Art. 5 GG Flashcards
(27 cards)
Art. 5 I GG: Meinung
weit zu verstehen:
- Werturteile (keinem Wahrheitsbeweis zugänglich)
- auch Tatsachenäußerung, wenn Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung und Voraussetzung der Bildung von Meinungen (BVerfG)
Art. 5 I GG: Reichweite Meinungsfreiheit
jede Form der Meinungskundgabe unabhängig vom Verbreitungsmedium:
Meinungsäußerung + Meinungsverbreitung in Wort, Schrift und Bild
→ Ort, Medium und Zeit geschützt
Art. 5 I GG: Tatsachenbehauptung
= Behauptungen über Vorgänge der äußeren und / oder inneren Lebenswelt, die prinzipiell dem Beweis zugänglich sind
- enge Verknüpfung zu Werturteilen, da häufig notwendige Voraussetzung für das Bilden einer Meinung, daher von Schutzbereich des Art. 5 I GG erfasst
- nicht erfasst: erwiesenermaßen / bewusst unwahre oder “bloße” Tatsachenbehauptungen, da sie nicht zur Meinungsbildung beitragen
Art. 5 I GG: Abgrenzung Tatsachen ↔︎ Werturteil
- Tatsachen: objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit
- Werturteile: subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage
Art. 5 I 1 GG: Informationsfreiheit
= Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten
- jeder denkbare Träger von Information
allgemein zugänglich: geeignet und bestimmt, der Allgemeinheit, also einem individuellen, nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu beschaffen
- Gegenstand der Information selbst
Verhältnis der Schutzbereiche der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
BVerfG:
- Art. 5 GG maßgeblich, wenn sich die versammlungsbeschränkende Verfügung auf den Inhalt einer zu erwartenden Meinungsäußerung bezieht
- Art. 8 GG einschlägig, wenn die Beschränkung lediglich auf die Modalitäten der Versammlung (Ort, Zeit und Art) abzielt
- richtet sich Maßnahme sowohl gegen Inhalt als auch Medium der Versammlung, stehen beide GR nebeneinander und sind parallel zu prüfen
Art. 5 II GG: persönliche Ehre
setzt Gefahr der Beeinträchtigung der Würde der Opfer voraus
Art. 5 II GG: allgemeine Gesetze
BVerfG: Kombinationslehre
Gesetze im materiellen Sinne, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit als solche oder gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung richten, sondern vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen
→ Meinungsneutralität
→ sichert rechtsstaatlich erforderliche Distanz zu bestimmten Meinungen
P: Verhältnis der drei Schranken des Art. 5 II GG
BVerfG: Wunsiedel-Beschluss
Erfordernis der Allgemeinheit meinungsbeschränkender Gesetze bezieht sich auch auf Bestimmungen zum Ehrschutz und Jugendschutz
→ Unterfall der allg. Gesetze
(-) Wortlaut: Nebeneinander
(-) Regelungen denkbar, die als meinungsneutrale Gesetze sowohl allg. Gesetze sind als auch Recht der persönlichen Ehre schützen (Bsp. § 185 StGB)
Art. 5 GG: Wechselwirkungslehre
allein das Vorliegen eines allgemeinen Gesetzes rechtfertigt Grundrechtseingriff noch nicht, allgemeine Gesetze müssen ihrerseits wiederum im Lichte der besonderen Bedeutung der Meinungsfreiheit für den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat (einschränkend) ausgelegt werden
staatliche Einschränkungen umso weniger möglich, je weiter Meinungsäußerung von einer konkreten RGV entfernt ist, also rein geistige Wirkung zeitigt
Schranken Art. 5 I GG
BVerfG: ungeschriebene, verfassungsimmanente Schranke: nationalsozialistische Unrechts- und Schreckensherrschaft
(Art. 15 II Nr. 2 BayVersG)
Ausnahme von der Allgemeinheit meinungsbeschränkender Gesetze gem. Art. 5 II GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen
→ Unrecht und Schrecken der Nationalsozialisten entzieht sich allg. Kategorien
Art. 5 III GG: formaler / klassischer Kunstbegriff
= bestimmte Gestaltungsformen, die traditionell als Kunst angesehen werden und anerkannt sind wie bspw. Musik, Theater, Malerei oder Dichtung
Art. 5 III GG: materieller Kunstbegriff
Kunst = freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden
Art. 5 III GG: offener Kunstbegriff
Kunst = Werk erschließt sich im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer neuen Deutungen
→ unerschöpfliche Informationsvermittlung
Art. 5 III GG: Werkbereich
Umsetzung des künstlerischen Willens in die Realität
Art. 5 III GG: Wirkbereich
Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks als Tätigkeit, die der Öffentlichkeit Zugang zum Kunstwerk verschafft, damit Kunst auch wirken kann
→ Kunstvermittler wie Galeristen, Verleger usw.
Art. 5 III GG: Wissenschaft
- Forschung und Lehre
- nach Inhalt und Form als ernster und planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen
Rundfunkfreiheit
- Hörfunk und Fernsehen
- Schutz der Berichterstattung von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht
- nur diejenigen Betätigungen, bei denen eine redaktionelle Tätigkeit vorliegt
- jede an die Allgemeinheit gerichtete Übermittlung von Gedankeninhalten durch physikalische, besonders elektromagnetische Wellen
- BVerfG: Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle (Bsp. Gerichtsverhandlung) nicht geschützt, vgl. Informationsfreiheit: nur Zugang zu allgemein zugänglichen Quellen
Pressefreiheit
- alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse, auch Ton- und Bildträger
- Gründung und Gestaltung von Presseerzeugnissen
allgemeine Gesetze - Art. 5 II GG
Gesetze im materiellen Sinne, die sich nicht gegen eine Meinung als solche richten, sondern vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen
Art. 5 III 1 Alt. 1 GG
allgemeine Pflicht des Staates zur Kulturförderung
→ Zugänglichmachen für Allgemeinheit
→ Rechtfertigungsgrund
Formalbeleidigung und Schmähkritik
Schmähkritik: liegt vor, wenn es ungeachtet der gewählten Sprache ohne jeden meinungsbezogenen / kunstbezogenen Anlass lediglich um die Diffamierung der Person geht
- strenge Anforderungen
- Berücksichtigung von Anlass und Kontext der Äußerung
- Folge: keine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und APR, da MF regelmäßig hinter Ehrschutz zurücktreten wird
P: Widerruf von Werturteilen durch Hoheitsträger
e. A.: Widerruf möglich
(+) Konfusionsargument: Staat nicht grundrechtsberechtigt → Staat hat keine Meinung, daher kein Aufzwingen
h. M.: kein Widerruf
(+) Werturteil durch Widerruf nicht aus der Welt geschafft / korrigiert
(+) Amtsträger soll nicht von Staat Meinung aufgezwungen werden
Art. 5 III GG: BVerfG zu Kunstbegriff
BVerfG zieht alle Kunstbegriffe heran und lässt offen, welchem es folgen will → kein Streitentscheid, Kunstbegriffe stehen nebeneinander