Einstweiliger Rechtsschutz Flashcards
(51 cards)
Aufbau Prüfung Zulässigkeit einstweiliger Rechtsschutz
I. Eröffnung VWRW (bzw. vor ZK)
II. Statthafte Antragsart
§ 80 V ↔︎ § 80a ↔︎ § 123 VwGO
III. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog
IV. str.: Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs erforderlich? (kann auch unter VIII. geprüft werden)
(+) Bezugspunkt nach § 80 I 1 VwGO = Widerspruch oder AK
(-) Art. 19 IV GG: dadurch würde Frist zur Einlegung verkürzt
V. Zuständigkeit des VG, § 80a III 2 i. V. m. § 80 V VwGO
VI. Beteiligtenbezogene Voraussetzungen
VII. Form und Frist
VIII. Rechtsschutzbedürfnis
1. Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs, § 80 I 1 VwGO
2. keine Bestandskraft des streitgegenständlichen VAs
3. behördliches Aussetzungsverfahren, § 80 VI 1 VwGO
4. keine offensichtliche Erfolglosigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs
Aufbau Prüfung Begründetheit Antrag nach § 80 V 1 VwGO
I. Passivlegitimation, § 78 I VwGO analog
II. Rechtmäßigkeit der Sofortvollziehungsanordnung (im Falle der Anordnung nach § 80 II 1 Nr. 4 VwGO)
1. Zuständigkeit
2. Verfahren (str.: Anhörungspflicht?)
3. Form, § 80 III 1 VwGO
III. Eigene Abwägungsentscheidung des Gerichts
→ Vollzugsinteresse am VA ↔︎ Suspensivinteresse des Antragstellers
1. Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs
a) Zulässigkeit
b) Begründetheit
aa) PL
bb) Rechtswidrigkeit des VA
cc) Rechtsverletzung
2. Interessenabwägung im Übrigen
→ bei § 80 II 1 Nr. 4 VwGO besonderes Dringlichkeitsinteresse
Verwirkung
Zeitmoment: Verstreichen eines längeren Zeitraums seit der Möglichkeit der Geltendmachung
Umstandsmoment: besondere Umstände, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen → Vertrauensgrundlage + Vertrauenstatbestand
Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise zulässig
wenn eine Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte
Formen einstweiliger Rechtsschutz in VwGO
- § 80 V VwGO: zur Suspendierung eines VA, also regelmäßig bei AK in der Hauptsache ohne aufschiebende Wirkung
- § 80a VwGO: Dreieckskonstellationen
- § 123 I VwGO: zum Erlass einer einstweiligen Anordnung, also regelmäßig in der Verpflichtungssituation (oder Leistungsbegehren auf staatliches Realhandeln)
- § 47 VwGO: im Normenkontrollverfahren
Bestimmung der statthaften Antragsart im einstweiligen Rechtsschutz
- §§ 80, 80a VwGO ↔︎ § 123 I VwGO ↔︎ § 47 VI VwGO
- § 80a ↔︎ § 80 V VwGO / § 123 I 1 ↔︎ § 123 I 2 VwGO
- § 80 V Alt. 1 ↔︎ § 80 V Alt. 2 VwGO
Abgrenzung § 80 V VwGO ↔︎ § 123 I VwGO
§ 123 V VwGO: § 80 V VwGO vorrangig: statthaft im Anwendungsbereich des § 80 I VwGO, wenn ein Hauptsacherechtsbehelf gegen einen wirksamen VA gerichtet wird und wegen II keine aufschiebende Wirkung entfaltet
§ 123 I 1 VwGO: Sicherungsanordnung
↔︎
§ 123 I 2 VwGO: Regelungsanordnung
S. 1: zielt darauf ab, den status quo des Antragstellers zu wahren (Schutz); defensiver Charakter
S. 2: erweitert den Rechtskreis des Antragstellers (Veränderung); offensiver Charakter
i. Z. eher Regelungs- als Sicherungsanordnung
§ 80 II 1 Nr. 1 VwGO: “öffentliche Abgaben und Kosten”
Geldleistungspflichten, die der Deckung des Finanzierungsbedarf der öff. Hand dienen und auf deren sofortige Geltendmachung diese daher angewiesen ist
→ Abgaben: Steuern, Beiträge, Gebühren
→ Kosten: sonstige Gebühren, Auslagen
→ nicht: Geldleistungen i. R. d. Verwaltungsvollstreckung
§ 80 II 1 Nr. 2 VwGO: Anordnungen und Maßnahmen der Polizei → Verkehrsschilder
findet nach h. M. analoge Anwendung auf Verkehrsschilder und Ampeln
Rechtsschutzbedürfnis, Antrag nach § 80 V VwGO
- Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs, § 80 I 1 VwGO
- keine Bestandskraft des streitgegenständlichen VAs, § 80 V 1 VwGO → Ablauf Klagefrist
→ Ablauf Widerspruchs- / Klagefrist - behördliches Aussetzungsverfahren, § 80 VI 1 VwGO?
- keine offensichtliche Erfolglosigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs
Rechtsschutzbedürfnis: Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs erforderlich?
→ § 80 V VwGO
→ vor Stellung des Antrags (-), § 80 V 2 VwGO
→ zum Zeitpunkt der Entscheidung?
(-) Verkürzung Klagefrist, weil Antragsteller bereits vor Ablauf der Monatsfrist gezwungen ist, Hauptsacherechtsbehelf einzulegen → ↯ Art. 19 IV GG
(-) § 80 V 2 VwGO [(-): betrifft nur Widerspruch bzw. OB Antrag überhaupt (schon gestellt werden darf]
(+) Bezugspunkt des Anordnens / Wiederherstellens der aufschiebenden Wirkung nach § 80 I 1 VwGO = Widerspruch/AK: erst AK löst aufschiebende Wirkung aus, § 80 V 1 VwGO, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines noch nicht eingelegten Rechtsbehelfs nicht denkbar
Rechtsschutzbedürfnis: Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs erforderlich?
→ § 123 I VwGO
“auch schon vor Klageerhebung” → erforderlich
Rechtsschutzbedürfnis: behördliches Aussetzungsverfahren erforderlich?
→ § 80 V VwGO
§ 80 VI 1 VwGO e contrario: vorherigen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung bedarf es grundsätzlich bei Nr. 2 - 4 nicht
→ im Falle des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO sinnlos, Behörde hat Sofortvollzug selbst angeordnet, wäre unnötige Verfahrensverlängerung
→ bei Nr. 2 und 3 hätte Behörde Vollziehung aussetzen können und hat dies nicht getan
→ Nr. 1: erfolgloser Antrag bei Behörde erforderlich, Entlastung des Gerichts
Begründetheit Antrag nach § 80 V VwGO
- gg. richtigen Antragsgegner gerichtet und
- Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig (bei § 80 II 1 Nr. 4 VwGO)
- oder Interessenabwägung ergibt, dass Aussetzungsinteresse > öff. Vollziehungsinteresse
→ maßgeblich ist Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung
richtiger Antragsgegner
analog § 78 I Nr. 1 VwGO diejenige Körperschaft passivlegitimiert, gegen die als Rechtsträgerin der handelnden Behörde auch in der Hauptsache die Klage zu richten wäre
Formelle RM der Sofortvollzugsanordnung
Zuständigkeit
Ausgangsbehörde
→ § 80 II 2 1 Nr. 4 VwGO: “Behörde, die den VA erlassen hat”
Formelle RM der Sofortvollzugsanordnung
str.: hinsichtlich Vollziehbarkeitsanordnung gesonderte Anhörung gem. Art. 28 I BayVwVfG erforderlich?
- unmittelbar (-), da SVA ≠ VA, lediglich verfahrensrechtliche Nebenentscheidung, da keine eigenständige Regelung ohne Grund-VA
- analog?
(-) § 80 II 1 Nr. 4, III VwGO abschließend → Anhörungserfordernis entfällt, keine planwidrige Regelungslücke
(-) Vergleichbarkeit (-), SVA kann nicht bestandskräftig werden
(-) Betroffener schon i. R. d. VA angehört - allg. rechtsstaatliche Anhörungspflicht aus Art. 20 III GG?
(-) Adressat VA muss mit Sofortvollzugsanordnung rechnen, wird i. R. d. VA angehört
i. Ü. Art. 28 II oder 45 I Nr. 3 II BayVwVfG
Formelle RM der Sofortvollzugsanordnung
§ 80 III 1 VwGO: besondere schriftliche Begründung
Ziel, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, seine Rechte möglichst effektiv wahrzunehmen und Behörde zu einer besonders sorgfältigen Prüfung der Erforderlichkeit einer Anordnung nach § 80 II 1 Nr. 4 VwGO zu veranlassen
→ schlüssige, konkrete und substantiierte Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen zurückzutreten hat
→ inhaltliche Qualität der Begründung nicht entscheidend: materielle Frage
§ 80 III 1 VwGO: Nachholung der Begründung möglich?
(+) Art. 45 I Nr. 2, II BayVwVfG analog: hebe Gericht SVA wg. fehlender Begründung auf, würde Behörde unter Vermeidung formeller Fehler neue SVA erlassen
(-) Analogie zu Lasten des Bürgers
(-) Warnfunktion III 1 für Behörde wird verfehlt, wenn man der Behörde die Nachholung der Begründung erlaubt
(-) Behörde könnte immer neue SVA erlassen → III würde leer laufen
→ Nachholung nur möglich, wenn Behörde eigene, neue Begründung und neue SVA erlässt, nicht nur Nachtrag
§ 80 III 1 VwGO: unzureichende Begründung
nicht ausreichend: abstrakte oder floskelhafte Begründung, die nicht auf die Umstände des Einzelfalles eingeht oder nur die Voraussetzungen des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO wiederholt
→ Behörde muss erkennen lassen, dass die sich mit Einzelfall auseinander gesetzt hat
§ 80 III 1 VwGO: unzureichende Begründung
Ausnahmen nach Rspr.
- bei gleichartigen Sachverhalten können gleiche oder typische Begründungen ausreichen, in denen die Behörde die für diese Fallgruppe typische Interessenlage zur Rechtfertigung der SVA aufzeigt und deutlich macht, dass ihrer Auffassung nach diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt
- Anforderungen sinken, wenn es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter geht → Sofortvollzug i. d. R. bereis aus Natur der Sache begründet
Interessenabwägung → Erfolgsaussichten → Begründetheit → Rechtswidrigkeit des VA → RGL → Recht- bzw. Verfassungsmäßigkeit der RGL: Vorlage erforderlich (konkrete Normenkontrolle)?
(-) dadurch erhebliche Zeitverzögerung, vorläufiger RS käme zu spät → ↯ Sinn und Zweck, Art. 19 IV GG
→ Fachgericht darf im Verfahren des einstweiligen RS nach h. M. eine aus seiner Sicht verfassungswidrige entscheidungserhebliche Norm unangewendet lassen und auf Aussetzung und Vorlage verzichten, wenn dies im Interesse des RS geboten ist
Vorlagepflicht (EuGH: Art. 267 AEUV / BVerfG: Art. 100 I GG) im einstweiligen Rechtsschutz?
→ Begrenzung der Vorlagepflicht:
(+) Sinn und Zweck einstweiliger Rechtsschutz: auf schnelles Verfahren und Entscheidung angelegt → Gefahr, dass durch Vorlage wertvolle Zeit verstreichen würde → effektiver Rechtsschutz gefährdet, Art. 19 IV GG
(+) Gemeinschaftsinteresse an Einheitlichkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt: in Hauptsache Vorlage möglich
(+) Art. 4 III EUV
→ Fachgericht kann ohne vorherige Vorlage entscheiden, wenn es von Verfassungswidrigkeit überzeugt ist