Begriffe Polizei- und Sicherheitsrecht Flashcards
(29 cards)
Gefahr im Verzug
wenn vorgeschriebene Verfahrenshandlung nicht mehr rechtzeitig möglich ist, bevor der nach materiellem Recht zu verhütende Schaden eingetreten ist
abstrakte Gefahr
Lebenssachverhalt, der bei
- typisierender Betrachtung
- bei ungehindertem Fortlauf des Geschehens
- zu einer Verletzung von Rechtsgütern der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen kann
→ Sichtweise ex ante maßgeblich
konkrete Gefahr
Art. 11 I 2 PAG
Sachlage die
- bei ungehindertem Ablauf des zu erwartenden Geschehens
- im Einzelfall
- mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
- zu einer Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führen wird
→ obj. ex-ante-Prognose eines verständigen Entscheidungsträgers maßgeblich
Anscheinsgefahr
Sachlage, die aus ex-ante-Sicht konkrete Gefahr begründet hat, sich aber ex post als ungefährlich herausstellt
→ Prognoseentscheidung in sorgfältiger Weise vorgenommen, d. h. so wie ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Amtswalter die Lage zum Zeitpunkt des polizeilichen Handelns eingeschätzt hätte
→ Prognoserisiko beim Betroffenen
Putativgefahr
= fahrlässige Falschprognose
objektiv aus ex-ante-Sicht gefahrloser Zustand
→ Prognoserisiko bei Behörde
abstrakte Gefahr ↔︎ konkrete Gefahr
- abstrakte Gefahr: bezieht sich auf eine typische Lebenssituation, typisierende Betrachtung eines Lebenssachverhalts - können aus dieser Situation durch das Hinzutreten weiterer Umstände typischerweise Gefahren entstehen?
- konkrete Gefahr: stellt sich auf einen real existierenden Lebenssachverhalt ab, maßgeblich sind Einzelfall, zeitliche Nähe des Umschlagens der Gefahr in einen Schaden und der Bezug auf individuelle Personen als deren Verursacher
Besteht Gefahr iSd Polizei- und Sicherheitsrecht?
→ klassische Beschränkung auf Gefahrenabwehr
→ hierzu muss Gefahr erkennbar sein bzw. feststehen!
→ Vorfeldmaßnahmen, Gefahrermittlungsmaßnahmen?
→ Gefahrerforschungseingriffe ↔︎ Gefahrenvorsorge: spezielle gesetzliche Ermächtigung notwendig
öffentliche Sicherheit
Gesamtheit der geschriebenen Rechtsordnung, Bestand des Staates und seiner Einrichtungen, persönliche Rechtsgüter einzelner Personen und Rechtsgüter der Allgemeinheit
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit
Leben, körperliche Unversehrtheit/Gesundheit, Ehre, körperliche Bewegungsfreiheit, Eigentum und rechtlich anerkanntes Vermögen, Integrität der Rechtsordnung, ungehinderte Ausübung der Hoheitsgewalt
öffentliche Ordnung
Gesamtheit der ungeschriebenen Normen, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unentbehrliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens angesehen wird
Störung
bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung
In der Störung setzt sich die Gefahr fort.
Handlungsstörer/Verhaltensstörer, Art. 7 PAG, 9 I LStVG
h. M.: Formel von der unmittelbaren Verursachung
= derjenige, der durch sein Verhalten die letzte Ursache setzt, die unmittelbar zu einer Gefährdung des Rechtsguts führt
Unmittelbarkeit bemisst sich nach wertenden Gesichtspunkten des Einzelfalles, hinreichend enger Wirkungs- und Verantwortungszusammenhang zwischen Gefahr und Verhalten der Person
Zustandsstörer, Art. 8 PAG, 9 II LStVG
Inhaber der tatsächlichen Gewalt über eine Sache, von der eine Gefahr ausgeht
→ weite Haftung
Nicht-Störer, Art. 10 PAG, 9 III LStVG
= Person, die, ohne Handlungs- oder Zustandsstörer zu sein, dennoch behördlich in Anspruch genommen werden darf
- grundsätzliche Nichtverantwortlichkeit
- Notwendigkeit der Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr
- keine Möglichkeit der Gefahrabwendung durch die Verantwortlichen oder durch Selbsteintritt
- Abwägung
eingeschränkt - institutioneller Polizeibegriff
→ Art. 1 PAG
→ nur die nach außen als Vollzugskräfte in Erscheinung tretenden Angehörigen der besonderen staatlichen Einrichtung (Institution) Polizei
→ nur Vollzugspolizei
→ PAG gilt nur für das Handeln der Polizei im eingeschränkt institutionellen Sinne
Gefahrerforschungseingriff
insbesondere Anordnung von Untersuchungsmaßnahmen
bei bloßem Gefahrenverdacht Anordnung endgültiger, gefahrbeseitigender Maßnahmen unverhältnismäßig
Gefahrenverdacht
wenn sich noch nicht einschätzen lässt, ob konkrete Gefahr vorliegt oder nicht
→ noch weitere polizeiliche Ermittlungen erforderlich, um hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sicher prognostizieren zu können
→ Übergang Gefahrenverdacht - konkrete Gefahr fließend: Gefahrenverdacht kann schon konkrete Gefahr sein, wenn er sachlich fundiert ist, d. h. durch objektiv vorliegende Tatsachen erhärtet ist
→ Gefahrerforschungseingriffe und Sicherungsmaßnahmen
Je - desto - Formel Gefahrenverdacht
Anforderungen an Tatsachenbasis (Wahrscheinlichkeit) des Gefahrenverdachts / Schadenseintritts umso geringer, je schwerwiegender der zu erwartende Schaden ist
→ Wertigkeit des Rechtsguts entscheidend
Prognoseentscheidung konkrete Gefahr
Je größer der zu erwartende Schaden, desto geringer die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts.
→ ex ante Sicht entscheidend (Gefahrenabwehr)
drohende Gefahr
→ Art. 11a I PAG, unter Eindruck von Terrorgefahr geschaffen
Eingriffsgrundlage für atypische Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung sowie Verhinderung des Entstehens einer konkreten Gefahr
Von VGH für verfassungsgemäß befunden, BayVerfG noch nicht entschieden
→ Sachverhalte, bei denen das individuelle Verhalten einer Person die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet, dass sie Straftaten in überschaubarer Zukunft begehen wird, auch ohne, dass das konkrete Geschehen bereits hinreichend erkennbar ist = genauer Kausalverlauf noch nicht so weit absehbar, dass von hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gesprochen werden kann; Person des Schädigers und Art der Schädigung bestimmt, aber Ort und Zeit noch nicht
Anhaltspunkte für das Entstehen einer konkreten Gefahr ausreichend
Bsp.: herrenloser Koffer am Hbf, Erwerb von Düngemittel (Bombenbau)
Zweckveranlasser
sein eigentlich gefahrneutrales Verhalten animiert andere dazu, Handlungsstörer zu werden
→ wird, obwohl er nicht den letzten Verursachungsbeitrag geleistet hat, als Handlungsstörer eingestuft: Polizei kann Maßnahmen sowohl gegen eigentlichen Handlungsstörer als auch gegen Zweckveranlasser richten
→ Schaufensterpuppenfall
gegenwärtige Gefahr
Einwirkung des schädigenden Ereignisses hat bereits begonnen oder steht in allernächster Zeit unmittelbar bevor
erhebliche Gefahr
liegt vor, wenn der drohende Schaden für die Schutzgüter nach Art oder Ausmaß besonders schwerwiegend ist
→ Prognose der Polizei auf Basis von Erfahrungen, Beurteilungsspielraum
Wann ist eine abstrakte und wann eine konkrete Gefahr erforderlich, wenn das Gesetz nur von Gefahr spricht?
konkrete Gefahr erforderlich, wenn Eingriff vorliegt → besonderes Sicherheitsrecht
Aufgabeneröffnung, Rechtsverordnungen: abstrakte Gefahr genügt