Staatsorganisationsrecht: Art. 20 GG Flashcards
(21 cards)
Staatsstrukturprinzipien
Art. 20 GG: Grundsätze der Demokratie, des Rechtsstaats, der Bundesstaatlichkeit und der Republik
Funktionen: Identitätsstiftung, systembildende Funktion, Auslegungsgrundlage
Staatszielbestimmungen
- Umwelt- und Tierschutz (Art. 20 a GG)
- europäische Integration (Art. 23 I 1 GG)
- grundrechtliche Schutzpflichten
Demokratieprinzip, Art. 20 I, II, III GG
Form der staatlichen Herrschaft und Rechtsprinzip unter dem GG, Volkssouveränität, Notwendigkeit demokratischer Legitimation, zentrale Stellung des BT und der LT, Ausübung der Staatsgewalt in Wahlen
Bundesstaatsprinzip, Art. 20 I GG
zweigliedriger Bundesstaatsbegriff: sowohl Bund als auch Ländern kommt Eigenstaatlichkeit zu, Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 70, 83 ff. GG), Gebot bundesfreundlichen Verhaltens
Rechtsstaatsprinzip
→ Art. 28 I 1, 23 I 1, 20 II 2, III GG
- Umfassende rechtliche Bindung des Staates in Ausübung der Staatsgewalt im Hinblick auf die gesamte Staatstätigkeit
- Bindung an die Grundrechte, Art. 20 III, 1 III GG
- Gewaltenteilung, Art. 20 II 2 GG
- Bindung staatl. Organe an das Recht, insb. Vorrang des Gesetzes, Art. 20 III GG
- Vorbehalt des Gesetzes
- Rechtssicherheit (Bestimmtheit, Rückwirkungsverbot, Vertrauensschutz)
- Gebot des effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 IV GG
- Unabhängigkeit der Gerichte, Art. 92 GG
Sozialstaatsprinzip, Art. 20 I GG
- Gewährleistung sozialer Sicherheit
- Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit, aber: Subsidiaritätsprinzip (Vorrang der Selbsthilfe)
Grundsatz der Gewaltenteilung, Art. 20 II 2, III GG
gesetzgebende, gesetzesvollziehende und rechtsprechende Gewalt sollen grds. funktional, organisatorisch und personell voneinander getrennt sein
→ Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG
→ Wortlaut Art. 20 II 2 GG
Funktion der Gewaltenteilung
- politische Machtverteilung mit gegenseitiger Kontrolle der Gewalten → Begrenzung und Mäßigung der Staatsgewalt
- Organadäquanz: staatliche Entscheidungen sollen von den Organen getroffen werden, die nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen für eine möglichst sachgerechte Entscheidung verfügen
- Grundrechtsschutz: die den Bürger beeinträchtigenden Entscheidungen soll die Staatsgewalt treffen, bei der die Wahrung von Grundrechten durch Verfahren und Rechtsschutz am besten gewährleistet ist
Verhältnis Legislative ↔︎ Exekutive
- Legislative: Erlass abstrakt-genereller Regelungen in Gesetzesform
- Exekutive: Regierung (politische Lenkung des Staatswesens) und Verwaltung (Ausführung der Gesetze im Einzelfall)
jedes Exekutivhandeln erfährt seine demokratische Legitimation mittelbar durch das Parlament
Gewaltenverschränkung und -balancierung
keine strikte Trennung der Gewalten, sondern flexibles System: Wechselwirkung zwischen den Gewalten, um effektive gegenseitige Kontrolle zu ermöglichen
Grenzen der Gewaltenverschränkung
mit Gewaltenteilung unvereinbar, wenn einer Gewalt die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben entzogen würde oder ein durch das GG nicht geregeltes Übergewicht einer Gewalt entstünde
→ Übergriffe der Legislative in Exekutive bedürfen stets eines sachlich rechtfertigenden Grundes
Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, Art 20 II 2 GG
schützt vor unzulässigen Übergriffen der Legislative, umfasst einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Handlungs- und Willensbildungsbereich
→ Exekutive soll Regierungs- und Verwaltungsentscheidungen eigenständig und verantwortlich treffen können
→ Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch hinsichtlich der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen
→ solange Willensbildungsprozess noch nicht abgeschlossen, besteht i. d. R. keine Pflicht, ein entsprechendes parlamentarisches
→ Schutzzwecke für Einschränkung Kontrollrecht tragen danach nicht mehr, da Beratungs- und Entscheidungsprozess bereits abgeschlossen → Einmischen / “Mitregieren” nicht mehr möglichInformationsverlangen zu beantworten
Vorrang des Gesetzes, Art. 20 III GG
bindet die Verwaltung an Recht und Gesetz
Vorbehalt des Gesetzes, Art. 20 III GG
fordert eine gesetzliche Grundlage für staatliches Handeln
aber kein Totalvorbehalt
Wesentlichkeitstheorie / Parlamentsvorbehalt, Art. 20 III GG
= Ausprägung Vorbehalt des Gesetzes
Gesetzgeber muss alle wesentlichen Entscheidungen, die die Grundrechtsausübung betreffen, selbst treffen (= durch formelles Gesetz) und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen
Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens
= Grundsatz der Bundestreue
verpflichtet sowohl den Bund als auch die Länder, bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht auf das Gesamtinteresse des Bundesstaates und auf die Belange der Länder zu nehmen (Rücksichtnahmegebot)
= Kompetenzausübungsschranke
→ Verletzung, wenn sich die Inanspruchnahme einer durch das GG übertragenen Kompetenz im Einzelfall als missbräuchlich darstellt oder gegen prozedurale Anforderungen verstoßen wird
Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens
Auswirkungen auf Weisung
Pflicht des Weisungsgebers, dem Weisungsempfänger vor Erlass der Weisung diese anzukündigen und ihm die Möglichkeit der Stellungnahme zu geben
A: besondere Eilbedürftigkeit
Grundsatz der Organtreue
gebietet Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen der Verfassungsorgane untereinander
Weisungen gem. Art. 85 III GG ↔ allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 II 1 GG
Weisungen gem. Art. 85 III GG: auf konkreten Sachverhalt bezogen
↔
allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 II 1 GG: abstrakt-generelle Vorgaben
vertikale Gewaltenteilung / Korrolartheorie
Kontrollrecht des BT kann sich nur auf Sachverhalte beziehen, in denen dem Bund die Kompetenz zur Ausübung staatlicher Befugnisse und zur Erfüllung staatlicher Aufgaben zukommt
→ Grenzen der Untersuchungsbefugnis (Untersuchungsausschuss)
→ Nichteinmischung in Angelegenheiten anderer Staaten, der EU oder Bundesländer
horizontale Gewaltenteilung
Verschränkung der Gewalten und daraus resultierende gegenseitige Kontrolle darf nicht zu einem “Mitregieren” des Parlaments bei solchen Entscheidungen führen, die allein in der Kompetenz der Regierung liegen
→ Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung