zu befolgen, kann als einziges Verteidigungsmittel dagegen klagen vermittelnd: Maßgeblichkeit der RM der Auflage → gegen materiell rechtmäßige Auflagen ist kein Rechtsschutz erforderlich, auf rechtswidrige Auflage hingegen lässt sich Widerruf nicht stützen
34
Kann Subvention Eingriff darstellen? | → Subvention mit belastender Auflage verbunden
(-) Leistungsdimension: nur Rechtskreiserweiterung | (+) moderner Eingriffsbegriff: kann faktisch wie Zwang wirken, wenn Begünstigter auf Subvention angewiesen
35
Art. 18 BayStrWG: Zweck
- Sicherstellung Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs - grundsätzlich kein Drittschutz, Ausnahme: Ausgleichs- und Verteilungsfunktion: → konkurrierende Nutzungsinteressen in Bezug auf einen Straßenabschnitt → Anliegergebrauch, Art. 17 BayStrWG → kollidierende GR
36
BayStrWG: Nutzung öffentlicher Straßen
- Art. 14 I 1 BayStrWG: erlaubnisfreier Gemeingebrauch - Art. 17 I BayStrWG: erlaubnisfreier Anliegergebrauch - Art. 18 I 1 BayStrWG: erlaubnispflichtige Sondernutzung
37
Art. 14 I 1 BayStrWG: erlaubnisfreier Gemeingebrauch
umfasst - Gebrauch öff. Straßen i. R. ihrer Widmung für den Verkehr = Fortbewegung + umstandsbedingtes Stehenbleiben - Kommunikation und Kontaktaufnahme = kommunikativer Verkehr, v. a. auf Gehwegen, Plätzen und im Fußgängerbereich → Art. 5 I GG - u. U. Gemeingebrauch durch GR eröffnet
38
Art. 18 I 1 BayStrWG: erlaubnispflichtige Sondernutzung
jede über den Gemein- und Anliegergebrauch hinausgehende Benutzung der Straße, durch die der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann
39
Art. 18a I 1 BayStrWG: Beseitigungsanordnung
- formelle Illegalität: Sondernutzung ohne erforderliche Erlaubnis nach Art. 18 I 1 BayStrWG - materielle Illegalität: Ermessen → ist Sondernutzung genehmigungsfähig?
40
Prognoseentscheidungen / Beurteilungen | → gerichtliche Überprüfbarkeit?
- § 114 S. 1 VwGO behandelt lediglich Ermessen, hier aber Wertungen auf Tatbestandsseite → grundsätzlich wg. Art. 19 IV GG davon auszugehen, dass Gericht die Auslegung und Anwendung von TBM vollständig nachprüfen kann - A: gerichtliche Kontrolldichte reduziert auf Beurteilungs- / Prognosefehler, wenn → Gesetz Verwaltung Beurteilungsspielraum einräumt (formal) → rechtfertigender Grund vorliegt (materiell)
41
Prognoseentscheidungen / Beurteilungen | → rechtfertigender Grund für Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte
(+), wenn Verwaltung über Erkenntnisvorsprung gegenüber dem Gericht verfügt, der sich im gerichtlichen Verfahren nicht aufholen lässt - fehlende Rekonstruktionsmöglichkeit der Entscheidungssituation im Gerichtsverfahren - Notwendigkeit von Vergleichsmöglichkeiten - Erfahrungswissen erforderlich - besondere Verfahrensgestaltung, die eine Ersetzung des Ergebnisses durch eine Entscheidung des Gerichts ausschließt
42
Prognoseentscheidungen / Beurteilungen | → Fallgruppen
- Prüfungsentscheidungen → Einmaligkeit der Situation und Vergleich innerhalb der Kandidatengruppe erforderlich - beamtenrechtliche Beurteilungen → Gesamtschau der zu beurteilenden Person über einen längeren Zeitraum - Entscheidungen eines sachverständigen, pluralistisch besetzten und weisungsfreien Gremium → besondere Qualifikation, häufig Staatsferne
43
Prognoseentscheidungen / Beurteilungen | → Umfang der (beschränkten) gerichtlichen Kontrolle
Vertretbarkeitskontrolle: Gericht kontrolliert, ob die Verwaltung 1. das richtige Verfahren angewendet, 2. den zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, 3. keine sachfremden Erwägungen in die Beurteilung eingestellt und 4. keine anerkannten Bewertungsmaßstäbe verkannt hat
44
Unterliegen unbestimmte Rechtsbegriffe verwaltungsgerichtlicher Kontrolle? → Prüfungsentscheidungen
- Anwendung und Auslegung grundsätzlich vollumfänglich gerichtlich nachprüfbar - Ausnahme: Einmaligkeit der Prüfungssituation und die i. R. d. Prüfung bestehende Vergleichssituation für Prüfungsentscheidungen → gerichtliche Kontrolle beschränkt: - fachlich-wissenschaftliche Wertungen vollständig nachprüfbar - bei prüfungsspezifischen Wertungen Beurteilungsspielraum, ausgenommen sind z. B. Argumentation, Darstellung und schlussendliche Einordnung
45
Typen Konkurrentenklagen
- positive KK: Erhalt eigener Leistung ("ich auch") - negative KK: Verhinderung fremder Leistung ("der nicht") - Mitbewerberklage: Kapazitäten begrenzt → eigene Leistung + Verhinderung anderer Leistung "der nicht, sondern ich"
46
Mitbewerberklage
Kläger beansprucht Leistung, die nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht und von einer überschießenden Anzahl an Bewerbern beansprucht wird
47
P: Muss bei der Mitbewerberklage zusätzlich zur Verpflichtungsklage auch Anfechtungsklage erhoben werden? h. M.
grundsätzlich Notwendigkeit der AK neben der VK Ausnahme: im Einzelfall unzumutbar → quantitative Unzumutbarkeit: wenn Betroffener Vielzahl an Zulassungen anfechten müsste → qualitative Unzumutbarkeit: Kläger müsste kaum einschätzbares Prozessrisiko eingehen, weil Behörde Auswahlentscheidung nicht hinreichend dokumentiert hat, sodass Betroffener Erfolgsaussichten nicht einschätzen kann (+) Verhinderung von unterschiedlichen Entscheidungen in Prozess der VK und Prozess der AK
48
P: Muss bei der Mitbewerberklage zusätzlich zur Verpflichtungsklage auch Anfechtungsklage erhoben werden? a. A.
Erhebung der Verpflichtungsklage ausreichend, aber RSB fehlt, wenn die Behörde die Zulassungsentscheidung bzgl. des Konkurrenten tatsächlich nicht mehr beseitigen kann, und wenn die positive Entscheidung auch den abgelehnten Bewerbern gegenüber bekannt gemacht wurde und deshalb die Gefahr der Bestandskraft besteht (+) positive Zuteilungsentscheidung kann für einen Konkurrenten gegenüber dem Kläre nur bestandskräftig werden, wenn sie ihm bekannt gemacht wurde (+) Rücknahme gem. Art. 48 BayVwVfG unabhängig von Bestandskraft möglich
49
Art. 18 BayStrWG: Drittschutz
grundsätzlich kein Drittschutz, Ausnahmen: - Ausgleichs- und Verteilungsfunktion → aber auch da Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs Hauptaugenmerk, sonstige Belange bleiben außen vor → objektive öffentliche Belange, nicht subjektives Recht auf Ausgleich zweier konfligierender Sondernutzungen entscheidend - Art. 18 I 1 i. V. m. 17 BayStrWG: Anliegergebrauch → umfasst aber nur solche Nutzungen, auf die der Anlieger zur Wahrnehmung seiner Interessen an dem Grundstück in besonderem Maße angewiesen ist - Art. 3 I GG → aber Prioritätsgrundsatz legitimes Auswahlkriterium
50
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht: Sittenwidrigkeit
- allgemeiner Grundsatz, dass die Verwaltung nicht gegen die guten Sitten verstoßen darf - VA sittenwidrig, wenn er gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt → Inhaltssittenwidrigkeit: Inhalt des VA sittenwidrig → Umstandssittenwidrigkeit: Umstände des VA-Erlasses unabhängig vom Inhalt sittenwidrig - RF Sittenwidrigkeit? → Nichtigkeit gem. Art. 44 II Nr. 6 VwVfG nur bei Inhaltssittenwidrigkeit, Umstandssittenwidrigkeit führt nur zur RW → kein Drittschutz, besteht im Allgemeininteresse, evtl. Ausnahme, wenn Sittenwidrigkeit gerade darauf basiert, dass etwas zum Nachteil des Dritten vereinbart wurde
51
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht: Begehung einer Straftat → RW des VA?
- Art. 20 III GG: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung | - nur, wenn VA selbst Straftat beinhaltet, im Zusammenhang mit dem VA begangene Straftaten können RW nicht begründen
52
Drittschutz von Verfahrensvorschriften
- grds. nie drittschützend (+) Verfahren hat nur dienende Funktion: primärer Zweck = Sicherstellung der Erfüllung der materiellen Vorgaben, besteht aber kein materieller Anspruch des Dritten, kann er sich nicht auf die bloße Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen - Ausnahme: absolute Verfahrensfehler → verfahrensrechtliche Dimension der Grundrechte als Schutzpflichten: Verfahren dient der Verwirklichung der Grundrechte → nur ganz vereinzelt, z. B. atomrechtliches Verfahren
53
RM der Androhung einer Zwangsmaßnahme zur Vollstreckung eines VA, mit dem eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird
I. RGL: Art. 36 I 1 VwZVG II. Formelle RM 1. Zuständigkeit: Art. 20 Nr. 2 i. V. m. Art. 30 I 1 i. V. m. Art. 20 Nr. 1 VwZVG 2. Verfahren 3. Form: Art. 36 I 1 VwZVG III. Materielle RM 1. allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen a) Vollstreckungstitel, Art. 18 I VwZVG aa) wirksamer Grund-VA bb) vollstreckungsfähiger Inhalt cc) P: RM als Voraussetzung? h. M.: (-) b) Vollstreckbarkeit des Grund-VA, Art. 19 I VwZVG c) Nichterfüllung der Verpflichtung aus dem Grund-VA, Art. 19 II VwZVG 2. besondere Vollstreckungsvoraussetzungen 3. keine Vollstreckungshindernisse, z. B. Art. 22 VwZVG
54
Konnexitätsgrundsatz | Ist RM des Grund-VA Voraussetzung der rechtmäßigen Androhung der Zwangsvollstreckung?
MM: (+) (+) Einheitlichkeit von Grund-VA und Zwangsvollstreckung ganz h. M.: (-), Vollstreckung auch dann rechtmäßig, wenn der zu vollstreckende Grund-VA rechtswidrig ist (+) Wortlaut Art. 18 I VwZVG enthält keine RM-Vrss. (+) nach Art. 38 I 3 VwZVG können Mängel des Grund-VA nach Eintreten der Bestandskraft nicht mehr geltend gemacht werden (+) Betroffener nicht schutzwürdig: hätte sich gegen Primärmaßnahme wehren können
55
Art. 36 I 2 VwZVG: Anforderungen an Fristsetzung
- Frist, innerhalb der dem Adressaten der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann - Angemessenheit ist Frage des Einzelfalles - Bestimmtheitsgebot: klare kalendermäßige Bestimmung oder Bezeichnung eines bestimmten Zeitpunkts erforderlich (Unterlassung / Duldung kann hingegen bei überwiegendem öff. Interesse auch sofort auferlegt werden)
56
P: Zulässigkeit der Festsetzung eines zweiten Zwangsgeldes
- Vereinbarkeit einer wiederholten Anordnung mit Art. 37 I 2 VwZVG: Adressat darf Verpflichtung noch nicht nachgekommen sein - VHMK der Höhe des 2. Zwangsgeldes, Art. 29 III VwZVG: bei Beurteilung VHMK wdh. Zwangsmittel findet erstes Zwangsmittel grundsätzlich keinerlei Beachtung
57
Gewerbe: auf Dauer angelegt
nachhaltig, planmäßig und nicht nur gelegentlich, zufällig oder vorübergehend ausgeübte Tätigkeiten
58
Gewerbe: Erlaubtsein / Sozialschädlichkeit der Tätigkeit
- kein Gewerbe: Tätigkeiten, die generell gg. geltendes Verfassungsrecht oder Strafgesetze verstoßen - str.: Tätigkeiten, die nicht verboten sind, aber sozialen Unwertgehalt aufweisen → Wertordnung des GG, GR: Art. 12 I GG: Aberkennung nur in eindeutigen Ausnahmefällen → nicht ausreichend, dass Tätigkeit von einem Teil der Gesellschaft als anstößig empfunden wird → nur solche Tätigkeiten relevant, die den gesellschaftlich anerkannten grundlegenden Regeln der Sittlichkeit und Moral zuwiderlaufen = sittenwidrig sind → Menschenwürde, Jugendschutz → nicht Aufgabe des Gewerberechts, die Sittlichkeit zu fördern oder den Einzelnen zu einem bestimmten Verhalten zu erziehen
59
stehendes Gewerbe
alle Arten und Formen des Gewerbebetriebs, die weder zum Reisegewerbe noch zu den Aktivitäten des Messe-, Ausstellungs- und Marktwesens zu rechnen sind
60
P: Änderung der Sachlage nach Erlass einer Verfügung Auf welchen Zeitpunkt hat das Gericht für die Heranziehung der für die Beurteilung der Begründetheit einer AK maßgeblichen tatsächlichen Umstände abzustellen? prozessuale Dimension: maßgeblicher Zeitpunkt i. R. d. § 113 I VwGO Bsp.: G zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung seines Gewerbes unzuverlässig i. S. v. § 35 I 1 GewO, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber nicht mehr unzuverlässig
Wortlaut § 113 I 1 VwGO ("rechtswidrig"): maßgeblich, ob der VA im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig ist (+) AK dient der Durchsetzung eines materiell-rechtl. Aufhebungsanspruchs → ohne Bedeutung, ob dieser Anspruch bereits ab Erlass oder erst später bestanden hat (+) Prozessökonomie ↔︎ materielle Dimension: Kann nachträgliche Änderung der Sach- / Rechtslage die RM eines VA berühren?
61
P: Änderung der Sachlage nach Erlass einer Verfügung Kann nachträgliche Änderung der Sach- / Rechtslage die RM eines VA berühren? materielle Dimension: Relevanz nachträglicher Änderungen für die RM eines VA
VA war im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung rechtmäßig → führt Änderung der Sach- / Rechtslage zu RW? - bei rechtmäßig ergangenem VA (-): bleibt rechtmäßig, vgl. Art. 49 II 1 Nr. 3 BayVwVfG - Ausnahme: VA mit Dauerwirkung (z. B. Gewerbeuntersagung) → VA, die aufgrund einer Norm erlassen worden sind, die voraussetzt, dass bestimmte rechtliche oder tatsächliche Umstände, die beim Erlass des VA existieren, auch in Zukunft bestehen - Gegenausnahme: aber keine RW, wenn das materielle Recht eine besondere Regelung für den Betroffenen enthält, mit dem er die Änderung der Sach- / Rechtslage geltend machen kann (→ keine Umgehung; z. B. § 35 VI GewO: Aufhebungsanspruch)