Verfassungsbeschwerde - Begründetheit Flashcards

(35 cards)

1
Q

I. Schutzbereich

A

derjenige Lebensbereich (Verhaltensweisen, Eigenschaften, Situationen, Rechtspositionen und -güter) des Einzelnen, den das jeweilige Freiheitsrecht prinzipiell gegen staatliche Eingriffe schützt

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2
Q

persönlicher Schutzbereich

A

Ist betroffene Person Träger des Grundrechts?

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3
Q

sachlicher Schutzbereich

A

inhaltliche Reichweite des Grundrechts

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4
Q

II. Eingriff

A

Ist die betreffende Maßnahme dem Staat bzw. einer seiner Untergliederungen zuzuordnen?
Greift sie in den Schutzbereich des Grundrechts ein (beeinträchtigt sie die geschützte Verhaltensweise/ den geschützten Zustand in zurechenbarer Weise)?

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5
Q

klassischer Eingriffsbegriff

A

Eingriff = jede dem Staat zurechenbare Maßnahme, die den Schutzbereich eines Grundrechts beeinträchtigt
- final: nicht nur unbeabsichtigte Nebenfolge eines ganz andere Zwecke verfolgenden staatlichen Handelns
- unmittelbar: nicht bloß mittelbare Folge des Staatshandelns
- imperativ: staatliches Ge- oder Verbot, das notfalls zwangsweise durchgesetzt wird
- rechtsförmig: nicht rein tatsächliche Wirkung
→ wird der Komplexität staatlichen Handelns nicht mehr immer gerecht: informelles Handeln, Information → moderner Eingriff

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6
Q

moderner Eingriffsbegriff

A

Ausdehnung auf faktische und mittelbare Beeinträchtigungen:
jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich des Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht
→ aber zu weit, daher Zurechenbarkeit / Finalität / Intensität erforderlich
- Kausalität
- Vorhersehbarkeit der Grundrechtsbeeinträchtigung
- Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung

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7
Q

III. Rechtfertigung

  1. Beschränkungsmöglichkeiten (“Schranken”)
    a) Grundrechte mit verfassungsunmittelbaren Schranken
A

Grundgesetz selbst enthält die konkrete Eingriffsgrundlage zur Beschränkung des Grundrechts
z. B. Art. 9 II, Art. 13 VII HS 1 GG

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8
Q

b) Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt

A
  • “durch”/ “aufgrund” eines formellen Gesetzes
  • einfacher Gesetzesvorbehalt
  • qualifizierter Gesetzesvorbehalt
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9
Q

c) vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte

A

verfassungsimmanente Schranken in Form von kollidierendem Verfassungsrecht

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10
Q
  1. verfassungsrechtliche Grenzen der Beschränkungsmöglichkeiten (“Schranken-Schranken”)
    a) Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
    aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit
    bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit
A

(1) Verhältnismäßigkeit
(2) sonstige materiell-verfassungsrechtliche Vorgaben:
Bestimmtheitsgebot, Parlamentsvorbehalt, Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG), Zitiergebot (Art. 19 I 2GG), Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 II GG)

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11
Q

Verhältnismäßigkeit

A
  • legitimer Zweck
  • Geeignetheit: muss angestrebten Zweck zumindest fördern können
  • Erforderlichkeit: kein milderes, gleich wirksames Mittel ersichtlich
  • Angemessenheit: die Schwere des Eingriffs darf nicht bei einer Gesamtabwägung außer Verhältnis zu dem Gewicht des damit verfolgten Zwecks stehen, praktische Konkordanz
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12
Q

b) Verfassungsmäßigkeit der Einzelanwendung

A

aa) eingeschränkter Prüfungsmaßstab des BVerfG

bb) Verhältnismäßigkeit

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13
Q

allgemeiner Gesetzesvorbehalt

A

erfordert lediglich Regelung des parlamentarischen Gesetzgebers

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14
Q

qualifizierter Gesetzesvorbehalt

A

stellt qualifizierte Anforderungen an das das Grundrecht einschränkende Parlamentsgesetz

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15
Q

Schranken-Schranken

A

Gesetz entspricht in formeller und materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen

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16
Q

Verbot des Einzelfallgesetzes, Art. 19 I 1 GG

A

einschränkendes Gesetz muss allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten

17
Q

Verletzung des Zitiergebots, Art. 19 I 2 GG

A

einschränkendes Gesetz muss das eingeschränkte Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen

18
Q

VB gegen Maßnahme der Exekutive

Prüfungsaufbau Schranken-Schranken

A

1) verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes im Einzelfall
→ unbestimmte Rechtsbegriffe
2) verfassungskonforme Anwendung des Gesetzes im Einzelfall
→ VHMK

19
Q

Begründetheit bei Verletzung von Gleichheitsrechten

A

I. Ungleichbehandlung
1. Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem
2. Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem
II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. absolute Diskriminierungsverbote, Art. 3 III GG)
2. spezielle Gleichheitssätze, z. B. Art. 3 II, 33 II GG
3. allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 I GG
→ wesentlich Gleiches: Willkürverbot / sachlicher Grund
→ wesentlich Ungleiches: Willkürverbot

20
Q

Prüfung Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem

A
  1. Person(engruppe) oder Situation wird in einer bestimmten Weise rechtlich behandelt
  2. andere Person(engruppe) oder Situation wird rechtlich anders behandelt
  3. beide Person(engruppen) oder Situationen können unter einen gemeinsamen Oberbegriff gefasst werden, der sich auf ein gemeinsames Unterscheidungsmerkmal bezieht und damit Dritte ausscheidet.
21
Q

Prüfung Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem

A
  1. Person(engruppe) oder Situation wird in einer bestimmten Weise rechtlich behandelt
  2. andere Person(engruppe) oder Situation wird rechtlich anders behandelt
  3. beide Person(engruppen) oder Situationen können NICHT unter einen gemeinsamen Oberbegriff gefasst werden
22
Q

Differenzierung: Willkürverbot oder Ungleichbehandlung ohne gewichtigen sachlichen Grund
→ Intensität

A

wiegt umso schwerer,

  • je stärker sich das konkrete Differenzierungsmerkmal Art. 3 III GG annähert
  • je weniger der Betroffene das konkrete Differenzierungsmerkmal beeinflussen kann
  • je stärker das Differenzierungsmerkmal zu einer Einschränkung von Freiheitsrechten führt

geringe Intensität → Willkürverbot
hohe Intensität → Verbot der Ungleichbehandlung ohne gewichtigen sachlichen Grund

23
Q

Willkürverbot

A

→ Evidenzkontrolle: Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wenn sich ein sachlicher Grund für sie anführen lässt

24
Q

Verbot der Ungleichbehandlung ohne gewichtigen sachlichen Grund: “neue Formel”

A

Rechtfertigung, wenn Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen
→ VHMK-Prüfung: legitimer Zweck, zur Erreichung geeignet, notwendig und angemessen
Notwendigkeit: keine Alternative ersichtlich, die den Förderungszweck besser verfolgt und zugleich die Personengruppe, die nicht gefördert wird, milder und schonender behandelt

25
BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz
eingeschränkter Prüfungsumfang: nur Verletzung spezifischen Verfassungsrechts zu prüfen → einschlägige GR generell verkannt → falsche Bewertungsmaßstäbe zugrundegelegt / Schutzbereich unrichtig oder unvollkommen bestimmt → Bedeutung der GR gravierend falsch gewichtet
26
Grund Einschränkung Prüfungsmaßstab
grundsätzlich stellt jede falsche Anwendung einer Norm eine Verletzung von Art. 20 III GG dar → Eingriff in Art. 2 I GG Überprüfung auf einfachgesetzliche Rechtsfehler aber den ordentlichen Gerichten und den Fachgerichten vorbehalten → BVerfG überprüft nur Verletzung spezifischen Verfassungsrechts
27
Begründetheit Verfassungsbeschwerde
(+), wenn Beschwerdegegenstände Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzen
28
Einfluss EMRK → Prüfungsmaßstab
- EMRK nicht unmittelbarer Prüfungsgegenstand, da nur Rang einfachen Bundesrechts, Art. 59 II 1 GG - BVerfG prüft VB grds. ausschließlich am Maßstab der GR und grundrechtsgleichen Rechte - aber Pflicht der innerstaatl. Organe, Völkerrecht zu respektieren → EMRK beeinflusst Auslegung der deutschen GR: dient als Auslegungshilfe zur Bestimmung von deren Inhalt und Reichweite - BerücksichtigungsPFLICHT → Verstoß gegen Berücksichtigungspflicht = Verstoß gegen GG → nationales Recht ist EMRK-freundlich auszulegen → EMRK mittelbar verfassungsrechtlich relevant
29
Schranken-Schranken: Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 II GG
= verfassungsrechtliche Grenze für Eingriffe der Legislative in den Schutzbereich eines Grundrechts → Kern des Grundrechts muss unantastbar bleiben: bei einem Grundrechtseingriff muss von dem Grundrecht irgendetwas übrig bleiben → Bsp.: Art. 84 PAG für Art. 2 II 1 GG → str.: Wie ist Wesensgehalt von GR zu ermitteln?
30
Schranken-Schranken: Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 II GG | str.: Wie ist Wesensgehalt von GR zu ermitteln?
unstrittig: Wesensgehalt für jedes GR gesondert zu bestimmen - e. A. (Theorie vom absoluten Wesensgehalt): Wesensgehalt = feste, vom Einzelfall und von der konkreten Frage unabhängige Größe → Grundrechtskern (= Wesensgehalt) nicht einzelfallbezogen zu ermitteln → Bsp. Art. 84 PAG: allg. Gewährleistung Leben nicht angetastet, daher keine Verletzung h. M. (Theorie vom relativen Wesensgehalt): auf jeweiligen Einzelfall abzustellen, Gewichtung und Abwägung der im Einzelfall beteiligten öff. und privaten Rechtsgüter und Interessen, Annäherung an VHMK-Prüfung Antastung (-), wenn dem GR das geringere Gewicht im konkreten Fall beizumessen sit → Bsp. Art. 84 PAG: Schuss im Einzelfall vhmg.?
31
eingeschränkter Prüfungsmaßstab bei der Urteilsverfassungsbeschwerde
- BVerfG keine Superrevisionsinstanz, Anwendung des einfachen Rechts ist Aufgabe der Fachgerichte → Vorliegen spezifischer Verfassungsverletzungen erforderlich: - grundrechtlicher Anwendungsfall (Fachgericht hat verkannt, dass es im grundrechtsrelevanten Bereich agiert) - grundrechtliche Fehleinschätzung oder -Gewichtung (Fachgericht hat Bedeutung der GR im konkreten Fall verkannt)
32
formelle Schranken - Schranken: Zitiergebot, Art. 19 I 2 GG
= einschränkendes Gesetz muss eingeschränktes GR nennen → muss auf das eingeschränkte GR und das einschränkende Gesetz anwendbar sein: - gilt nicht bei vorbehaltlos gewährleisteten GR - gilt nicht bei vorkonstitutionellen Gesetzen oder wenn ein Gesetz vorkonstitutionelle Grundrechtsbeschränkungen unverändert oder mit geringen Abweichungen fortschreibt
33
formelle Schranken - Schranken: Verbot des Einzelfallgesetzes, Art. 19 I 1 GG
Gesetz muss allgemein gelten | gilt nur im Hinblick auf die Einschränkung von Grundrechten
34
materielle Schranken - Schranken: Angemessenheit
- verfolgte Gemeinwohlbelange und gegenläufige Interessen stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander - Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung (Eingriff) und dem Gewicht des legitimen Zwecks
35
Prüfungsmaßstab BVerfG
- nur Bundesverfassungsrecht, kein Landesverfassungsrecht - BVerfG keine Superrevisionsinstanz: BVerfG untersucht bei Überprüfung gerichtlicher Entscheidung lediglich Verletzung spezifischen Verfassungsrechts - Prüfungsdichte: passt BVerfG an Intensität des jeweiligen Grundrechtseingriffs an