Verwaltungsrecht: Ermessen Flashcards
(26 cards)
Überprüfung von TBM durch das Gericht
Grundsatz: volle Überprüfung von TBM (Art. 19 IV GG)
Ausnahme: Beurteilungsspielraum der Verwaltung
→ Prüfungsentscheidungen
→ beamtenrechtliche Beurteilungen
→ Wertentscheidungen weisungsfreier, pluralistisch zusammengesetzter Gremien (?, s. neue Entscheidung BVerwG)
→ wertbezogene Prognosenentscheidungen
Ermessenskontrolle durch die Gerichte
Klage/Eilrechtsschutz
Reduktion gerichtlicher Kontrolle: § 114 S. 1 VwGO
Gericht überprüft “nur”, ob der Verwaltung bei der Ermessensausübung Ermessensfehler unterlaufen sind
Spruchreife, § 113 V 1 VwGO
Darf Gericht sofort durchsetzbare konkrete Entscheidung treffen?
Wenn der Behörde ein Ermessen gesetzlich eingeräumt ist und keine Ermessensreduzierung auf 0 besteht, fehlt es an der Spruchreife. Es ergeht dann ein Bescheidungsurteil (§ 113 V 2 VwGO, Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung). Besteht dagegen kein Ermessensspielraum, erlässt das Verwaltungsgericht ein Vornahmeurteil.
Reduzierung des Rücknahmeermessens eines bestandskräftigen Bescheids auf Null
wenn Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Bescheids “schlechthin unerträglich” ist
Kriterien:
- Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben
- Verstoß gegen allg. Gleichheitssatz (Selbstbindung der Verwaltung)
- intendiertes Ermessen nach dem einschlägigen Fachrecht
- offensichtliche Rechtswidrigkeit des VA
gebundene Entscheidung
Im Fall einer gebundenen Entscheidung ordnet die EGL nur eine mögliche, klar gefasste Rechtsfolge an.
→ gerichtliche Kontrolldichte nicht reduziert
→ zu prüfen, ob die Verwaltung die gesetzlich angeordnete Rechtsfolge gewählt hat, ist dies nicht der Fall, so ist der VA rechtswidrig
Ermessensentscheidung
Im Fall einer Ermessensentscheidung eröffnet die EGL einen Ermessensspielraum, innerhalb dessen die Behörde eine Rechtsfolge auswählen kann (§ 40 VwVfG).
➞ Überprüfung auf Ermessensfehler (§ 114 S. 1 VwGO)
betrifft Rechtsfolgenseite der Norm
Zweck: Sicherstellung der Einzelfallgerechtigkeit beim Vollzug eines Gesetzes
Ermessensüberschreitung
Grenzen des Ermessens nicht eingehalten: Verwaltung wählt eine nicht von der Rechtsgrundlage gedeckte Rechtsfolge
→ u. a., wenn Rechtsfolge im konkreten Fall gg. VHMK-Grundsatz verstößt
Ermessensunterschreitung (= Ermessensausfall, Ermessensnichtgebrauch)
Behörde übt das ihr eingeräumte Ermessen überhaupt nicht aus
Bsp.: Die Verwaltung übersieht, dass ihr Ermessen eingeräumt ist und glaubt, eine gebundene Entscheidung treffen zu müssen.
Ermessensfehlgebrauch
Behörde übt das ihr eingeräumte Ermessen zweckwidrig aus = Behörde wählt eine RF, die dem Zweck der Ermessensnorm widerspricht
→ Ermessensdefizit: Behörde berücksichtigt nicht alle relevanten Aspekte
→ Ermessensmissbrauch: Behörde berücksichtigt für die Entscheidung irrelevante Aspekte
→ Ermessensdisproportionalität: Behörde gewichtet die in die Entscheidung einzubringenden Aspekte falsch
Ermessensreduzierung auf 0
Behörde ist grds. durch Rechtsnorm Ermessen eingeräumt, im konkreten Einzelfall kommt jedoch nur eine ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht
→ Behörde kann in diesem Fall nur eine RF wählen
→ verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte nicht reduziert, Gerichte überprüfen voll, ob Ermessensreduzierung auf 0 vorliegt
Entschließungsermessen
Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, ob Maßnahmen ergriffen werden
Auswahlermessen
Entscheidung, wie Maßnahmen auszusehen haben/ welche Maßnahmen ergriffen werden sollen
Ermessen: Soll-Vorschriften
Ermessen eingeschränkt, grundsätzlich muss die Behörde die angeordnete Rechtsfolge durchführen, nur im Ausnahmefall darf sie anders entscheiden
gestuftes Ermessen
entscheidende Behörde hat selbst keine Ermessenserwägungen angestellt, jedoch hat die nächsthöhere Behörde das Ermessen ausgeübt und für die Regelkonstellation entscheiden
→ unterer Behörde wurde Weisung erteilt
→ Ermessensnormen beseitigen Behördenhierarchie nicht, daher auf Ermessensausübung der anweisenden Stelle abzustellen
→ Weisung verschiebt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung “eine Stufe höher”
Einordnung der GR-Prüfung
- Prüfung i. R. d. Ermessens
a) als Ermessensfehlgebrauch (fehlerhafte Abwägung, Behörde wählt RF, die den GR des Betroffenen widerspricht)
b) als Ermessensüberschreitung (Wahl einer unverhältnismäßigen RF)
c) als eigenständiger Prüfungspunkt - Prüfung als eigenständiger Punkt “Verstoß gegen höherrangiges Recht” nach der Ermessensprüfung
Normsetzungsermessen
→ bei Verordnungsermächtigung
≠ Ermessen i. S. v. Art. 40 BayVwVfG
→ unterliegt nicht der gleichen strengen Kontrolle nach § 114 S. 2 VwGO
→ v. a. Ermessensfehlgebrauch durch zweckwidrige Ausübung denkbar
Nachschieben von Gründen
→ Anfechtungsklage
Kann Ermessensausübung i. S. d. § 114 S. 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die Abwägung der Belange ergänzt werden?
→ grundsätzlich maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt behördliche Entscheidung (bei AK)
→ § 114 S. 2 VwGO (-), wenn vorher überhaupt keine Ermessenserwägungen oder völlig andere Begründung
→ § 114 S. 2 VwGO (+), wenn Ermessenserwägungen unzureichend (Ermessensdefizit) → reine Ergänzung der Erwägungen zulässig
Nachschieben von Gründen
= nachträgliche Erwägungen zur Begründung des VA, die nun in das Verfahren eingeführt werden
- zulässig, wenn VA nicht in seinem Wesen verändert wird und das Nachschieben nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechtsverteidigung führt
- Wesensveränderung (+), wenn durch neue Erwägungen der VA in anderer, veränderter Gestalt bestünde (= neuer VA)
- Ergänzung setzt immer voraus, dass die entsprechende Erwägung im Bescheid schon angedeutet ist
- maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt?
→ bei AK: behördliche Entscheidung, erst nachträglich entstehende Gründe nicht mehr zu berücksichtigen
→ bei VK: letzte mündliche Verhandlung, auch neuer VA kann von Gericht berücksichtigt werden, daher bei AK relevanter
intendiertes Ermessen
bestimmte Ermessensvorschriften so auszulegen, dass die Ermessensausübung im Regelfall nur zu einem Ergebnis führen kann
Bsp.: Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
BVerwG: räumt eine Norm der Verwaltung ein intendiertes Ermessen ein, dann ist das Ergebnis der Entscheidung gewissermaßen vorgezeichnet. Die Verwaltung muss davon nur abweichen, wenn ein Ausnahmefall vorliegt.
→ Verwaltung muss i. d. R. keine Ermessenserwägungen anstellen, da Ergebnis vorgegeben
→ fehlt es an Ermessenserwägungen, liegt grundsätzlich kein Ermessensausfall vor, es sei denn es handelt sich um einen Ausnahmefall
→ ob Norm gewöhnliches oder intendiertes Ermessen enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln; Bsp.: Art. 49 II BayVwVfG → öff. Interesse überwiegt
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim gesamten staatlichen Haushalt
Art. 7 BayHO i. V. m. § 6 I HGrG bzw. kommunalrechtliche Sondervorschriften (Art. 53 II BezO)
→ Indiz für intendiertes Ermessen, überlagert i. d. R. das Einzelinteresse, eine Geldleistung behalten zu dürfen
→ großzügiger Verzicht des Staates auf Rückzahlung von Geldleistungen grundsätzlich ausgeschlossen
Verwaltungsvorschriften
abstrakt-generelle Regelungen oder Anordnungen im hierarchischen Verwaltungsaufbau, die für nachgeordnete Stellen binden sind und ihre Grundlage in der Organisations- und Weisungsbefugnis der übergeordneten Stelle oder in einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung haben
= Innenrecht der Behörde (grundsätzlich keine Außenwirkung), Konkretisierung des Ermessens einer Behörde
→ müssen aufgrund der dienstlichen Gehorsamspflicht beachtet und befolgt werden
→ dienen dazu, die Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis sicherzustellen (Art. 3 I GG!)
- norminterpretierende Verwaltungsvorschriften
- ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften
- normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften
- Verfahrens- und Organisationsvorschriften
- gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften
→ definieren unbestimmte Rechtsbegriffe, um diese einheitlich zu interpretieren (Auslegungshilfe)
→ geben Hinweise, wie Ermessen in Regelfällen auszuüben ist, Zweck = einheitliche Verwaltungspraxis
→ konkretisieren Auslegung und Anwendung “offener” Tatbestände und unbestimmter Rechtsbegriffe (unm. Außenwirkung (+)!)
→ regeln Verwaltungsorganisation und den behördlichen Dienstbetrieb
→ konkretisieren behördliche Entscheidungspraxis, wenn gesetzliche Regelungen fehlen
Selbstbindung der Verwaltung
→ Beachtung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG: vergleichbare Sachverhalte dürfen ohne sachlichen Grund nicht ungleich behandelt werden
→ Verstoß gg. Gleichheitssatz führt nicht zwangsläufig zur Rechtswidrigkeit der behördlichen Ermessensentscheidung
Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften
- grundsätzlich (-), da Innenrecht der Behörde → Nichtbeachtung führt für sich genommen nicht zur Rechtswidrigkeit einer gegenüber dem Bürger ergriffenen Maßnahme
- ausnahmsweise unmittelbare Außenwirkung bei normkonkretisierenden VV, wie TA Lärm und TA Luft
- ausnahmsweise mittelbare Außenwirkung durch Selbstbindung der Verwaltung über Art. 3 I GG
→ durch ihre ständige Anwendung begründet die Verwaltung eine gleichförmige Verwaltungspraxis, von der sie in gleich gelagerten Fällen nicht ohne sachlichen Grund abweichen darf, ohne gg. Art. 3 I GG zu verstoßen
→ maßgeblich bleibt jedoch immer die tatsächliche Verwaltungspraxis → antizipierte VP
→ Selbstbindung geht jedoch nicht so weit, dass die Behörde sich immer an eine einmal ausgeübte Praxis halten muss, Änderung muss möglich sein → Änderung nur Verstoß gegen Art. 3 I GG, wenn kein sachlicher Grund für Abweichung besteht