Europarecht Flashcards
(94 cards)
EMRK
- völkerrechtlicher Vertrag
- ausgehandelt vom Europarat (Mitgliedsstaaten (fast) alle eur. Länder)
Rechtsnatur der EU?
- EG war supranationale Organisation
- EU vor Vertrag von Lissabon zwar internationale, aber keine supranationale Organisation, da keine eigene Rechtspersönlichkeit, keine Entscheidungsbefugnisse, keine eigenen Hoheitsrechte
- nach Vertrag von Lissabon (2007/2009): EU ist Rechtsnachfolgerin der EG und tritt an ihre Stelle
EG-Vertrag ⟶ AEUV
Grundrechtecharta ⟶ Rang von Primärrecht
Voraussetzungen für unmittelbar anwendbare Primärnorm
- rechtlich vollkommen (ohne weitere Konkretisierung anwendbar)
- unbedingt
- legt Mitgliedstaaten Verpflichtung auf, die keine weiteren Vollzugsmaßnahmen des nat. Gesetzgebers erfordert
- lässt Mitgliedstaaten keinen Ermessensspielraum
EMRK: Görgülü
zwar hat EMRK formal in Deutschland Rang eines einfachen Bundesgesetzes gem. Art. 59 II GG, allerdings ist bei der Auslegung des gesamten deutschen Rechts der konventionsgemäßen Interpretation der Vorrang einzuräumen, sofern dadurch keine Einschränkung des Grundrechtsschutzes bewirkt wird
Wirkungen EGMR-Urteil
- Art. 46 I EMRK: völkerrechtliche inter-partes Wirkung der Urteile, keine unmittelbare innerstaatliche Wirkung für Behörden, Gerichte und sonstige Organe
- § 359 Nr. 6 StPO
- konventionsgemäße Auslegung (→ Görgülü)
effet utile
st. Rspr. des EuGH: nationale Vorschriften, die in Umsetzung einer RL erlassen wurden, sind stets anhand des Wortlauts und Zwecks der RL auszulegen
Anwendungsvorrang des Unionsrechts
st. Rspr. EuGH (→ Costa Enel):
unmittelbare Wirkung des Primärrechts + im Konfliktfall Anwendungsvorrang vor den Normen des nationalen Rechts
→ nationale Norm nicht nichtig, aber bleibt unangewendet, soweit sie Unionsrecht entgegensteht
→ zur Durchsetzung und Sicherung des Unionsrechts bei Gerichten und Verwaltungsbehörden anzunehmen, da weniger eingriffsintensiv als Geltungsvorrang
Art. 34 AEUV: Anwendbarkeit
unmittelbare Wirkung, Einzelner kann sich direkt vor den mitgliedstaatlichen Gerichten auf Art. 34 AEUV berufen
Art. 34 AEUV: Schutzbereich
- Ware i. S. d. Art. 28 II AEUV: Produkte, die Geldwert haben und Gegenstand von Handelsgeschäften sein können
- grenzüberschreitender Sachverhalt
Art. 34 AEUV: Maßnahmen gleicher Wirkung → Dassonville
= jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern
→ zu weit, grundsätzlich jede staatliche Maßnahme, die den Absatz ausländischer Ware in irgendeiner Weise tangiert erfasst → Keck-Formel
Art. 34 AEUV: Keck-Formel
nationale Maßnahmen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, sind keine grundsätzlich von Art. 34 AEUV verbotenen Maßnahmen mit gleicher Wirkung, sofern sie für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren
→ Regelung knüpft an Eigenschaft der betreffenden Ware an (= Produktmodalität)
→ Abgrenzungsprobleme Produkt- ↔︎ Verkaufsmodalität, zu eng, zu unbestimmt → 3-Stufen-Test
Art. 34 AEUV: 3 - Stufen - Test
- Liegt eine offene oder faktische Diskriminierung nach der Herkunft der Ware vor?
- Stellt die fragliche Maßnahme Anforderungen an die Ware, denen sie im Herkunftsland nicht ausgesetzt war?
- Behindert die mitgliedsstaatliche Maßnahme in sonstiger relevanter Weise den Marktzugang?
Art. 34 AEUV: 3 - Stufen - Test
1. Liegt eine offene oder faktische Diskriminierung nach der Herkunft der Ware vor?
- offene (rechtliche) Diskriminierung: Regelung knüpft an Herkunftsstaat der Ware an
- faktische (versteckte) Diskriminierung: Regelung knüpft an ein TBM an, das i. d. R. nur auf ausländische oder nur auf inländische Ware zutrifft
Art. 34 AEUV: 3 - Stufen - Test
2. Stellt die fragliche Maßnahme Anforderungen an die Ware, denen sie im Herkunftsland nicht ausgesetzt war?
Verstoß gegen Herkunftslandprinzip: Warenhersteller können sich grds. darauf verlassen, nur die Produktanforderungen ihres Herkunftsstaates beachten müssen und dennoch Zugang zum Markt aller 28 MS zu haben
→ Produkt, das in einem MS vertrieben werden darf, darf in keinem anderen MS zusätzlichen Beschränkungen unterworfen sein (“dual burden”)
→ gegenseitige Anerkennung
Art. 34 AEUV: 3 - Stufen - Test
3. Behindert die mitgliedsstaatliche Maßnahme in sonstiger relevanter Weise den Marktzugang?
hinreichend plausible Darlegung, dass die Absatzchancen des durch die Regierung indirekt betroffenen Produktes eingeschränkt werden
Art. 34 AEUV: Beispiele Verkaufsmodalitäten ↔︎ Produktmodalitäten
- VM: Ladenöffnungszeiten, Nachtbackverbote, Verkaufsbeschränkungen für Tankstellen
- PM: Vorschriften über Aufmachung, Zubereitung, Verpackung, Etikettierung von Erzeugnissen
Art. 34 AEUV: Rechtfertigungsmaßstab
- immer: Art. 36 AEUV
- ungeschriebene Rechtfertigungsgründe: Cassis-Formel
Art. 34 AEUV: Cassis-Formel
- immanente Schranke Art. 34 AEUV: Hemmnisse für den Binnenmarkt müssen hingenommen werden, wenn sie durch mitgliedsstaatliche Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden
→ wirksame steuerliche Kontrolle, Wettbewerbsrecht, Verbraucherschutz, Gesundheitsschutz - str.: Anwendbarkeit auf unterschiedliche, nach dem Herkunftsland der Ware differenzierende Maßnahmen
Art. 34 AEUV: Cassis-Formel
str.: Anwendbarkeit auf unterschiedliche, nach dem Herkunftsland der Ware differenzierende Maßnahmen
e. A. (Lit.): Anwendbarkeit (+), wenn formal diskriminierende Maßnahme
(+) Art. 36 AEUV allein lässt keine effektive und notwendige staatliche Regulierung zu
(+) auch andere gewichtige Schutzgüter, die in Rspr. nicht enthalten sind
EuGH: Cassis-Formel gilt nur für unterschiedslose Maßnahmen gleicher Wirkung = Maßnahmen, die nicht nach dem Herkunftsland der Ware differenzieren
(+) Art. 36 AEUV würde sonst leer laufen
(+) bei formaler Diskriminierung soll nur Art. 36 AEUV greifen, Cassis-Formel für verstellte und rein tatsächliche Beschränkungen, deren Regelungsbedürftigkeit bei der Schaffung von Art. 36 AEUV noch nicht erkannt wurden
VHMK-Prüfung durch EuGH
EuGH prüft nur Geeignetheit und Erforderlichkeit, aber nicht Angemessenheit
dafür Erforderlichkeit weiter gezogen
EuGH: Kohärenz
EuGH prüft i. R. d. VHMK, ob Politik eines Staates im maßgeblichen Bereich kohärent und systematisch, d. h. vor allem widerspruchsfrei und konsequent ist
Bindung der MS an die Unionsgrundrechte: Wachauf-Rspr.
MS an UnionsGR gebunden, wenn
- nationales Recht nur Umsetzung bzw. Durchführung zwingender Vorgaben bezweckt, die den mitgliedsstaatlichen Stellen keinen Gestaltungsspielraum lässt
- das nationale Recht war autonome, unionsrechtlich
Bindung der MS an die Unionsgrundrechte: Schmidberger- / ERT-Rspr.
Bindung nationaler Stellen bei einer Beschränkung der Grundfreiheiten:
- Unionsgrundrechte können dann einerseits Eingriffe in die Grundfreiheiten rechtfertigen (“Schranke”) (Schmidberger)
- andererseits müssen die Rechtfertigungsmöglichkeiten für eine Einschränkung der Grundfreiheiten wiederum mit den Unionsgrundrechten vereinbar sein (“Schranken-Schranke”) (ERT)
EuGH pro ERT-Rspr.
EuGH: (+) Einheitlichkeit des Unionsrechts (+) Erläuterungen zur GRC (+) Vergleich Sprachfassungen Art. 51 I 1 GRC (+) sonst Verkürzung Grundrechtsschutz